Kill Decision
eines Sattelzugs gestiegen und redeten mit dem Trucker. Die Reporter und Aufnahmecrews schienen zusammenzupacken.
McKinney und Odin betraten den Raststättenkomplex, fanden dort einen Minimarkt, einen Hamburger-Imbiss, einen Coffee-Shop und einen Sanitärbereich mit Duschen. Es war noch früh – halb fünf etwa –, aber die Morgenzeitungen waren schon da und steckten in einem Ständer vor dem Minimarkt. Die Riesenschlagzeilen waren unübersehbar:
AMERIKA UNTER DROHNENANGRIFF
Odin und McKinney sahen sich an. Er nahm sich verschiedene Zeitungen heraus und ging zur Kasse.
«Wasser noch.» McKinney schnappte sich mehrere Plastikflaschen aus der Kühlvitrine und folgte ihm.
Er zeigte auf abgepackte Sandwichs. «Nehmen Sie was zu essen mit.»
Sie griff nach ein paar künstlich aussehenden Sandwichs, die sie normalerweise nie angerührt hätte. In ihrem momentanen Zustand erschienen sie ihr absolut köstlich.
Sie gingen mit den Sachen an die Kasse. Die Kassiererin war eine übergewichtige Weiße in den Fünfzigern mit zu viel Lidschatten. Sie quittierte die Schlagzeilen mit einem traurigen Kopfschütteln, während sie die Zeitungen eintippte. «Nicht zu fassen, oder? Die ganze Zeit schon greifen uns Drohnen an? Ich sag’s Ihnen, wenn wir erst mal rausfinden, wer die schickt! Da wird jemand schwer dafür bezahlen, so viel ist sicher.»
Ein anderer Kunde, ein älterer Trucker mit einem zerfransten Vollbart, ziemlich ähnlich wie Odins Bart, und einer Futtermittel-Baseballkappe nickte. «Wahrscheinlich China. Hey, haben Sie solche amerikanischen Fahnen mit Saugnäpfen für aufs Auto?»
«Nein, haben wir nicht, aber vielleicht sag ich Sam, er soll welche einkaufen. Die würden doch im Handumdrehen weggehen, oder?»
«Und ob.»
Sie wandte sich wieder an Odin. «Macht dann zusammen dreiundzwanzig fünfundsiebzig, junger Mann.»
Er zahlte und stieß am Eingang zu den Duschen wieder zu McKinney, die bereits eine Wasserflasche geöffnet hatte und langsam trank. Sie hielt ihm auch eine Flasche hin, aber er war ganz mit einer der Zeitungen beschäftigt.
Sie sah sich in der Raststätte um. «Wir waren gerade mal einen Tag weg … und schauen Sie sich das an …» Sie zeigte auf die Leute, die Zeitung lasen und gebannt auf die Flachbildfernseher über der Coffee-Shop-Theke starrten. Odin faltete die Zeitung halb und zeigte auf ein Diagramm mit der Unterschrift «Air Force stellt feindlicher Drohne Falle». McKinney beugte sich darüber, und ihre Augen wurden immer größer.
Das Schaubild stellte die Kette der Ereignisse über Utah in kindgemäß simplifizierter Form dar. Es zeigte ein comicartiges Frachtflugzeug, das über der Wüste von Utah von der mysteriösen Drohne abgeschossen wurde, die daraufhin ihrerseits von zwei düsengetriebenen amerikanischen Drohnen abgeschossen wurde. Es war eine lancierte Story über einen bis dato streng geheimen autonomen Drohnentyp namens «Manta Ray», der jetzt der Öffentlichkeit als Held des Tages präsentiert wurde. In allen Medien. Eine massive Kampagne.
McKinney zeigte auf das Archivfoto der düsengetriebenen Drohne. «Kommt sie Ihnen bekannt vor?»
Odin nickte nachdenklich. «Jemand hatte das alles schon parat.»
«Vermutlich das Pentagon.»
«Nicht zu voreilig. Krieg ist nicht nur ein Unternehmen des Militärs – schon lange nicht mehr.»
Er ging hinüber zum Coffee-Shop und den Fernsehern über der Theke. McKinney folgte ihm, und sie stellten sich zu mehreren Truckern beiderlei Geschlechts, die Kabelnachrichten schauten. Gerade kam ein Live-Bericht von einem Reporter in der Wüste von Utah.
Einer der Trucker zeigte mit dem Finger hin. «Das ist unten bei Hanksville Junction an der Vierundzwanzig, zwanzig Meilen von hier.»
Ein Raunen ging durch die Zuschauer.
Auf dem Bildschirm war jetzt als Inset ein grünes Nachtsichtvideo. Es zeigte wie Leuchtspurgeschosse am Nachthimmel dahinzischende Raketen und die C-130, die in der Luft explodierte und zu Boden trudelte. Es lief in Endlosschleife, während auf der anderen Bildschirmhälfte der Reporter live berichtete.
«… von dramatischen Geschehnissen am Nachthimmel geweckt. Pentagon-Sprecher wollten sich bisher nicht zu Einzelheiten der Operation äußern, aber der Abschuss einer feindlichen Drohne markiert die erste erfolgreiche Abwehraktion gegen das, was, wie sich jetzt herausstellt, keine Serie von Terroranschlägen ist, sondern eine Welle von Drohnenangriffen auf das Herzland Amerikas. Angriffe, die bislang
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