Ketten der Liebe
Garten. Überall wuchsen hohe, schlanke Bäume, und es gab Becken mit Seerosen und Brunnen, die Schauer von winzigen Tröpfchen in die süße Luft des Nachmittags versprühten. Der Musik folgend, gingen sie den Kiesweg entlang und trafen auf die Gesellschaft der Braut. Die beiden jungen Frauen begaben sich sofort zu Alimah und machten ihr ihre Aufwartung.
Karims Mutter sah heute besonders hübsch und glücklich aus. »Seht ihr die Braut?« fragte sie, drehte sich um und zeigte sie ihnen.
Dort, in der Mitte des Gartens, saß Iniga auf einem goldenen Thron. Sie war in weiche rosa Seide gehüllt, die über und über mit winzigen Kristallen und Diamanten besetzt war. Ihr Haar hing lose herab und war mit Gold bestäubt, aber es wurde von einem kleinen, rosa Schleier bedeckt. Sklavinnen trafen ein und nahmen Zaynabs und Sheilas Reisegewänder an sich. Instinktiv schüttelten die beiden die Falten aus ihren Gewändern.
Alimah blickte sie wohlwollend an. »Wie hübsch ihr beide seid«, sagte sie freundlich. »Geht nun und begrüßt meine Tochter.«
Sie eilten zur Mitte des Gartens, wo Iniga allein saß. Sie war von ihrer Mitgift und ihren Hochzeitsgeschenken umgeben. Schelmisch grinste sie die beiden an. »Na, was denkt ihr?« Sie lachte.
»Sehe ich nicht aus wie eine Götzenstatue?«
»Du siehst prächtig aus«, bemerkte Zaynab voller Bewunderung. »Mußt du hier den ganzen Tag sitzen, oder darfst du dich auch bewegen?«
»Ich muß hier in meiner einsamen Pracht sitzen«, kicherte Iniga, »bis spät heute nachmittag, wenn Ahmed und seine männlichen Verwandten kommen und mich zum Haus seines Vaters bringen, wo wir wohnen werden. Dort werden wir weiterfeiern, wieder Männer und Frauen in getrennten Räumen, bis mein Mann und ich uns endlich in die Stille unseres Schlafgemaches zurückziehen dürfen. Danach leuchtet mein Glorienschein etwas weniger hell, bis ich verkünde, schwanger zu sein. Und danach wird er mit jedem Monat heller scheinen, bis ich mein Kind bekomme, das hoffentlich ein Sohn ist.«
»Was passiert, wenn du eine Tochter bekommst?«
»Man hofft zuerst auf einen Sohn, aber eine Tochter wird ebenfalls begrüßt. Bevor der Prophet kam und uns erleuchtete, brachten viele ihre Mädchen um. Aber der Koran sagt: >Tötet nicht eure Kinder aus Angst vor der Armut. Wir werden euch Nahrung geben, um sie zu ernähren. Sie zu töten wäre ein schrecklicher Fehler.<« Iniga lächelte. »Außerdem sind wir Frauen die Lebensspenderinnen. Wir sollten keine Leben nehmen.«
Sie genossen einen angenehmen Nachmittag. Ein Orchester, das nur aus Frauen bestand, spielte auf, und die Frauen tanzten miteinander vor den Augen der Braut. Sklavinnen verteilten Getränke auf Tabletts, kleine Küchlein, süße Datteln und andere Naschereien. Schließlich gab Alimah Zaynab und Sheila ein Zeichen, daß es Zeit war zu gehen. Sie kehrten zu Inigas Thron zurück, wünschten ihr alles Gute und verabschiedeten sich von ihr.
»Komm und besuche mich«, sagte Zaynab, »bevor wir nach Cordoba fahren.«
»Wann wirst du abreisen?« fragte Iniga.
»Wenn der Ramadan vorbei ist, hat Karim gesagt«, erwiderte Zaynab.
»Ich werde kommen«, versprach Iniga ihrer Freundin. »Er wird nicht vor Id al-Fitr segeln, der dreitägigen Feier, mit der wir den Ramadan beenden. Der heilige Monat beginnt in zwei Tagen, und dann werde ich dich nicht besuchen können, aber ich werde zu Id al-Fitr kommen, Zaynab, das verspreche ich dir.«
Die beiden Mädchen umarmten sich. Dann eilte Zaynab in Begleitung Sheilas durch den Garten zurück zu dem kleinen Tor in der Mauer. Karim erwartete sie mit der Sänfte und war ihnen beim Einsteigen behilflich. »Ich muß für die restliche Feier hierbleiben. Ich werde spät heute nacht wieder bei dir sein, mein Juwel. Bleibe für mich auf.« Dann schloß er den Vorhang, und sie spürten, wie die Sänfte angehoben und weggetragen wurde.
»Ist es nicht merkwürdig«, sagte Sheila, »wie die Männer und Frauen das Hochzeitsfest getrennt feiern? Ich hatte gehofft, Alaeddin ben Omar dort zu treffen, aber selbst wenn er da war, würde ich es nie erfahren, außer er erzählt es mir. Er hat in den vergangenen drei Monaten soviel zu tun gehabt. Ich habe ihn fast nicht zu Gesicht bekommen. Aber vielleicht bedeute ich ihm doch nicht so viel, auch wenn er sich so große Mühe gegeben hat, mich auf der Reise von Eire zu verführen.« »Hat er Erfolg gehabt?« fragte Zaynab ihre Dienerin schelmisch.
»Nein«, antwortete Sheila, »aber
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