Ketten der Liebe
gleichzeitig zu wissen, daß Karim sich im gleichen Haus aufhielt.
Warum war sie überhaupt nach Alcazaba Malina zurückgekehrt? Sheila. Sie war wegen Sheila gekommen. War sie es wirklich? Plötzlich hielt sie inne. Sie versteifte sich, denn sie fühlte seine Anwesenheit, noch bevor er ihren Namen ausgesprochen hatte.
»Zaynab!« Sie konnte seine Gestalt im Mondlicht erkennen. Er trug einen Kaftan, der genauso weiß war wie ihrer, und sein Haar war zurückgekämmt, so daß sie sein hübsches Gesicht deutlich sehen konnte.
»Vergebt mir, Herr, ich störe Euch«, sagte sie schnell und wandte sich zum Gehen. Seine Hand berührte sanft ihre Schulter.
»Gehe nicht«, erwiderte er leise. »Wir hatten noch keine richtige Gelegenheit, miteinander zu sprechen, du und ich. Bist du glücklich?«
Sie drehte sich nicht um. »Ich bin eine wohlhabende Frau, wenn auch eine Liebessklavin. Ich habe einen guten Herrn im Nasi, einen mächtigen Freund im Kalifen und ein Kind, das ich liebe, Herr.«
»Aber bist du glücklich?« fragte er sie erneut. Sie wirbelte herum und fuhr ihn erbost an. »Nein! Ich bin nicht glücklich, Karim al Malina. Ich werde getrennt von Euch niemals glücklich sein! Da habt Ihr es! Ich habe es ausgesprochen. Machen meine Worte Euch glücklich?«
»Ich bin seit dem Moment, in dem ich dich verließ, nicht glücklich gewesen«, erwiderte er.
»O Herr«, schrie sie wütend, »was soll das für einen Nutzen haben? Weder ich kann Euch haben noch Ihr mich. Sucht Euch eine andere Frau und zeugt mit ihr Kinder zum Wohle von Malina, wie Euer Vater es sich von Euch gewünscht hätte. Ich werde in Kürze mit meinem Herrn nach al-Andalus zurückkehren. Ich werde dafür Sorge tragen, daß wir uns niemals wiedersehen!«
»Dein Herr«, sagte er spöttisch. »Du machst ihn sehr glücklich, Zaynab. Seine Freudenschreie heute nacht konnte man bis in meinen Garten hören. Es freut mich zu wissen, daß ich dich so gut unterrichtet habe.«
Ihre kleine Hand schoß hervor und landete mit einem Knall auf seiner Wange. Mit derselben Geschwindigkeit zog er sie in seine Arme und beugte sich zu ihr hinab, um seine Lippen in einem tiefen, feurigen Kuß mit den ihren zu vereinen. Sein Herz hämmerte bei der Berührung ihres Körpers auf dem seinen, und ihre Lippen gaben nach. Dann wandte sie ihren Kopf jedoch von ihm ab. Tränen flössen über ihre Wangen, und als sie ihn mit qualvollem Blick anschaute, glichen ihre Augen Juwelen, die von der See umspült wurden.
»Zaynab«, flüsterte er schmerzerfüllt.
Sie entzog sich seiner Umarmung. »Ihr seid weit grausamer zu mir; als Ali Hassan es jemals gewesen ist«, sagte sie leise. »Wie konntet Ihr nur, Karim? Wie konntet Ihr erneut mein Herz brechen? Ich werde Euch niemals vergeben!« Dann rannte sie fort, rannte quer durch den Garten und schlüpfte durch den durchsichtigen Vorhang in das Gemach, das sie mit Hasdai ibn Shaprut teilte. Zitternd legte sie ihr Gewand ab und kroch zurück ins Bett. Der Mann an ihrer Seite lag ruhig da und gab vor, zu schlafen, in Wirklichkeit hatte er jedoch das Geschehen im Garten mitverfolgt und war darüber sehr besorgt. Nun lag die Liebessklavin neben ihm und bemühte sich, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Er mußte die Wahrheit erfahren, aber er würde sie erst fragen, wenn sie zurück in al-Andalus waren.
Sheilas Hochzeit mit Alaeddin ben Omar war eine beschauliche Feier. Der Wesir hatte außer seinem alten Vater keine Verwandten. Das Hochzeitsbad am Tage zuvor hatte nur mit den beiden Freunden stattgefunden. Sheila saß nicht auf einem goldenen Thron inmitten einer Fülle von Geschenken, wie Iniga es einst getan hatte, aber vielleicht war es auch besser, nicht an jenen Tag erinnert zu werden.
Der Wesir, sein Vater, Karim und der Nasi gingen in die Moschee, wo der Imam, nachdem er vom Kadi benachrichtigt worden war, daß die Heiratsverträge in Ordnung und von beiden Seiten unterzeichnet waren, sie zu Mann und Frau erklärte. Die vier Männer kehrten daraufhin in den Palast zurück. Nach einem kleinen traditionellen Mahl führte Alaeddin ben Omar seine 420
Braut in das schöne neue Haus, das der Prinz ihnen gegeben hatte. Sein gebrechlicher Vater Omar ben Tariq würde bei ihnen leben, damit er sich in seinen ihm noch verbleibenden Jahren seiner Enkel erfreuen konnte. Er hatte Sheila auf Anhieb ins Herz geschlossen. »Sie ist hübsch genug und von lieblicher Natur«, ließ er seinen Sohn wissen, »und sie hat breite Hüften. Sie wird gut
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