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Ketzer

Ketzer

Titel: Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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vernahm ich das Knirschen von Pferdehufen auf Schotter und blieb im Schatten einer weiteren mächtigen Eiche stehen, um dahinter hervorzuspähen. Unter mir rumpelte ein von einem Pony gezogener Karren die Auffahrt zum Torhaus hoch. Ein stämmiger Mann hielt die Zügel in den Händen. Ich beobachtete, wie der Karren um die Ecke des Hauses bog. In diesem Moment brach eine vermummte Gestalt aus dem Schutz der Bäume und stürmte auf das Gefährt zu. Ohne auf meine eigene Deckung zu achten, rannte ich ebenfalls los, ließ die beiden Männer aber nicht aus den Augen. Die Gestalt in dem Umhang stürzte sich auf den ahnungslosen Kutscher, zerrte ihn von seinem Sitz und rang ihn zu Boden. Das Pony achtete gar nicht auf die Kämpfenden, sondern senkte den Kopf und begann friedlich zu grasen. Ungeachtet meiner schmerzenden Beine jagte ich auf den Karren zu und erreichte ihn just in dem Moment, als der Mann in dem Umhang, der eine Hand auf den Mund seines Gegners presste und auf einem seiner Arme kniete, ein Messer zückte.

    Ich warf mich auf ihn, stieß ihn zur Seite und packte die Hand, die die Klinge hielt. Mit einem Wutschrei drehte sich die Gestalt zu mir um, und ich stellte verblüfft fest, dass ich Thomas Allen vor mir hatte. Sein Gesicht spiegelte ebenfalls Verwirrung wider.
    »Ihr?«, entfuhr es ihm. »Aber …«
    Der zu Boden gerungene Kutscher versuchte, sich von dem Gerangel wegzurollen. Er mochte um die fünfzig sein, hatte ein teigiges Gesicht und war sichtlich verängstigt; er schüttelte unaufhörlich den Kopf und wimmerte, während er mich mit aus den Höhlen quellenden Augen anstarrte.
    »Wer ist das?«, flüsterte ich Thomas drängend zu. »Warum geht Ihr mit einem Messer auf ihn los?«
    Thomas runzelte die Stirn. Ich musterte seine Hand, die ich immer noch am Gelenk umklammert hielt, und bemerkte, dass er kein gewöhnliches Messer, sondern ein Rasiermesser in der Hand hielt.
    »Er kommt wegen Sophia«, knirschte er. »Er ist beauftragt, ihr die Flucht zu ermöglichen. Aber sie darf nicht mit ihm gehen – es ist eine Falle!«
    »Demnach ist Sophia hier?« Mein Blick wanderte von Thomas zu dem Kutscher. In mir rangen Erleichterung und Furcht miteinander. Wenn ich das richtig verstanden hatte, war die Gefahr noch nicht vorüber.
    Der Kutscher nickte. In seinen Augen flackerte Panik auf.
    »Wartet, ich kenne diesen Mann.« Thomas umfasste sein Rasiermesser fester und durchbohrte den verschreckten Kutscher mit einem finsteren Blick. »Er gehört zum Haushalt der Nappers, er darf keinesfalls zu ihnen zurückkehren, er würde sofort Alarm schlagen.«
    Der Mann gab einen gurgelnden Laut von sich und schüttelte noch heftiger den Kopf. Ich zog Humphrey Pritchards altes Küchenmesser aus meinem Gürtel und hielt es ihm vor das Gesicht.
    »Eure Dienste werden nicht länger benötigt, Freund«, sagte
ich. »Geht nach Hause und erzählt, Ihr wärt von Straßenräubern überfallen worden. Jetzt sofort!«, fügte ich hinzu, dabei versetzte ich ihm einen Stoß, als er sich, vor Angst wie erstarrt, nicht von der Stelle rührte. Er rappelte sich hoch und verschwand zwischen den Bäumen, wobei er immer wieder nervös über seine Schulter spähte. Thomas wandte sich mit blitzenden Augen zu mir.
    »Das hättet Ihr nicht tun sollen, Bruno. Jetzt wird er nach Oxford zurück fliehen, und sie werden uns noch mehr Männer auf den Hals hetzen.«
    »Nur Ruhe, Thomas, es wird ihn mindestens eine Stunde kosten, in die Stadt zurückzulaufen, und hinter mir sind schon genug Verfolger her. Erzählt mir, was passiert ist.«
    Thomas holte tief Atem, nickte dann, erhob sich und zog den Kopf des gelassen grasenden Ponys nach oben.
    »Ich bin gekommen, um Sophia zu retten.« Sein knochiges Gesicht drückte äußerste Entschlossenheit aus. Ich registrierte ein seltsames, hektisches Glitzern in seinen Augen, und er bewegte unaufhörlich ruhelos die Hände.
    »Vor wem?«
    »Vor denen, die sie bedrohen.«
    »Wegen des Kindes, das sie trägt?«
    Sein Kopf fuhr herum, und er starrte mich an.
    »Das wisst Ihr also?
    »Ich habe mir einiges zusammengereimt«, erwiderte ich mit zusammengebissenen Zähnen. »Und ich fürchte, auch Euch könnte Gefahr drohen, Thomas.«
    Er lachte bitter auf.
    »Habe ich Euch das nicht schon gesagt?«
    »Ich spreche von unmittelbarer Gefahr. Heute Nacht.«
    Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber in diesem Moment wurde eine Hintertür des Hauses geöffnet, und eine Stimme fragte leise: »Wer ist da?«
    »Schlagt

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