KGI: Dunkle Stunde (German Edition)
murmelte Sam.
»Wem sagst du das? Dabei bin ich derjenige, der ihr das Schlimmste vom Leib halten sollte.«
An der Haustür klopfte es. Ethan wandte sich um.
»Mist, ich muss Schluss machen, Sam. Jemand ist an der Tür.«
Sam zögerte kurz. »Wahrscheinlich Garrett. War ja klar, dass er früher oder später bei euch auftauchen würde, um nach Rachel und dir zu sehen.«
»Sicher. Wir reden später weiter, Sam.«
Ethan legte auf und ging zur Tür. Es war tatsächlich Garrett. Er stand da, Hände in den Hosentaschen, starrte Ethan an und trat einen Schritt vor. »Kann ich reinkommen?«
Ethan machte die Tür weiter auf. »Sicher. Aber sei leise. Rachel schläft auf der Couch.«
»Wie sieht’s aus?«, fragte Garrett, als er Ethan ins Haus folgte.
Ethan zuckte mit den Schultern. »Wir kommen über die Runden.«
»Du siehst müde aus, Mann. Warum sagst du nichts? Wir helfen dir doch gern.«
Die Bemerkung klang freundlich, für Ethan hörte sie sich dennoch wie ein Vorwurf an. Verflucht, wahrscheinlich verdiente er es nicht anders, aber wie sollte er jemandem erklären, wie er sich fühlte? Er hatte sie verloren. Ein ganzes Jahr lang hatte er in der Überzeugung gelebt, dass sie tot war. Und jetzt, wie durch ein Wunder, war sie wieder bei ihm.
Garrett ging zur Wohnzimmercouch und schaute Rachel an. Sein Blick wurde sanfter, vorsichtig berührte er ihre Wange. Dann blickte er zu Ethan.
»Ich glaube, du solltest mal Mom und Dad besuchen. Weißt du eigentlich schon, dass Joe und Nathan zu Hause sind? Sie sind ganz scharf darauf, dich zu sehen.«
»Ich weiß es von Sam«, antwortete er leise. »Aber ich werde sie nicht allein lassen. Mir ist schon klar, dass alle sie sehen wollen. Glaub mir, das verstehe ich, aber ich muss tun, was für Rachel das Beste ist, und jetzt schon meine Familie auf sie loszulassen, würde sie überfordern.«
»Ich habe ja nicht gesagt, dass du sie mitnehmen sollst. Man muss sie schonen, da sind wir uns einig. Aber wenigstens du solltest rüberfahren. Mom ist ganz krank vor Sorge, und Dad geht’s nicht besser.«
»Ich kann sie nicht allein lassen«, wiederholte Ethan skeptisch.
»Ich bleibe bei ihr. Sie schläft. Du musst hier mal raus, Mann. Frische Luft schnappen, ordentlich durchatmen. Wenn du so weitermachst, bist du bald am Ende, und was soll ihr das nützen?«
Großer Gott. Ethan schluckte. Garrett hatte hundertprozentig recht, aber er wollte Rachel nicht allein lassen. Nicht einmal eine Minute lang. Der bloße Gedanke versetzte ihn in Panik, aber wie hätte er das erklären sollen? Wenn er nun zu Mom und Dad fuhr und entdecken musste, dass das alles nur bizarre Hirngespinste waren?
Garrett trat auf ihn zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Jetzt pass mal auf. So wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten. Du schiebst deinen Arsch in den Pick-up und fährst für ein paar Stunden zu Mom und Dad. Oder ich rufe Sam, Donovan, Nathan und Joe an und sage ihnen, sie sollen rüberkommen und dich mit Gewalt rauszerren. So oder so, du verschwindest für eine Weile von hier.«
Ethan ballte die Hände zu Fäusten. Nie zuvor hatte er sich so sehr gewünscht, jemanden zu verprügeln, wie jetzt Garrett. Und Garrett wusste das, aber er blieb einfach stehen, ließ die Arme hängen und machte keine Anstalten, sich zu verteidigen.
»Du brauchst deine Familie jetzt«, sagte Garrett leise. »Und Rachel braucht dich.«
Ethan schloss die Augen. »In Ordnung. Ich fahre. Schwör mir, dass du mich sofort anrufst, wenn irgendwas ist. Manchmal, wenn sie aufwacht … dann weiß sie nicht mehr, wo sie ist. Du musst dann bei ihr sein, damit sie nicht in Panik verfällt.«
Garrett schnitt ihm das Wort ab, bevor er noch weiterreden konnte. »Jetzt fahr endlich. Ich kümmere mich um alles. Ich passe schon auf sie auf.«
Ethan holte tief Luft und ging dann die Autoschlüssel suchen. Nachdem er sie gefunden hatte, kehrte er zur Couch zurück. Rachel hatte sich nicht gerührt. Einen Moment lang beobachtete er, wie ihre Brust sich hob und senkte. Eine steile Furche auf ihrer Stirn ließ sie selbst ihm Schlaf beunruhigt aussehen. Er beugte sich hinunter und küsste die Falte fort.
»Schlaf gut, Kleines«, flüsterte er. »Ich bin bald wieder da.«
19
Ethan stieg aus dem Pick-up, knallte die Tür zu und holte tief Luft, ehe er zum Haus seiner Eltern ging. Sosehr er sich auf Nathan und Joe freute, so nervös machte ihn die Trennung von Rachel, auch wenn es sich nur um eine kurze Zeit
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