Ketten der Liebe
Eigentum sein, aber dennoch fragte Hasdai sich, ob er das Recht hatte, sie über ihre innersten Gefühle zu befragen.
Sie brachen am frühen Morgen auf, bevor die Sonne zu heiß brannte. Karim erschien, um sie zu verabschieden. Hasdai beobachtete, wie er auf Zaynab zuging, der Prinz wünschte ihr jedoch lediglich eine gute Reise, und sie dankte ihm mit einigen höflichen Worten. Sheila kam mit dem Wesir hinzu, und die beiden Frauen umarmten einander.
»Als man uns aus dem Kloster holte, hätte ich nie gedacht, daß es einmal so mit uns enden würde«, sagte Sheila in ihrer Muttersprache. »Gott, Allah, wie Ihr die Gottheit auch immer nennen wollt, sei mit Euch und schütze Euch. Ich wünschte, wir müßten uns nicht trennen. Ich wünschte, Ihr würdet hier bei mir bleiben, Herrin. Könntet Ihr den Nasi nicht darum bitten? Er würde Euch die Freiheit schenken, wenn Ihr ihn darum bätet, das weiß ich genau.«
Zaynab umarmte Sheila. »Nein, Freundin, das würde er nicht. Er kann ein Geschenk des Kalifen nicht so einfach weggeben. Außerdem gefalle ich ihm.« Sie lächelte und tätschelte Sheilas Hand. »Und da gibt es noch Moraima. Ich kann mein kleines Kind nicht allein lassen, Sheila. Du wirst das verstehen, wenn du selbst einmal Kinder hast. Gib mir Bescheid, wenn es soweit ist, Freundin. Ich möchte wissen, daß es euch gutgeht.« Nachdem Zaynab ihre Freundin auf beide Wangen geküßt hatte, bestieg sie ihre Sänfte.
Ihre Karawane wurde von der einhundert Mann starken Saqalibah des Kalifen begleitet und nahm eine Route, die am Ozean entlangführte. Es war eine breite Straße in gutem Zustand, die vor Hunderten von Jahren von den Römern angelegt worden war. Auch andere Reisende nutzten die Straße, einige davon reisten die ganze Strecke nach Tanja, andere dagegen nur von Dorf zu Dorf. Alle zehn Meilen befanden sich Rastplätze für die Karawanen: von der Regierung betriebene Herbergen mit einfachen, aber sauberen Schlafmöglichkeiten und Essen für Mensch und Tier.
Ein Drittel der gesamten Strecke legten sie am ersten Tag zurück. Obwohl sie auf einem dieser Rastplätze für Karawanen haltmachten, hatten sie ihre eigenen Zelte. Zaynab war gereizt, weil sie erst am nächsten Morgen, kurz vor ihrer Abreise, ein Bad nehmen konnte. Das zur Herberge gehörende öffentliche Bad war, wie alle öffentlichen Bäder in al-Andalus, für Frauen täglich nur bis zur Mittagszeit geöffnet. Am Nachmittag wurde es zur Domäne der Männer.
Hasdai kehrte erfrischt von seinen Waschungen zu ihrem Zelt zurück. Er hatte gut gespeist, war durch den Genuß von gutem Wein entspannt und bereit für die Liebe. »Ich habe dich vermißt«, sagte er sanft und streckte seine Hand nach ihr aus. »Es ist lange her, daß wir zum letzten Mal zusammen waren, meine Liebe.«
Zaynab starrte ihn zornig an. »Ich bin müde, Herr. Ich habe Kopfschmerzen von der Hitze und vom Staub der Straße. Ich bin schmutzig und völlig verdreckt.« Sie rückte weg von ihm. »Im Moment möchte ich nur schlafen. Ich enttäusche Euch nicht gern, aber unter diesen Umständen kann ich nicht mein Bestes geben. Der Pächter der Herberge hat möglicherweise eine Hure, die Ihr mieten könnt.
Wenn sie sauber ist, macht es mir nichts aus, daß Ihr sie benutzt.«
Er schaute sie entsetzt an. »Ich bin durchaus in der Lage, meine Lust im Zaum zu halten, Zaynab. Ich will keine Hure. Ich will nur dich, aber ich werde warten.«
Sie warf sich zum Schlafen auf ihre Matratze. Sie ärgerte sich über ihn. Er war immer so vernünftig.
Sie fragte sich, ob er jemals seine Beherrschung verlor. Zumindest hatte sie das noch niemals erlebt.
Er rüttelte sie wach, bevor die Sonne aufgegangen war. »Gehe ins Bad«, befahl er ihr mit strenger Stimme. »Ich habe dich mittlerweile über eine Woche lang nicht besessen, und ich habe nicht die Absicht, damit zu warten, bis wir in Cordoba sind.«
Zaynab war erstaunt, aber sie gehorchte ihm, erhob sich und nahm ihre Öle, Seifen und Handtücher.
»Was ist, wenn das Bad noch nicht geöffnet ist?« flüsterte sie ihm zu und legte ihren alles verdeckenden Mantel um.
»Es ist geöffnet«, sagte er. »Ich fragte letzte Nacht den Inhaber der Herberge.«
Sie verließ das Zelt und eilte über den Hof zum Badehaus. Es war seltsam ohne Sheila. Sie zahlte der Badefrau ihr Entgelt und stieg dann ins warme Wasser. Sie überlegte sich, ihr Haar zu waschen, aber das hatte sie bereits vor ihrer Abreise aus Alcazaba Malina getan. Solange sie den Staub
Weitere Kostenlose Bücher