KGI: Blutiges Spiel (German Edition)
frustriert den Atem aus. »Steig ein. Zeig mir, wo dein Wagen steht.«
Als er sie auf den Beifahrersitz schob, schaute sie ihn kurz an. »Muss ich nicht nach hinten?«
»Noch bist du nicht festgenommen.«
Dann knallte er die Tür zu, ging um den Wagen herum und stieg selbst ein. Er musste Marlene anrufen, um Entwarnung zu geben, aber erst wollte er herausfinden, was wirklich passiert war. Rusty verschwieg ihm etwas – was ihn nicht überraschte.
Sie fuhren die Straße entlang, und etwa nach einer Meile sah er ihren Wagen mit der Kühlerhaube in einem tiefen Graben stecken.
»Verdammter Mist«, murmelte er. »Ist Matt noch da drin?«
Wütend schüttelte sie den Kopf.
»Wie wär’s, wenn du mir verraten würdest, wo er steckt?«
»Abgehauen.«
Sean parkte neben dem Wrack, ließ die Hand am Lenkrad und schaute Rusty an. »Und? Gibt es dafür einen besonderen Grund?«
»Ich habe ihm gedroht, dass ich dich anrufe«, platzte sie heraus.
Er kniff die Augen zusammen. »Dass du mich anrufst?«
»Ja, schon gut. Das war ein Bluff. Ziemlich dumm von mir. Du hasst mich doch wie die Pest.«
Sean berührte mit dem Finger das Blut an ihrem Mundwinkel, das bereits trocknete. Dann zog er ihren Hemdkragen ein wenig nach unten, um sich die Kratzer an ihrem Hals anzuschauen.
Rusty starrte ihn herausfordernd an.
Sean zückte sein Handy und wählte Franks Nummer.
»Frank, ich habe Rusty gefunden. Ich bringe sie nach Hause, sobald ich ein paar Dinge geklärt habe. Nein, du brauchst nicht zu kommen. Ich erledige das schon. Kümmere du dich mit Marlene zusammen um Sophie.«
Er beendete das Gespräch, noch ehe Frank lange nachfragen konnte, und wandte sich dann wieder Rusty zu.
»Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder du erzählst mir auf der Stelle, was genau passiert ist, oder ich nehme dich mit aufs Revier, und du erzählst es mir da. Du hast die Wahl. Und wenn ich nicht sofort einen ausführlichen Bericht von dir bekomme, suche ich Matt Winfree und höre mir an, was er zu sagen hat.«
Rusty schloss die Augen. »Ist doch egal. Du glaubst mir doch eh nicht. Kein Mensch wird mir glauben.«
»Lass es auf einen Versuch ankommen.«
Sie drehte den Kopf zum Seitenfenster und starrte hinaus. Zwischen Hals und Ohr entdeckte er nun weitere Schrammen. Sean wurde von Minute zu Minute zorniger. Rusty senkte den Kopf, und ihre Schultern begannen zu beben.
»Ich wollte ihnen keinen Kummer bereiten«, sagte sie schließlich geknickt. »Eigentlich wollte ich ihn nur nach Hause fahren. Matt Winfree ist süß und sehr beliebt, und ich dachte, er hätte Interesse an mir. Er hat gefragt, ob ich ihn nach Hause fahren könne. Klar, dass ich Ja gesagt habe. Welches Mädchen hätte das nicht getan? Nachdem wir vom Schulgelände weg waren, fragte er, ob ich ihn mal fahren lasse. Das sei ein cooler Wagen, und er wollte mal ans Steuer. Ich weiß, ich hätte Nein sagen sollen, aber ich wollte doch, dass er mich gern hat.«
Ihre Stimme klang so gequält, dass es Sean den Hals zuschnürte. Sie war ja noch ein Kind. Manchmal konnte man das leicht vergessen, aber sie war erst siebzehn und hatte es in ihrem Leben bisher nicht gerade leicht gehabt.
»Ich habe also angehalten und gesagt, er könne bis zu sich nach Hause fahren. Ich wusste ja, dass Marlene sich Sorgen machen würde, wenn ich mich verspäte, aber ich dachte, fünf Minuten würde sie verkraften.«
Sie wurde still und schien sich auf einen Gegenstand in der Ferne zu konzentrieren.
»Und weiter?«, drängte Sean.
Sie fuhr sich mit der Hand durch die Haare, und er sah, dass zwei ihrer Fingernägel abgebrochen waren und an den Kuppen bluteten. Kein gutes Zeichen.
»Er fuhr am Haus seiner Eltern einfach vorbei. Ich fragte, was das soll, aber er lachte bloß und meinte, er wolle mir was zeigen. Ich wurde sauer, weil ich ihm ja schon gesagt hatte, dass wir nur eben zu ihm nach Hause fahren könnten. Aber er fuhr weiter bis hierher, und ich habe ihn die ganze Strecke über angebrüllt. Er hat versucht …«
Sie lehnte sich mit der Stirn ans Fenster und zog die Schultern nach vorn, als wollte sie sich vor Sean verstecken.
»Was hat er versucht?«, fragte er ruhig.
Rusty schoss herum. Tränen standen in ihren Augen, in denen gleichzeitig die Wut loderte. »Er wollte Sex, okay? Ich sollte ihn ranlassen. Offenbar gibt es an der Schule zurzeit nur ein Klatschthema: Dass ich angeblich mit jedem rumvögle. Also wollte er auch mal an die Reihe kommen.«
Seans Kiefer verspannte sich derart,
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