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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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Fernseher, Stereoanlage, Computer, Bücher-, Kassetten-, DVD-Sammlungen, Bilder, Souvenirs und Andenken aus zig Häfen, Seemannsknoten, Urkunden, Auszeichnungen, Familienfotos, Ansichtskarten, Kaffeeautomat, Schnellkocher, Tischkühlschrank, Keksdosen, Gläsersammlung, Toilettenartikel, Schuhwerk, Jacken und Parkas. Auf den Spinden stapelten sich Ausrüstungsgegenstände und Uniformteile. Dennoch blieb Platz für einen Tisch, eine schmale Bank und einen Stuhl. Unter der Decke, vor dem Bullauge, war eine Leine gespannt, an der ein olivgrünes Handtuch zum Trocknen aufgehängt war. Hätte es noch ein Klo und eine Dusche gegeben, man hätte in der Kammer überwintern können, ohne die Tür öffnen zu müssen.
    Jung meldete sich übertrieben laut und vernehmlich.
    »Du musst mich nicht verarschen, Tomi. Ich mag das nicht. Erzähl lieber mal, was dich gestern Abend so von den Beinen geholt hat, dass ich dich in die Koje tragen musste.«
    »Davon später. Zuerst bist du dran. Du hast den Abend offensichtlich besser überstanden.«
    »Klar, ich fand’s toll. Ich hab etwas gefunden, was uns beide interessieren könnte.«
    »Spann mich nicht auf die Folter, erzähl.«
    »Nicht so schnell, Herr Oberleutnant, ganz ruhig und von vorn.«
    »Also gut, von vorn: die Mädels. Wie waren sie?«
    »Große Klasse, das muss ich ihnen lassen. Die haben es nicht leicht, sind aber freundlich und richtig witzig. Dazu sehen sie auch noch super-sexy aus.«
    »Nicht leicht? Inwiefern?«
    »Die haben mir Sachen erzählt, das glaubst du nicht.«
    »Hast du ihnen die Beichte abgenommen, oder was?«, fragte Jung ironisch.
    »Ich weiß nicht, aber sie mochten mich. Es hat nicht lange gedauert, bis sie ins Erzählen kamen.«
    »Und dann?« Jung wurde allmählich ungeduldig.
    »Mach keinen Stress, Tomi, und hör mir zu. Natürlich sind das Professionelle. Natürlich wissen sie über AIDS Bescheid. Und natürlich wissen sie, dass nichts von Dauer ist.«
    »Du sprichst in Rätseln. Etwas deutlicher könnte es schon sein, Herr Oberstaber.«
    »Unterbrechen Sie mich nicht, Herr Kriminalrat. Also: Sie sind in der Bar, um sich einen Gönner zu angeln, der sie aushält und bezahlt. Als Gegenleistung liefern sie jeden erdenklichen Service: vom Dolmetschen über Sex bis zum Kochen und Klo schrubben. Er muss sie nur gut bezahlen, was ihm hier nicht schwerfallen dürfte. Der Preis wird vorher vereinbart. Sie unterstützen ihre Familien in Somalia, Eritrea, Äthiopien, Dschibuti usw. Sie brauchen Geld, so viel Geld wie möglich.«
    »Und woher kommen ihre Kunden, doch nicht von uns? Bis auf den Sex haben wir alles an Bord. Außerdem darf doch keiner über Nacht an Land bleiben, oder sich ’ne Wohnung nehmen, oder?«
    »Wart’s ab. An erster Stelle stehen die Franzosen.«
    »Franzosen? Sind die nicht kaserniert?«, unterbrach ihn Jung.
    »Nur die Fremdenlegionäre. Die Regulären leben in Häusern im Franzosenviertel. Die Miete ist lächerlich. Die haben jede Menge Geld. Sie verdienen hier dreimal soviel wie zu Hause in Frankreich. Ihre Dienstjahre in Dschibuti zählen doppelt und ihre Familien bleiben in Frankreich, weil sie es hier nicht aushalten oder weil die Kinder auf eine anständige Schule gehen sollen.«
    »Und das haben sie dir erzählt? In welcher Sprache eigentlich?« Jungs Ironie war unüberhörbar, stieß aber bei Schumann auf völlige Ignoranz.
    »Auf Englisch. Und ich glaube ihnen. Teilweise sind sie zu zweit oder auch zu mehreren bei einem einzigen Franzmann in Diensten. Jede von ihnen hat ihren eigenen Wirkungskreis, der auch schon mal wechseln kann, um das vornehm zu umschreiben. Verstanden?«
    »Ja, ja, ich bin ja nicht blöd. Aber was hat das mit unserem KaFü zu tun?« Jungs Tonlage hatte sich normalisiert.
    Schumann machte ein übertrieben bedeutungsvolles Gesicht und legte eine längere Kunstpause ein. Jung schwieg beharrlich und spielte Schumanns Spielchen mit.
    »Es gibt auch zwei Deutsche, die ihre Dienste in Anspruch nehmen. Was sagst du nun?«
    Jung tat nicht nur überrascht, er war es tatsächlich. »Doch keine von uns, von der Marine?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Die beiden arbeiten drüben in Tadjoura, auf der anderen Seite, bei einem Franzosen. Der hat dort eine Art Motel für Tauchtouristen.«
    »Zwei, aber nicht der KaFü.«
    »Ich wollte auch nicht sagen, dass einer von ihnen der KaFü sein muss. Aber wir sollten uns das mal ansehen. Die Mädchen waren da etwas vage. Ich finde das interessant, und du?«
    »Ich

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