Ketten der Liebe
Räumen aufhält. Ich schlage vor, dass Sie ihn meiden. Wenn er sieht, dass Sie bis zu den Ellbogen in meiner Unterwäsche stecken, könnte er gereizt reagieren und wird gewiss keine Erklärung zulassen, die Sie ihm anbieten. Er ist ziemlich klug und mir von Herzen zugetan ...«
»Wie das?«, fragte sie spöttisch.
»... und ich vermute«, fuhr er unbeirrt fort, »dass mein Verschwinden ihn zutiefst beunruhigt.« Northcliff reichte ihr das Papier.
»Legen Sie es auf den Tisch, und schieben Sie es zu mir«, forderte sie ihn auf.
»Ich dachte, über diesen Punkt wären wir schon hinaus.« Aber er befolgte ihre Bitte.
Sie nahm das Blatt Papier auf, faltete es auseinander und gab vor, den Plan zu betrachten.
»So war es, ehe wir uns geküsst haben.«
Sie biss die Zähne zusammen und schaute auf. »Keine Sorge, Mylord. Das habe ich längst vergessen.«
»Ach tatsächlich? Wie gut für Sie. Was mich betrifft, so hat sich die Hitze dieses Kusses in mein Gedächtnis gebrannt. Wenn ich also einmal alt bin und alles andere aus meinem Leben um mich herum entschwunden ist, werde ich mich erinnern, wie glühend heiß Ihre Lippen auf meinen waren.« Von einem Moment auf den anderen verschwand der nüchterne Adlige, der sachlich über seine Kleidung gesprochen hatte, und verwandelte sich in einen Mann, der der Frau nachstellte, auf die er es abgesehen hatte.
Doch er hatte sich nicht von der Stelle gerührt.
Warum hatte Miss Victorine Amy in die Wangen gekniffen? Sie brauchte keine zusätzliche Farbe, spürte sie doch, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Sie konnte Northcliff nicht mehr gleichmütig in die Augen schauen. »Bitte, Mylord, ich möchte nicht...«
»Unsinn. Natürlich möchten Sie es tun, Amy, und zwar mit mir.«
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
»Ich weiß, Sie mögen mich nicht. Aber versetzen Sie sich doch einmal in meine Lage. Sie haben mich zum Narren gemacht. Sie haben mich entführt, mich eingesperrt, ein Schuldgefühl in mir geweckt und Zweifel an meinem Onkel und Verwalter in mir genährt - all das ist nicht sehr angenehm für mich, das versichere ich Ihnen.« Northcliff schien immer etwas zwischen den Fingern haben zu müssen. Während er ihren Blick gefangen hielt, streichelte er über die alte Pelzdecke. Amy wurde magisch von diesen Bewegungen angezogen und sah, wie seine Finger durch das Fell fuhren. Unaufhörlich strichen die Finger durch die weichen Haare, und je länger Amy diese zärtlichen Bewegungen verfolgte, desto stärker nahm sie die Wärme wahr, die sich in ihrem Innern ausbreitete und sie zugleich wie eine Decke umhüllte - oder wie sein Körper. Northcliff sah sie unverwandt an und liebkoste sie förmlich mit seinem zärtlichen Blick. »Ich müsste Sie verachten. Stattdessen verspüre ich Verlangen nach Ihnen. Ich kann an nichts anderes denken, und der einzige Trost, den ich finde, ist die Gewissheit, dass auch Sie nur an mich denken.«
»Das ist nicht wahr.« Die gleichbleibenden Bewegungen seiner Finger versetzten sie beinahe in einen tranceähnlichen Zustand, sodass Amy fast willenlos dasaß und auf die leise, tiefe und verführerische Stimme des Marquess lauschte.
»Mag sein. Ich habe nichts anderes hier unten zu tun und denke unweigerlich nach. Sie können sich immerhin mit Ihren Pflichten ablenken.« Seine Hand hielt inne. Er beugte sich vor. »Aber ich kenne die Frauen, Amy. Ich weiß, dass Sie in der Dunkelheit der Nacht, wenn die Träume sich unaufhaltsam in den ruhenden Geist stehlen, nur von mir träumen.«
Erschrocken über diesen Einblick in ihr Innerstes, wiegelte sie gleich ab. »Nein!«
»Sie tun so, als hätten Sie eine Wahl. Aber Sie haben keine. Ich übrigens auch nicht. Irgendetwas verbindet uns in unserem Begehren.« Er saß so still auf der Pritsche wie ein Löwe, der darauf wartete, dass die Beute in seine Reichweite kam. »Wissen Sie eigentlich, dass ich Ihre Schritte hören kann, wenn Sie morgens aufstehen? Dann male ich mir aus, wie Sie Ihr abgetragenes Nachthemd abstreifen, Ihr Körper im Morgenlicht blass leuchtet und Sie in eins dieser furchtbaren Kleider schlüpfen. Spät am Abend knarren die Dielen, wenn Sie sich fürs Bett fertig machen, und ich stelle mir vor, wie Sie sich entkleiden. Und die ganze Nacht über kann ich hören, wie Sie sich in Ihrem Bett von einer Seite auf die andere drehen. Sie haben mich eingesperrt, aber ich beobachte Sie.«
Seine Worte übten einen geheimen Zauber auf sie aus. Sie war nicht mehr in der Lage,
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