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Kielwasser

Kielwasser

Titel: Kielwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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die Unabhängigkeit entlassen haben, verfällt die Stadt. Außer am Präsidentenpalast wird an der Infrastruktur nichts mehr verbessert. Die Franzosen haben noch vor Kurzem die Ausfallstraße nach Süden und auf die andere Seite des Golfes ausgebaut. Es gab auch vor einigen Jahren eine Überschwemmungskatastrophe. Ich kann mir nicht vorstellen, was die noch kaputter gemacht haben könnte. Mit Sicherheit hat sie aber nicht dazu beigetragen, die Anstrengungen seitens der Administration zu erhöhen. Das hier links ist das Gefängnis. Die Frauen davor warten auf Einlass, um ihren einsitzenden Angehörigen Essen zu bringen. Die verhungern sonst. Vor allem verdursten sie. Welche Temperaturen müssen im Sommer da drin herrschen? Eine Klimaanlage? Lachhafte Vorstellung. Riechen Sie was? Ich meine nicht die Kloake. Der Gestank kommt von der tierverarbeitenden Fabrik da vorn. Was sie verarbeiten, weiß ich nicht. Will ich auch gar nicht wissen.«
    »Wahrscheinlich Kamele«, warf Schumann ein. Sie bogen rechts ab über eine brutale Betonschwelle in eine öde Betonstraße.
    »Wir fahren jetzt durch eine Gegend, in der hauptsächlich Handwerksbetriebe angesiedelt sind. Sieht zwar nicht so aus, aber die machen aus Müll noch Nützliches. Der Schrottplatz da vorn ist eine Autowerkstatt. Erkennt man an dem Haufen verrosteter Auspuffanlagen.«
    Am Ende der Straße bogen sie links ab auf eine befahrene Hauptstraße.
    »Hier sind wir auf der Straße zum Flughafen. Da links, das, was so aussieht wie eine Moschee, ist eine Koranschule. Sehr gepflegt und sauber, nicht wahr? Und sehen Sie mal die Kinder im Hof. Auffällig gut gekleidet. Rechts dahinter befindet sich die Kaserne der Fremdenlegionäre. Davor, auf der anderen Straßenseite, unter den aufgeplusterten Sonnenschirmen, hat sich eine Art Flohmarkt angesiedelt. Unter der Woche kann man da kaufen, was man im Alltag so braucht: von Früchten über Riemensandalen bis zum Luftballon für die Geburtstagsparty. Hübsches Kunsthandwerk gibt es auch, nicht nur geschnitzte Elefanten aus falschem Ebenholz. Lohnt sich wirklich, da mal vorbeizuschauen. Ein originelles Mitbringsel für Zuhause braucht doch jeder. Und hier rechts, nach dem Kreisel, liegt das beste Restaurant der Stadt: Le Jardin. Natürlich französisch. Nicht nur die Küche, auch der Besitzer. Hübscher Garten mit Pool für den Aperitif; der Speisesaal ist im ersten Stock, mit Bar und Rauchsalon. Schick, sehr schick. Vor allem die Dame des Hauses. Hat aber seinen Preis, selbst für dschibutische Verhältnisse. Wenn Sie wollen, essen wir da mal, sobald Sie mit Ihrer Arbeit fertig sind. Was halten Sie davon?« Er drehte seinen Kopf nach hinten und sah über seine Rückenlehne Jung und Schumann mit hochgezogenen Augenbrauen an. Jung grinste breit.
    »Dann müssen wir aber auch erfolgreich gewesen sein. Was meinst du, Schumi?«
    »Kriegen wir eine Prämie, die wir auf den Kopf hauen können?«, frotzelte Schumann.
    »Daran glaubst du doch wohl selbst nicht?«, grinste Jung säuerlich. »Seit wann zahlt der Bund für besondere Leistungen? Doch wohl eher für das Gegenteil, oder?«
    Die Bebauung wurde jetzt spärlicher und bald hatten sie die Stadt verlassen. Rechts und links der Straße breitete sich eine öde Sand- und Geröllwüste aus. Plastikmüll lag herum. Sie passierten am Straßenrand ein Kamelskelett und mehrere Autowracks.
    »In der Wüste leben noch wilde Kamele. Wovon ist mir ein Rätsel. Außer ein paar Dornbüschen, Tamarisken und Schirmakazien gibt’s hier draußen weiter nichts. Und Wasser? Weiß der Himmel, wo sie das herkriegen. Weiter im Landesinneren liegen Seen. Der nächste, Lac Assal, liegt rund 50 Kilometer weit weg in einer tiefen Senke und ist ein Salzsee, wie schon der Name sagt. Das Wasser ist ungenießbar. Im Sommer brüllende Hitze. Eine Salzlake, schlimmer als das Tote Meer. Wir fahren noch ein paar 100 Meter und dann geht’s links ab zum Golfplatz. Die Franzosen haben ihn angelegt. Natürlich kein Naturrasen. Die Greens und Abschläge sind aus Kunstrasen, die Bahnen liegen mitten in der Wüste. Aber er ist eingezäunt und wird sauber gehalten. Ein Klubhaus haben sie auch. Nicht zu vergleichen mit denen, die wir aus Europa kennen. Dafür ist ihr Snobismus umso größer.«
    »Meinen Sie, ich könnte da meinen Farbigen finden? War nur so eine verrückte Idee. Meine Frau wünscht sich schon immer einen schwarzen Hausboy als Mädchen für alles. Ich habe im Spaß versprochen, ihr einen aus Afrika

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