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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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heiliger Krieg, kein Mord. Aber ich will Euch beweisen, dass ich kein Barbar bin, Bruno. Vater William wird Euch die Beichte abnehmen, bevor Ihr sterbt, wenn Ihr den Wunsch hegt, Euch mit der heiligen Mutter Kirche zu versöhnen.«
    »Ich werde Euch gegenüber keine Beichte ablegen«, knurrte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    Jenkes wirkte nicht gekränkt.
    »Wie Ihr wollt, das ist eine Angelegenheit zwischen Eurem Gewissen und Eurem Gott.« Er zuckte die Achseln und löste einen schmutzigen Leinenschal von seinem Hals. Dann nahm er meine Nase zwischen Daumen und Zeigefinger und drückte zu, bis ich gezwungen war, den Mund zu öffnen, um atmen zu können. Sowie ich das tat, stopfte er mir den Schal in den Mund, bis ich zu würgen anfing. Einen grässlichen, panikerfüllten Moment dachte ich, er wollte mich ersticken, und ich begann mich heftig zur Wehr zu setzen, aber er gab meine Nase frei und bedachte mich mit einem verächtlichen Blick.
    »Ihr solltet seine Kammer in der Universität durchsuchen«, wies er Bernard brüsk an, der nur stumm nickte. Jenkes tastete erneut in meinem Wams herum, fand den an meinem Gürtel befestigten Schlüssel, riss ihn ab und warf ihn Bernard zu. Es war ein schwacher Trost, aber zumindest hatte ich die Kopie der Geheimschrift aus Mercers Almanach in mein Hemd gesteckt, und in meiner Kammer im Lincoln befand sich nichts, was mich
mit Walsingham in Verbindung bringen konnte. Ich verwünschte meine eigene Dummheit: Warum hatte ich Sidney nicht über meine Pläne informiert? Nur Cobbett wusste, dass ich ausgegangen war, aber auch er hatte keine Ahnung, wo ich zu suchen war oder dass ich in Gefahr schwebte, bis mein Leichnam morgen in einer Gasse vor einem Hurenhaus gefunden würde. Ich erschauerte. Der Schmerz in meinem Kiefer wurde stärker, als ich versuchte, meinen Speichel zu schlucken, ohne dabei an dem Schal zu ersticken.
    Jenkes warf mir einen letzten forschenden Blick zu, bückte sich, um zu überprüfen, ob meine Fesseln fest genug saßen, dann winkte er Bernard.
    »Ich sehe Euch bald wieder, Bruno. Überlegt Euch gut, was Ihr mir erzählt. Mein Gesicht wird im Vergleich zu Eurem wie das eines Engels aussehen, wenn ich Euch die Worte gewaltsam entlocken muss. Aber ich hoffe, das wird nicht nötig sein.«
    Bernard blickte auf mich herab. Sein zerfurchtes Gesicht wirkte steinern, aber von Mitleid umwölkt. Dann schlug er die Kapuze seines Umhangs hoch, rauschte aus dem Raum und ließ mich mit Humphrey Pritchard allein zurück.

17
    Eine angespannte Stille legte sich über den Raum. Irgendwo unter uns wurde eine Tür zugeschlagen. Die Kerzen auf dem Altar waren jetzt heruntergebrannt, Rauchschwaden stiegen von den Stumpen auf, und das letzte Flackern der ersterbenden Flammen ließ Humphreys Schatten an der Wand hinter ihm übermäßig groß wirken. Er machte keine Anstalten, die Kerzen zu ersetzen, stattdessen erweckte er den Eindruck, als flöße ihm seine neue Verantwortung Unbehagen ein, denn er ließ sich schwer auf den Boden unter dem Fenster sinken und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. So blieb er sitzen und beobachtete mich mit einer Mischung aus Besorgnis und Schuldbewusstsein. Es war totenstill im Raum, außer meinen raschen, flachen Atemzügen durch die Nase war kein Laut zu hören. Ich versuchte, angesichts des Knebels in meinem Mund nicht in Panik zu geraten. Mir war nicht entgangen, dass Humphrey ein Messer im Gürtel trug, er tastete ständig danach, aber ich war davon überzeugt, dass der junge Mann trotz seiner Körpergröße einen gutmütigen Charakter hatte und ihm seine Rolle als Jenkes’ Handlanger nicht sonderlich gefiel. Ich fragte mich, ob er die Nerven haben würde, sein Messer zu gebrauchen, falls ich einen Fluchtversuch unternehmen sollte, und kam zu dem Schluss, dass das vermutlich der Fall sein würde; seine Furcht vor Jenkes war stärker als sein Mitgefühl mit mir.
    Eine Windbö rüttelte an den Fensterläden. Humphrey schrak zusammen, sein Kopf fuhr herum, dann lachte er verlegen, als
schäme er sich für seine Nervosität. Ich flehte ihn mit den Augen stumm an, um an sein Gewissen zu appellieren, bevor Jenkes zurückkam, obwohl ich wenig Hoffnung hatte, dass er mir helfen würde. Humphrey wusste besser als jeder andere, wie Jenkes mit jenen verfuhr, die seine Sache gefährdeten.
    Meine Schultern hatten wegen der unnatürlichen Position meiner Arme heftig zu schmerzen begonnen. Ich versuchte, die Handgelenke zu bewegen, aber die Stricke

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