Ketten der Liebe
keine meiner Schwestern erhalten.«
»Gab es noch einen anderen Grund?« drängte er sie.
»Müßt Ihr erst fragen? Ihr seid der Sohn des Prinzen von Malina, Herr. Was für ein Erfolg für meinen Vater, wenn seine jüngste Tochter den Sohn des Herrschers von Malina heiratet. Mein Vater ist nicht länger damit zufrieden, einfach nur reich zu sein. Nun will er auch Macht.«
»Mein Vater ist wohl kaum ein mächtiger Fürst«, sagte Karim. »Er ist der Erbprinz dieses Landes, weil seine Vorfahren die Stadt gegründet haben. Er regiert mit Hilfe eines Stadtrates und nicht allein.
Wir halten nicht Hof. Der Hof ist in Cordoba. Wir leben wie gewöhnliche Bürger. Mein Vater wird geachtet, weil er mit Weisheit und Güte durch seinen Rat regiert. Unsere Treue gehört dem Kalifen. So war es in unserer Familie immer. »Außerdem bin ich der jüngste Sohn meines Vaters, Hatiba. Ich werde nie der Prinz von Malina sein. Und das will ich auch gar nicht. Welchen Nutzen hat sich dein närrischer Vater davon versprochen, dich in eine Ehe zu zwingen, die du nicht wolltest?«
»Er wollte damit angeben können, daß seine Tochter die erste Frau des Sohnes des Prinzen von Malina ist. Es reizte ihn, sagen zu können, daß er und der Prinz von Malina gemeinsame Enkel haben. Durch diese Ehe wäre er mit Eurer Familie verwandt, und das gäbe ihm unter den Bergstämmen neue Macht.
Das ist es, was er wollte.«
»Liebt Ihr jemand anderen?« fragte er sie ohne Umschweife.
Hatiba errötete. Ihre blaßgoldene Haut wurde bei seinen Worten rosig, aber sie antwortete wahrheitsgemäß. »Ja, und er hätte mein Mann werden sollen, aber dann hat Eure Familie ein Angebot gemacht. Die Verträge waren schon unterschrieben gewesen, der Brautpreis und die Mitgift ausgehandelt, aber noch nicht bezahlt. Mein Vater zerriß die Verträge. Der alte Kadi, des sie aufgesetzt hatte, starb plötzlich. Es gab keinen Beweis, daß je ein Abkommen getroffen worden war.
Da weder der Brautpreis noch die Aussteuer ausgetauscht worden waren, war mein Geliebter gezwungen, mit anzusehen, wie ich an Euch versprochen wurde. Oh, warum mußtet Ihr von allen Mädchen ausgerechnet mich haben wollen?« Tränen traten in ihre grauen Augen, aber sie wischte sie ärgerlich fort.
»Ich wollte Euch nicht«, sagte er ruhig. Ihre Aufrichtigkeit verdiente eine ehrliche Antwort. »Ich wußte noch nicht einmal, daß es Euch gab, bis die Ehe versprochen war. Letztes Jahr bat ich meinen Vater, für mich eine Frau zu finden. Ich habe den größten Teil meines Lebens als Kapitän auf See verbracht. Ich wußte, wie sehr sich mein Vater freuen würde, wenn ich mich endlich fest niederließe.
»Dieses Frühjahr habe ich dem Kalifen von Cordoba eine Sklavin überbracht, die ich liebte und die mich liebte. Ich weiß, daß man dir gesagt hat, daß ich ein Meister der Leidenschaft bin. Ein alter Freund meines Vaters vertraute mir das Mädchen an. Ich unterrichtete sie in der Kunst der Erotik, aber ich brach die erste Regel meiner eigenen Zunft, indem ich mich in sie verliebte und ihre Liebe im Gegenzug annahm. Keiner von uns hatte ein Recht dazu. Schließlich taten wir der Ehre halber, was nötig war. Zaynab wanderte in das Bett des Kalifen und wurde schnell seine Favoritin. Ich kehrte nach Alcazaba Malina zurück und heiratete Euch.« Karim sah ihr direkt in die Augen. »Es ist ein Unglück, daß wir beide jemand anderen lieben, aber wir können unser Schicksal nicht ändern, Hatiba. Wenn ich Euch noch heute zu Eurem Vater zurückschicken würde, dann würde das auch nichts ändern. Ich würde Zaynab nicht zurückbekommen, noch würde die Ehre Eures Vaters ihm gestatten, Euch Euren Liebhaber heiraten zu lassen. Ihr wißt, daß ich recht habe. Wir wissen beide nicht, ob wir einander lieben können, aber ich werde Euch die Ehre und den Respekt gewähren, die Ihr als meine erste Frau verdient. Mehr kann ich Euch nicht versprechen. Wollt Ihr mich im Gegenzug ehren und respektieren, Hatiba?«
Sie war von seiner Rede überwältigt. Plötzlich brach ihre kalte und abweisende Fassade zusammen, und sie sah wie ein erschrecktes, junges Mädchen aus. »Ihr müßt mich zurückschicken«, flüsterte sie.
»Ich bin keine Jungfrau mehr.« Dann begann sie wie ein Kind vor Furcht und Sorge zu weinen.
»Der zurückgewiesene Bräutigam?« fragte er sanft.
Sie nickte. Ihre grauen Augen blickten ihn angsterfüllt an.
»Wann habt Ihr zum letzten Mal bei ihm gelegen?« wollte Karim wissen.
»Vor drei Tagen«,
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