Kielwasser
Musik. Wir tanzen nur dazu.«
»Was sind denn Limies?«
»Limy ist der Neckname für Brite.«
»Ich sehe schon. Ich muss noch viel lernen«, seufzte Jung. »Was machen wir jetzt?«
»Ich schlage vor, wir beehren noch einmal den PersO, bevor wir in die Kleiderkammer zum Klamottenempfang fahren. Wichtig sind der Truppenausweis und der PEBA, der Personalerfassungsbogen-Ausland.«
»Was ist daran so wichtig?«
»Vor allem Ihre Bankverbindung. Sie bekommen ja Wehrsold und Auslandsverwendungszuschlag, AVZ. Außerdem brauchen wir noch eine Adresse, die wir im Fall, dass Ihnen etwas zustößt, benachrichtigen sollen.«
»Ah, Geld bekomme ich auch? Das ist ja mal eine gute Nachricht. Kommt es öfter vor, dass ihr jemanden benachrichtigen müsst?« Aus Jungs Stimme war ein gewisser Galgenhumor herauszuhören.
»Ja schon, aber machen Sie sich nicht so viele Gedanken. Wir legen jetzt mal los.«
Sie erledigten den Papierkram beim PersO und Schumann besorgte ein Auto aus dem Fuhrparkservice, das sie zur Kleiderkammer brachte. Der Rest des Vormittags ging vorüber mit der Anprobe unzähliger Kleidungsstücke, von erster Geige über BGA (Bord- und Gefechtsanzug) und Drei-Farb-TD (Tropenflecktarn) bis zum Ausgehanzug – weiß mit weißen Schuhen. Die Einkleider gaben sich viel Mühe, dass auch wirklich alles passte. Das dauerte, und Jungs Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Schließlich bekam er als krönenden Abschluss einen Tropenhut verpasst, der ihn undeutlich an die Kopfbedeckung der Askaris aus kaiserlichen Zeiten erinnerte. Schumann stand dabei und grinste. Sie packten das Zeug in Seesäcke und Kampftaschen und verließen die Kleiderkammer.
Jung war erschöpft. Er wäre lieber nach Hause gefahren. Nach einer längeren Mittagspause kutschierte ihn Schumann stattdessen ins Sanitätszentrum der Marine nach Mürwik. Das Ergebnis ihres Besuchs – er war gesund, fit und erfüllte alle Anforderungen, die der Dienst an Bord eines deutschen Marineschiffes verlangt – versöhnte ihn mit den Anstrengungen des Tages.
Schumann lieferte Jung danach zu Hause ab. Morgen würde er ihn an gleicher Stelle wieder abholen und ihn zu seinem ersten Termin beim Flottenchef bringen. Svenja war erstaunt, ihren Mann so schnell wiederzusehen. Es schien fast, als sei sie darüber erschrocken.
Die Einschiffung
Am nächsten Morgen holte Schumann ihn zu seinem zweiten Wehrübungstag zu Hause ab. Jung hatte sich auf Schumis Anweisung hin in die Ausgehuniform geworfen. Er fühlte sich, als hätte er nach langer Zeit seinen besten Anzug angezogen, um zu einer Beerdigung oder einer ähnlichen Veranstaltung zu gehen. Als er sich aber die Uniformmütze auf den Kopf schob und sich im Spiegel betrachtete, überkam ihn ein befremdliches Gefühl. Er kam sich linkisch vor, albern, so, als ob er einen Maskenball besuchen sollte, was er hasste. Er überredete sich, stillzuhalten, und beruhigte sich mit dem Gedanken, dass er sich in Kürze unter Menschen bewegen würde, die alle so gekleidet waren. Er würde nicht weiter auffallen.
Sie begrüßten sich und Jung machte Schumann mit Svenja bekannt. Schumann lobte Jungs militärisches Outfit. Sein Lob baute Jung etwas auf, nachdem seine Frau ihn eher verächtlich gemustert hatte.
»Wie finden Sie Ihren Mann, Frau Jung? Sieht doch gut aus, meinen Sie nicht?«
»Na ja, wenn Sie mich schon so direkt fragen, ich meine mal … gewöhnungsbedürftig«, erwiderte sie, sichtlich damit ringend, nicht unhöflich oder gar beleidigend zu werden.
»Nur gut, dass Sie Ihren Mann nicht in Tropenflecktarn sehen. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was Sie in diesem Fall sagen würden«, grinste Schumann sie an.
Sie verabschiedeten sich nur flüchtig. Heute Abend würde Jung schon wieder zu Hause sein.
Der herbstliche Frühnebel hatte sich an diesem Morgen erneut eingestellt. Schumann verstaute die Seesäcke und Kampftaschen im Laderaum eines Ford Kombis und lenkte den Wagen durch den Nebel über die Umgehung auf die Osttangente. Am Ende bog er ab in die Osterallee, fuhr sie runter bis zum Twedter Plack und schlug dann rechts ein auf die Fördestraße. Der folgten sie bis nach Meierwik. Heute passierte Jung das Rollgatter und die Schranke des Flottenkommandos ohne Kontrolle.
»Der Flottenchef ist ein guter Mann, Tomi. Wird dir gefallen«, bemerkte Schumi, als er das Auto auf dem Parkareal hinter dem Stabsgebäude abgestellt hatte. Jung fiel auf, dass Schumann ihn jetzt endlich duzte.
»Ich bin gespannt, was er
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