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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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geht um den verschollenen Soldaten«, wies ihn der IO ein. »Ich berichte gerade, womit wir beschäftigt waren, als der KaFü verloren ging.«
    »Ihr Schiff stand vor Al Mukalla, nicht wahr, Herr Kap’tän?«
    »Genau. Sie haben sich schon umgehört, wie ich sehe.«
    »Ist mir in der Messe zugetragen worden, Herr Kap’tän.«
    »Hätte ich mir denken können. Aber gut.« Der IO hielt einen Moment inne und fuhr dann fort. »Die Taskforce hatte den Auftrag, den Schiffsverkehr vor dem jemenitischen Hafen verschärft unter die Lupe zu nehmen. Der rege Schmuggel zwischen Al Mukalla im Jemen und Bosaso in Somalia sollte aufgeklärt werden. Dazu hatten wir das Seegebiet in kleine Quadranten aufgeteilt. Jedes unserer Schiffe hatte in seinem Quadranten jede Bewegung festzuhalten, unter, auf und über dem Wasser. Wir fuhren in kurzen Schlägen den Quadranten ab. Immer hin und her. Schrecklich eintönig und ermüdend.« Der IO schwieg nachdenklich.
    »Bleiben wir bei der Hypothese, er sei über Bord gegangen, egal ob freiwillig oder unfreiwillig, und keiner hat ihn aufgenommen«, spann Jung den Faden weiter. »Was passiert in diesem Fall mit ihm?«
    »Das Wasser war zu diesem Zeitpunkt 30 Grad warm. Da überlebt er bei guter Konstitution einige Zeit. Und in dieser Zeit hätten wir ihn entdeckt, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann ist er tot.«
    »Ja, natürlich. Aber wo ist er? Sie haben ihn doch später gesucht, nicht wahr?«
    »Das stimmt. Vielleicht haben wir ihn überlaufen. Bei den kurzen Schlägen, die wir machten, ist das durchaus möglich.«
    »Wie muss ich mir das vorstellen?«
    »Er wird in den Schrauben zerhackt. Aber Teile von ihm hätten wir auch dann noch finden müssen.«
    »Wann haben Sie die Suche denn aufnehmen können?«
    »Am nächsten Morgen nach der Frühmusterung. Da wurde seine Abwesenheit entdeckt.«
    »Die Frühmusterung findet jeden Tag statt, nicht wahr?«
    »Ja. Er wurde aber noch beim Essen am Abend davor gesehen. Danach nicht mehr.«
    »Also ist er in der Nacht vor der Musterung verschwunden.«
    »Ja. Wir haben zuerst das Schiff nach ihm abgesucht. Gleichzeitig haben wir die Suche auf See aufgenommen, eine mögliche Abdrift durch Wind, Wellen und Strömung berechnet, einen entsprechenden Kurs abgesteckt und auch die Helis zur Suche eingesetzt. Natürlich haben wir auch die anderen Schiffe an der Suche beteiligt.«
    »Offensichtlich ohne Ergebnis«, schloss Jung ab.
    »Das stimmt nicht ganz.« In der Stimme des IO schwang Stolz mit.
    »Wie?«, rief Jung überrascht.
    »Wir haben zwei Leichen aufgebracht. Zwei somalische Fischer, soweit wir feststellen konnten. Sie sehen also, dass wir im Wasser Treibende durchaus aufspüren können.«
    »Was meinen Sie mit ›soweit wir feststellen konnten‹? Haben Sie die nicht an Bord genommen und an Land überstellt?«
    »Nein, was glauben Sie denn? Wir brachten unser Speedboot aus und stellten fest, dass die Leichen Fischer waren. Dann haben wir sie gelassen, wo sie waren.«
    »Das entspricht aber nicht dem Internationalen Seerecht, nicht wahr?« Jung konnte sich nicht bremsen und bereute seine Worte, bevor er geendet hatte.
    »Mag sein. Aber Sie kennen nicht die Schwierigkeiten, in die wir kommen, wenn wir den Behörden im Jemen, in Dschibuti oder sonstwo eine nicht identifizierte Leiche übergeben. Von Somalia will ich gar nicht reden. Da gibt es keine Behörden. Die legen die ganze Armada für unabsehbare Zeit an die Kette. Selbst diplomatische Verwicklungen müssen Sie einkalkulieren. Nee, nee, da lassen wir mal lieber die Pfoten von.«
    »Okay. Sie fanden also nichts von ihm?«
    »Richtig. Wir haben zwei Tage im Seegebiet gesucht und sind anschließend nach Dschibuti abgelaufen.«
    Die Bordsprechanlage unterbrach den IO: »Backen und Banken für Frei- und Dauerwächter.«
    Der Offizier wandte sich unwillig dem Lautsprecher an der Wand zu und schüttelte den Kopf. Schumann hatte die ganze Zeit über geschwiegen. Er sah auf seine Uhr und meldete sich jetzt zu Wort. »Herr Kap’tän, darf ich kurz unterbrechen? Es ist Essenszeit. Die Kameraden fangen ohne mich nicht an. Ich will sie nicht warten lassen. Darf ich die Kammer verlassen?«
    »Ja, es ist schon wieder so weit. Natürlich, gehen Sie. Wir setzen das Gespräch nach der Mittagspause fort. Ich komme auf Sie zu, okay?«
    »Alles klar, nach der Mittagspause, Herr Kap’tän. Ich wünsche guten Appetit.«
    »Gleichfalls, danke.« Schumann verließ die Kammer mit der Meldung

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