Kielwasser
heiter.
Abends besprach er mit Schumann den angesetzten Trip nach Tadjoura. Jungmann hatte sie angewiesen, in Zivil zu fahren. Das Wetter war über die vergangenen Tage unverändert geblieben. Sie mussten mit brutaler Hitze und schonungsloser Sonne rechnen. Sie einigten sich auf luftige Kleidung, leichtes Schuhwerk und Tropenhut. Für Verpflegung, Getränke und ausreichend Kraftstoff hatte ihr Fahrer, der Bootsmann, zu sorgen. Der Toyota war geländegängig und bot genügend Platz für fünf Passagiere.
Schumann schlug vor, den Jungreporter besser im Jeep der Militärpolizei unterzubringen. Ihm konnte die Fahrt neben den bewaffneten Kerlen als besonderes Abenteuer verkauft werden. Sie mussten ihm ja nicht auf die Nase binden, wie zugig die hinteren Plätze in einem offenen Jeep waren und wie unangenehm kalt einem da werden konnte, selbst wenn die Lufttemperatur über 30 Grad lag. Der Dame Fußmeier würden sie aus Höflichkeit den Sitz neben dem Fahrer des Toyotas überlassen. Sie hätten dann die Rückbank für sich und damit die besten Voraussetzungen, die Fahrt erträglich zu gestalten. Jung stimmte Schumann mit einem breiten Grinsen zu.
Als er früh am nächsten Morgen, die Sonne war gerade erst über dem Horizont im Osten aufgegangen und die tägliche Flaggenparade an Bord noch in weiter Ferne, die Stelling hinunterkam, standen die Militärpolizisten und der Toyota samt Passagieren schon bereit. Sie begrüßten sich kurz. Jung fiel auf, dass die Pressemenschen in hohen Schnürstiefeln steckten und auch ansonsten angezogen waren, als starteten sie zu einer Wanderung ins Hochgebirge. Die werden sich noch wundern, wenn ihnen in ein paar Stunden die Sonne auf den Pelz brennen wird, dachte er. Unter seine Schadenfreude mischte sich eine leichte Unsicherheit, als er sah, dass auch ihr Fahrer, der erfahrene Bootsmann, ähnlich gekleidet war.
Schumann hatte das Kommando übernommen und verwies den Jungreporter auf die Rückbank des Jeeps. Sie war zugestellt mit Batterien von Frischwasser, Lunchpaketen und Apfeltüten und musste freigeräumt werden.
Die beiden MPs 38 entpuppten sich als ein Mann und eine Frau. Sie machten einen beängstigenden Eindruck, weil sie dem gängigen Klischee hirnloser Grobiane unangenehm nahe kamen. Man hätte sie für Skinheads halten können, wenn sie in Lederwesten mit auffälligen Applikationen gesteckt hätten. Die Bewaffnung, ihre Rangabzeichen auf den Achselklappen ihrer Tarnanzüge und die weißen Armbinden ließen an ihrer wahren Profession jedoch keinen Zweifel aufkommen. Sie waren kräftig und strahlten eine beeindruckende Fitness aus. Jung erholte sich schnell von dem allerersten Eindruck. Er war überzeugt, dass sie sich glücklich schätzen durften, die beiden bei einem Ausflug in die Wildnis dabei zu haben.
Schumann verstaute ihren Beutel, in dem sie die üblichen Utensilien wie Sonnencreme, Insektenschutzöl, Sonnenbrillen, Geldbörsen, Ausweise, Pässe und so weiter zusammengesammelt hatten, im Laderaum des Offroaders. Jung fragte sich, was in den drei großen Taschen ihrer Mitreisenden enthalten sein könnte. Gegenüber denen nahm sich ihr schmaler Beutel wie ein schäbiger Jutesack neben einer Batterie Reisetaschen von Louis Vuitton aus.
Schumann mahnte zum Aufbruch. Er wies die kleine Gruppe noch einmal ein und gab einen groben Überblick über den geplanten Zeitablauf. Die MPs nahmen den aufgeregten Jungreporter in ihre Mitte und stiegen in den wartenden WOLF 39 . Schumann komplimentierte die Frau auf den Beifahrersitz des Toyotas, begab sich zu Jung auf die Rückbank und gab dem Fahrer das Zeichen zum Aufbruch. Den Jeep im Kielwasser fuhren sie ungehindert durch die Hafenwache, vorbei an der Moschee und dem Gare Dschibuti-ville auf die Nationalstraße eins, die in den Süden und nach Addis Abeba führte.
Der Fahrer redete ununterbrochen auf die Zeitungsfrau neben ihm ein. Er erklärte ihr, was ihnen auf der Fahrt begegnen würde und was er bereits kannte. Er vergaß auch nicht, den Verkehr sachkundig zu kritisieren. Dennoch fuhr er so sicher und präzise, als führe er jeden Tag nach Tadjoura. Seine Beifahrerin schwieg und hörte ihm aufmerksam zu. Anfangs lauschte Jung dem Monolog. Nach einiger Zeit begann er, die Frau für ihr Schweigen, für ihre Geduld und ihre nicht nachlassende Aufmerksamkeit zu bewundern.
Er selbst döste apathisch vor sich hin und sah durch die Scheibe. Die Stadt glitt an ihnen vorbei. Der Verkehr war lebhaft. Sie waren gezwungen, oft zu
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