Kielwasser
liegt, wird das nichts.«
»Was haben wir damit zu tun?«
»Aus Sicherheitsgründen bleiben wir lieber an Bord.«
»Sind die nicht unsere Verbündeten?«
»Ja schon. Aber wenn es um ihre Sicherheit geht, kennen die keine Verbündeten.«
»Ich werde mit dem IO sprechen. Vielleicht macht er für uns eine Ausnahme. Kommst du mit?«
»Versuch’s. Aber mach dir keine Hoffnungen. Das wird nichts. Ich begleite dich trotzdem. Ruf aber vorher an und frage, ob er Zeit für uns hat.«
Sie trafen den IO in der Messe bei einer Tasse Kaffee. Jung trug ihm seine Bitte vor, zu Jungmann auf den Tender wechseln zu dürfen.
»Warum haben Sie es so eilig?«, erwiderte der IO. »Der Ami läuft morgen aus, wie ich gerade hörte. Dann ist der Spuk vorbei.«
»Wir haben mit dem Kommandeur eine Verabredung und wollen ihn nicht warten lassen«, insistierte Jung.
»Rufen Sie ihn an. Er weiß wahrscheinlich schon, dass Sie Ihren Termin nicht einhalten können. Normalerweise steht er auf der Pier, wenn wir einlaufen. Ihn betrifft das Theater ebenso wie uns.«
»Was befürchten die Amis?«, fragte Jung störrisch.
»Das ist die falsche Frage. Was haben wir zu befürchten? Das ist die richtige Frage. Ich bin hier der verantwortliche Offizier, verstehen Sie?«
»Sie machen mir Angst.«
»Das ist meine Absicht. Laufen Sie da draußen nicht herum. Es ist besser so, glauben Sie mir.«
Jung musterte Schumann. Er las in seinem Gesicht nichts außer Zustimmung für den IO.
»Okay, fassen wir uns in Geduld.« Jung resignierte endgültig.
»Sehr klug, Herr Oberleutnant. Morgen Nachmittag können Sie rüber zu Jungmann. Telefonieren Sie mit ihm. Vielleicht kann er auch ohne Sie schon anfangen.«
Jung erinnerte sich an die Presseleute, die Jungmann bei ihrem Besuch erwähnt hatte. Sie mussten jetzt schon an Bord sein und den Aufmarsch der Amerikaner miterlebt haben. Wie würden sie das Erlebte verarbeiten? Würde er in ihrer Berichterstattung darüber lesen können? Er nahm sich vor, die Journalisten zu befragen und später ihre Artikel zu lesen.
*
Der ›Amerikaner‹ legte am nächsten Tag vormittags ab. Das schwer bewaffnete Sicherungsbataillon zog sich aus dem Hafengelände zurück. Viele Mariner, darunter auch Schumann und Jung, sahen ihrem Abzug, an die Reling gelehnt, interessiert zu. Die eingeübte Präzision und Schnelligkeit waren beeindruckend. Viele Mariner äußerten ihre Bewunderung und Anerkennung über die militärisch brillante Performance. Manche ließen sich sogar zu einem Applaus hinreißen.
Jung sah Schumann an. Er entdeckte auf Schumis Gesicht einen Hauch ungewohnten Ernstes, der der üblichen eingemeißelten Freundlichkeit eine fast tragische Note verlieh. Das verflüchtigte sich aber schnell, als Schumann sich den praktischen Notwendigkeiten zuwandte, die ihr Umzug auf den Tender mit sich brachte.
Nach dem Mittagessen nahmen sie ihre gepackten Sachen und setzten zu Jungmann auf den Tender über. Jung freute sich schon auf die Luxussuite, die ihn dort erwartete.
Als Jungmann sie an Bord begrüßte, verlor er kein Wort über die unvorhergesehene Verzögerung. Er saß mit den beiden Journalisten aus Deutschland zusammen und klärte sie über die Lage in Dschibuti und die deutsche Beteiligung im Kampf gegen den weltweiten Terrorismus auf.
Nach der gegenseitigen Vorstellung wollte Jung seine alte Kammer beziehen. Er musste sich aber von Jungmann belehren lassen, dass sie schon mit seinem weiblichen Gast, der Mitarbeiterin der ZEIT, belegt sei. Seine Vorfreude verwandelte sich in ärgerliche Enttäuschung.
Er betrachtete die Journalistin genauer. Sie hieß Brigitte Fußmeier, wie er gerade erfahren hatte. Er mochte sie nicht. Den neben ihr sitzende ungepflegten Grinsepickel ebenfalls nicht. Warum mussten sie gerade jetzt hier sein? Seine Absicht, die beiden zu ihren Erfahrungen in Dschibuti zu befragen und ihre Artikel lesen zu wollen, verflüchtigte sich. Er wandte sich ab und ließ sich von dem herbeigerufenen Läufer seine neue Kammer zeigen, zwei Decks tiefer ohne separate Dusche und Toilette.
Jung beruhigte sich. Die Kammer war geräumig. Er war der einzige Gast, obwohl es eine Doppelkoje gab wie auf der Fregatte auch. Aber hier ließ ein Bullauge Tageslicht in den Raum. Die Sicht nach draußen war nicht annähernd so spektakulär wie zwei Decks höher, auf der Ebene der luxuriösen S3-Kammer. Die Aussicht, mit zwei Zeitungsmenschen den nächsten Tag verbringen zu müssen, stimmte ihn nicht gerade
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