Ketten der Liebe
vervollkommnet hatte. Wenn sie in Cordoba Erfolg hatte, würde das auch ein gutes Licht auf sie werfen.
Am späten Nachmittag kam Sheila mit einem langen, weißen Kapuzenumhang zu ihr. »Karim sagt, Ihr sollt dies anziehen und mir folgen, Herrin.« Sie senkte ihre Stimme, damit der Imam sie nicht hören konnte. »Alaeddin ist mit Karim gekommen. Darf ich mich zu ihm gesellen?«
»Natürlich«, sagte Zaynab großzügig. »Wenn ich mich nicht einmal einen Abend lang um mich selbst kümmern kann, dann hat mich dieses gute Leben hier zu sehr verweichlicht. Ich will dich nicht vor morgen früh wieder sehen, Sheila«, sagte sie mit einem Zwinkern in den Augen. »Ich hoffe, daß du mir gehorchst!«
Sheila kicherte vor Glück, als sie ihre Herrin in den Hof führte, wo Karim sie auf dem hübschen, weißen Hengst erwartete, den er mit nach Cordoba nehmen wollte. Er winkte sie zu sich.
»Herr?« Zaynab stand verwirrt neben ihm.
Er beugte sich herab, hob sie vor sich in den Sattel und gab dem Pferd die Sporen. »Sitzt du bequem?« fragte er sie. »Wir müssen ein paar Meilen weit reiten.«
»Wohin reiten wir, Herr?« In seinen Arm gelehnt saß sie sehr bequem auf dem Pferd. Er war ganz in Weiß gekleidet. Ein kleiner, weißer Turban mit einem Schleier an der Spitze krönte sein Haupt. Sie schmiegte sich gegen seine Brust und atmete seinen männlichen Duft tief ein. Ein genüßlicher Seufzer entfuhr ihr.
Er lächelte und bemerkte, wie frei sie ihren Gefühlen Ausdruck verlieh. Sie war ohne Arg und List.
Was für eine erfrischende Abwechslung sie für den Kalifen sein würde, dachte er, und sein Lächeln versiegte. In wenigen Wochen würde sie dem Kalifen gehören, aber heute war sie sein. »Wir reiten zu einem kleinen Haus, das ich besitze«, sagte er. »Es ist in den Hügeln an einem See.«
Zaynab schwieg. Ihr blondes Haupt ruhte an seiner Schulter, als sie neugierig die vorbeiziehende Landschaft betrachtete. Sie hatte fast nichts von Malina gesehen, außer der Straße zu Karims Villa und der Stadt selbst. Die Berge, die das Tal umgaben, waren mit Schnee bedeckt. Auf den weiten Feldern leuchtete das frische Grün des sprießenden Getreides. Sie ritten an Weinbergen vorbei, in denen die Weinstöcke noch von ihren jungen Blättern bedeckt waren. Die Mandelbäume blühten, und das silbrige Laub der Olivenhaine bewegte sich in einer leichten Brise.
»Gehört all dies Euch?« fragte Zaynab. »Ja«, antwortete er lächelnd.
»Ihr müßt sehr reich sein«, überlegte sie. Er lachte. »In Alba würden die Leute denken, sie seien im Paradies, wenn sie solches Land hätten. Unser Land ist felsig. Es ist schwer, dem Boden eine Ernte abzuringen. Aber hier scheint alles für Euch aus der gütigen Erde zu sprießen.«
»Malina ist außergewöhnlich«, stimmte er ihr zu. »Das Land ist fruchtbar, und das Klima ist mild.«
In Alba ist es immer kalt und meistens grau berichtete sie. »Manchmal hatten wir ein paar warme Wochen von Mittsommer bis zum frühen Herbst, wenn die Männer Moorhühner jagen, aber das war schon alles. Und es regnet sehr oft in Alba. Wie ich die Sonne hier liebe!«
Sie ritten weiter, und sie bemerkte, wie sich die Landschaft allmählich veränderte. Sanfte Hügel, die von roten Anemonen bedeckt waren, erhoben sich um sie herum. Schließlich lenkte er das Pferd auf eine Nebenstraße, die den Hügel herab in ein Wäldchen führte. Vor ihr lag ein kleiner, funkelnder See, den sie dort gar nicht erwartet hatte. Am Ufer stand ein kleines Marmorgebäude inmitten eines Gartens, in dem jetzt gelbe, weiße und blaue Blumen blühten. Karim hielt das Pferd vor dem Gebäude an und stieg ab. Dann drehte er sich zu ihr und hob seine Begleiterin vom Pferd.
»Dies hier nenne ich meine >Zuflucht<. Ich komme hierhin, wenn ich allein sein möchte. Ich habe den See vor Jahren entdeckt, als ich noch ein Junge war und in diesen Hügeln jagte. Als ich aus Samarkand zurückkehrte, schenkte mein Vater mir dieses Land. Meine erste Villa baute ich so, daß ich Blick auf das Meer hatte, aber meine >Zuflucht< errichtete ich dort, wo niemand sie finden würde.« Er ergriff ihre Hand. Zusammen gingen sie durch einen Säulenvorbau in das Gebäude hinein.
Sie stand nun in einem einzigen, großen Raum, auf dessen gegenüberliegender Seite ein weiterer Vorbau mit Säulen war, den Blumenbänke mit hellroten Rosen zierten. In einer Ecke des Zimmers stand ein kleiner Brunnen aus schwarzem Marmor. In seiner Mitte floß aus einer goldenen
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