Ketten der Liebe
Zaynab ist stur. Sie will auf nichts hören, außer auf ihren Geburtsnamen. Selbst Sheila kann sie nicht umstimmen, und sie kann gewöhnlich sehr gut mit ihrer Herrin umgehen. Soll ich sie schlagen, Herr? Ich weiß nicht, was ich sonst noch tun kann.«
»Schlag sie nicht«, sagte Donal Righ großherzig. »Es würde nur ihre feine, weiße Haut verletzen.
Karim wird die Sache in die Hand nehmen, wenn er heute abend wiederkommt. Bringe Zaynab in das vorbereitete Zimmer. Karim hat vorgeschlagen, daß du heute Gardenienöl in ihrem Bad verwendest.
Er glaubt, daß der Duft zu ihr paßt.« Der Sklavenhändler hatte ausgezeichnete Laune. Alles entwickelte sich genauso, wie er es gehofft hatte.
Regan wurde an diesem Tag so gebadet, wie Donal Righ es verlangt hätte. Mißtrauisch nahm sie den schweren Duft in sich auf. »Was ist das?« fragte sie. »Es riecht weder nach Rose noch nach Lavendel.
Ich bin mir nicht sicher, ob es mir gefällt.«
»Es ist Gardenie«, antwortete Erda.
»Diese Blume kenne ich nicht«, erwiderte Regan.
»Natürlich nicht«, sagte Erda. »Sie ist eine wunderschöne, cremig-weiße Blume, die in den Gärten von al-Andalus wächst.«
Regan sagte nichts weiter. Eigentlich mochte sie den neuen Geruch, aber sie wollte ihnen nicht die Befriedigung geben, sie dies sehen zu lassen. Es war ein exotisches Aroma, und seine Schwere paßte zu ihrer Stimmung. »Wohin bringst du mich?« fragte sie Erda, als sie die Bäder verließen. Sie wurden nicht in die Frauengemächer geführt.
»Man hat dir eine neue Kammer nur für dich alleine gegeben, Zaynab«, sagte die alte Frau. »Sheila wird ihren eigenen kleinen Raum in deiner Nähe haben. Sie wartet schon auf dich, meine Kleine.
Komm mit und höre auf zu schmollen.«
Der Raum, in den man sie brachte, war nicht groß, aber er war hell und luftig. Da es ein Eckzimmer oben im Haus war, hatte es zwei Fenster mit schweren Fensterläden, eines, von dem aus man den Fluß sehen konnte, und eines mit Aussicht auf Donal Righs Garten. Die Wände waren gekalkt und die Möbel schlicht. Es gab ein Kohlenbecken aus Messing, mit dem man den Raum heizen konnte, eine Truhe, in der man Dinge verstauen konnte, einen Stuhl mit einem gewobenen Ledersitz und einen kleinen Eichentisch. Auf einem fast viereckigen, erhöhten Podest lag eine Matratze, die mit hellblauem Satin überzogen war und mit Daunen und frischen Kräutern gefüllt war. Auf der Matratze lagen einige große Kissen mit gestreiften und golddurchwirkten Stoffen. Regan hatte noch nie ein solch elegantes Zimmer gesehen, und als sie im Raum herumging, hob sich ihre Stimmung wieder.
»Wo ist Morag?« fragte sie.
»Sheila hat ein kleines Zimmer neben diesem. Es gibt eine Verbindungstür, du brauchst sie nur zu rufen«, sagte Erda. »Ich werde dich nun ausruhen lassen. Karim al Malina wird bald zurückkehren, um mit seinem Unterricht zu beginnen.« Dann zog sich die alte Dame mit einer Geschwindigkeit zurück, die Regan ihr nicht zugetraut hätte, und schloß die Tür laut hinter sich ab, als sie ging.
Zuerst war Regan empört, aber dann lachte sie. Was glaubten sie denn, wo sie hingehen würde, fragte sie sich. »Morag!« rief sie.
Die Verbindungstür öffnete sich, und das Mädchen kam herein. Sie schnupperte zaghaft. »Was ist das für ein wundervoller Geruch, Herrin?«
»Das ist der neue Geruch, den sie für mich ausgesucht haben«, erklärte Regan ihr. »Er nennt sich Gardenie. Erda sagt, das sind weiße Blumen, die in al-Andalus wachsen. Ich muß gestehen, daß er mir gefällt, aber das habe ich ihnen gegenüber nicht zugegeben.«
»Dies ist ein feines Zimmer«, sagte Sheila. »Kommt und schaut Euch meines an.«
Regan trat durch die Tür in eine schmale, kleine Kammer mit nur einem Fenster. Darin standen eine Truhe und eine gut ausgestattete Pritsche. »Du brauchst ein Kohlenbecken zum Wärmen«, stellte sie fest. »Ist deine Tür auch abgeschlossen?«
Sheila nickte. »Ja«, sagte sie. »Ich nehme an, wir sollen nirgendwo hingehen, nicht einmal in den Garten. Nun, die Dämmerung ist schon fast da. Ich liebe diese langen Sommertage!«
Erda brachte ihnen ein Abendessen, das aus Brot, hartgekochten Eiern, Käse und zwei runden, gelblichen Früchten bestand. »Man pellt die Schale ab und ißt das süße Fleisch darin. Sie wachsen in al-Andalus. Der Kapitän hat sie für Donal Righ mitgebracht.« Sie stellte eine kleine Karaffe verdünnten Weins auf den Tisch und ließ sie allein. Beim Gehen schloß sie die
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