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Ketten der Liebe

Ketten der Liebe

Titel: Ketten der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrice Small
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Nachtvogel sein schmerzlich süßes Lied sang.

TEIL III
    al-Andalus, Anno Domini 945

Kapitel 9
    Abd-al Rahman, der Kalif von Cordoba, lag allein in seinem großen Bett. Vor seinem Fenster färbte die aufgehende Sonne den Himmel rosig. Die Vögel hatten schon ihr Lied angestimmt. Im späten Frühling hörten sie sich schöner an als zu jeder anderen Jahreszeit. Vielleicht war das, weil sie balzten.
    Die Liebe veränderte alles. Er lächelte. Es war schon eine ganze Weile her, seit er zuletzt verliebt gewesen war. Schon einige Jahre, um genau zu sein. Er war bereit für ein neues Abenteuer, obwohl er schon über fünfzig war.
    Er wußte genau, was sie alle dachten. Seine Favoritin Zahra schürte solche Gerüchte. Aus Eitelkeit entmutigte sie seine jüngeren Konkubinen. Er war achtzehnmal Vater geworden. Er war schon Großvater. Trotz seiner Lust auf die Liebe, die, wie er zugeben mußte, in den letzten Jahren etwas nachgelassen hatte, regierte er schon so lange, daß man ihn für einen alten Mann hielt. Aber das war er nicht! Sein Körper war noch genauso straff wie vor dreißig Jahren, und sein Haar war immer noch rotblond und ohne ein einziges graues Haar. Es war Frühling, und er war bereit für eine neue Liebe!
    Er rekelte sich und atmete die liebliche Morgenluft ein. Heute. Was stand heute auf seinem Programm? Ach ja, heute war der Tag des Monats, an dem man ihm die Geschenke seiner dankbaren Untertanen, Freunde und mutmaßlichen Freunde präsentierte. Vielleicht gab es unter den Geschenken auch eine hübsche Sklavin. Vielleicht sogar eine dieser appetitlichen Geschöpfe, die mehr als nur seine pure Lust befriedigen würden. Es war unwahrscheinlich, aber man konnte ja auf das Beste hoffen. Ja! Er war bereit für eine neue Liebe.
    Die Tür zu seinem Schlafgemach öffnete sich, und sein Leibsklave trat ein. Dies war der offizielle Beginn des Tages. Ohne sich bitten zu lassen, sprang der Kalif aus dem Bett und begann sein Morgenritual. Zuerst badete er, dann nahm er ein karges Mahl zu sich: Er aß eine Schale frischen Joghurt und  trank eine Tasse Pfefferminztee. Danach wusch er erneut Hände und Gesicht und ließ sich die Fingernägel und die Haare schneiden. Dann wurde er angekleidet. Heute trug er Grün und Gold, die Farben des Propheten - eine Seidenhose, ein schlichtes Unterkleid aus Brokat, eine breite, juwelenbesetzte Schärpe und einen edelsteinbesetzten, offenen Mantel mit weiten Ärmeln, die einen Saum aus Goldstoff besaßen. Ein goldener Dolch, auf dem Smaragde funkelten, steckte in seiner Schärpe. Seine Füße wurden in dunkle Filzstiefel gesteckt, sein Haupt krönte man mit einem Turban aus Goldstoff, in dessen Mitte Diamanten glitzerten. Nun war der Kalif bereit, seine Gäste mit all ihren Geschenken zu empfangen.
    Zahra, seine Favoritin, trat ein, um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Sie war eine hübsche Frau Ende Dreißig mit wundervollem kastanienbraunem Haar und silbergrauen Augen. »Laßt Euch nicht von den fremden Botschaftern mit all ihrem langweiligen Geschwätz ermüden, Herr. Um unser aller Willen müßt Ihr gut auf Euch achtgeben. Ich liebe unseren Sohn, aber er wird nie der Herrscher werden, der Ihr seid, mein Gebieter.« Sie lächelte ihn liebevoll an.
    Der Kalif war etwas verärgert. Zahra war eine wundervolle Frau. Er liebte sie und achtete sie, aber in letzter Zeit konnte sie einem wirklich auf die Nerven fallen. Besonders, wenn sie darauf bestand, ihn wie einen weißbärtigen alten Mann zu behandeln. Sie hatte die gleiche Wirkung auf ihn wie ein Sandkorn auf eine Auster. »Es macht mir Spaß, die fremden Botschafter zu treffen, mein Liebling«, erklärte er ihr, »und wer weiß, was für ungewöhnliche Geschenke ich heute bekommen werde.
    Vielleicht eine schöne Sklavin, die mir meine Herz stehlen wird.« Er lächelte auf sie herab und bemerkte zufrieden, daß er ihr einen Stich versetzt hatte. Er würde kein alter Tattergreis werden, nur um Zahra und ihren Sohn Hakam zufriedenzustellen.
    Hakam. Hier war ein weiteres Problem. Er war ein wundervoller junger Mann, aber er war eher ein Gelehrter als ein zukünftiger Kauf. Sein Interesse an Büchern und Literatur war viel größer als das an Frauen. Er hatte keine Kinder, aber der Grund dafür war, daß er so wenig Zeit in seinem Harem  verbrachte. Abd-al Rahman gab Zahra die Schuld dafür. Sie war stolz auf den Intellekt ihres Sohnes und hatte ihn immer in seinen Studien ermutigt. Sie hatte gesagt, daß er später für die Frauen

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