Kielwasser
mitzubringen.«
»Diese Art von Humor würde ich lieber stecken lassen. Er könnte Sie in Schwierigkeiten bringen.«
»Ich fand ihn schon zu Hause nicht so gut, seit ich hier bin, noch weniger.«
»Ich habe auf dem Schiff gehört, dass der größte Teil Dschibutis No-go-Area für uns ist. Stimmt das, Herr Kap’tän?«, schaltete sich Schumann ein.
»Stimmt. Wenn Sie der Golfplatz nicht interessiert, fahren wir zurück in die Stadt. Auf der Rückfahrt kommen wir daran vorbei.«
»Ein Golfplatz in der Wüste ist schon kurios, aber doch nicht typisch?«
»Für Dschibuti schon. Er ist ein Zeichen für die Macht und die Lebendigkeit der ehemaligen Kolonialherren. Man könnte fast sagen, ohne die Franzosen geht hier nichts. Gingen die mal nach Hause, ich würde darauf wetten, dass das verwaiste Staatsgebilde zusammenfällt wie ein Kartenhaus.«
»In diesem Fall sind sie auch mitverantwortlich für das, was hier abläuft«, meinte Jung nachdenklich.
»Ja, das kann man so sehen. Zur Ehrenrettung unserer französischen Freunde muss ich allerdings sagen, dass der regierende Klan sich kolonialistischer gebärdet als die ehemaligen Kolonialherren. Sie raffen zusammen, was sie kriegen können. Damit sind sie ausgelastet.«
Der Fahrer hatte auf einen Wink Jungmanns gewendet. Er hatte bis jetzt noch kein Wort gesprochen, fiel Jung auf. Sie fuhren durch ein paar armselige Seitenstraßen am Stadtrand zurück auf eine breite Fahrstraße mit starkem Lastwagenaufkommen.
»Dies ist die Ausfallstraße in den Süden und nach Addis Abeba. Was nicht über die Bahn nach Äthiopien kommt, wird über diese Straße dahin transportiert. Weiter draußen liegen die Flüchtlingscamps, übrigens auch absolute No-go-Areas, Oberstaber. Sie sind ein Agglomerat aus Abfall, Dreck und Elend. Eine Mega-Favela. Unvorstellbar. Aber eine Moschee gibt es dort auch. Wenn ich aus meinem Bullauge nach Süden schaue, sehe ich sie. Ihr hohes Minarett und die goldene Kuppel überragen alles. Dagegen ist die Arhiba ein Luxusviertel. Es sollen dort rund 20.000 Dschibutis leben, so genau weiß man das nicht. Es gibt keine Schulpflicht. Die Zahl der Analphabeten ist hoch. Sozialgesetzgebung? Das Wort ist hier unbekannt. Wir fahren jetzt auf den Markt zu. Auf dem Dach eines Hauses aus der Franzosen-Zeit gibt es eine Saftbar mit wirklich guten Fruchtsäften. Ich schlage vor, wir machen da eine Pause. Von dort oben überblicken wir den Markt und die Arhiba. Rechts fahren wir jetzt daran vorbei. Langsam, Bootsmann. Nicht mal die Fremdenlegion wagt sich da rein.«
Sie sahen in ähnlich schmuddelige Gassen wie vor dem Hafen. Wellbleche deckten die flachen Häuser. Die Fenster und Türen waren ausnahmslos vergittert oder mit Brettern vernagelt. Einige wenige Häuser krönte eine Dachterrasse. Als Schutz gegen die brutale Sonne diente ebenfalls Wellblech. Jung wunderte sich über die vielen Satellitenschüsseln. Auch klebten hier und da Klimakästen an den Wänden wie riesige Vogelnester. Elektrische Leitungen baumelten an Häuserwänden und Holzmasten. An der Erde lagen neben Plastikmüll und alten Autoreifen reihenweise Holzpaletten. Über hölzernen Tischen schwebten zerzauste, bunte Ballonsonnenschirme, die Jung schon am Hafen und vor der Kaserne der Fremdenlegionäre aufgefallen waren. Ein ausrangierter, rostiger Elektroherd versperrte am Eingang einer Gasse die Fahrspur. Davor standen zwei leere, grün gestrichene Holzläden ohne Kat-Verkäuferinnen. Ihr Tagewerk lag wohl schon hinter ihnen. Eingangs einer Gasse hatte ein Kiosk seine Wellblechtüren weit geöffnet. Sie leuchteten in sattem Blau. Coca-Cola, Sprite, Fanta und Wasser wurden angeboten. Wäscheleinen waren von Haus zu Haus gespannt. Farbige Tücher hingen daran zum Trocknen. Es wimmelte von Menschen in den unterschiedlichsten Aufzügen. Kinder spielten mit Plastikflaschen und winkten. Die Männer waren mit meistens kurzärmeligen, weiten Oberhemden mit fremdartigen Mustern über buchtigen Hosen gekleidet, deren Farben von ehemals weiß über ausgeblichen blau zu schmutzig grau-braun reichten. Viele trugen auch weiße Hemden über bunten Wickelröcken. Bunt bestickte Käppis oder zu Turbanen geflochtene Tücher schützten ihre Köpfe vor der Sonne. Nur wenige waren barhäuptig. Viele gingen am Stock. Sie blieben stehen und fixierten den vorbeirollenden Wagen mit den vier weißen Männern aufmerksam und ernst. Frauen saßen, in farbenprächtige Tücher gehüllt, auf grob zusammengehauenen Holzsesseln
Weitere Kostenlose Bücher