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Kill Decision

Kill Decision

Titel: Kill Decision Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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überprüfen, ob ihr Softwaremodell der Weberameisengesellschaft korrekt war. Und ob es seinerseits die Grundlage für ein generelles Modell der Hymenoptera-Intelligenz bilden konnte. Was im Idealfall wiederum Einblicke in das Wesen der Intelligenz selbst liefern würde.
    McKinney aktivierte das Tracking-Overlay und sah jetzt leuchtend rote Punkte über einzelnen Weberameisen schweben. Sie wollte sich vergewissern, dass die Computer-Vision-Software Weberameisen richtig erkannte und von ihren größeren und dunkleren Siafu-Feinden unterschied. Die Siafu wurden von der Tracking-Software mit blauen Punkten markiert. Mit der Unterscheidung schien es ganz gut zu klappen. Die roten Punkte aus dem Datensatz würde McKinney benutzen, um den Schwarmangriff der Weberameisen zu analysieren. Der Plan war, die Bewegungen der Weberameisen geometrisch zu erfassen, ihr kollektives Agieren aufzuzeichnen, um es mit ihrem Myrmidon-Computermodell zu vergleichen. Es würde interessant sein zu sehen, wie gut sich ihre Verhaltensalgorithmen schlugen.
    Sie lächelte. Wie auch immer, das hier war super. Endlich bekam sie die Rohdaten, die sie brauchte, um ihr Modell zu verfeinern. Um zu verstehen, wie die Verarbeitungsleistung von Insektengesellschaften zustande kam. Wie Intelligenz aus vergleichsweise unintelligenten Agenten emergieren und ein kollektives Denken ergeben konnte.
    Die einzelne Ameise «wusste» sehr wenig, ihr Gehirn hatte gerade mal eine Viertelmillion Neuronen – gegenüber den hundert Milliarden Neuronen des durchschnittlichen menschlichen Gehirns. Doch bei einer halben Million Ameisen in einer Kolonie stand deren Neuronenzahl der schieren Prozessorleistung des Menschengehirns nicht mehr nach.
    Natürlich besaß eine Ameisenkolonie nichts, was menschlichem Intellekt nahekam, aber es gab da eindeutig eine spezialisierte Intelligenz. Eine, die planen und gezielt handeln konnte. Sie hatte das bei anderen Ameisenarten gesehen, etwa bei Atta laevigata , deren riesige Kolonien, die man in Brasilien freigelegt hatte, acht Meter unter die Erde reichten: regelrechte Großstädte mit einer Millionenpopulation, die in der Lage war, Sauerstoffzufuhr und Temperatur zu regulieren, Pilzfarmen zu betreiben und eigene Ausscheidungsprodukte zu entsorgen.
    Aber die deutlichsten Ausdrucksformen kollektiver Intelligenz hatte McKinney in den staatsartigen Domänen der Weberameisen gefunden, wo diese gleich Dutzende aus Blättern zusammengewebte Nester an strategischen Punkten ihres gesamten Territoriums betrieben und «Melkkühe» in Gestalt von Schmierläusen (Cataenococcus hispidus) hielten. Vorgelagerte Nester dienten als «Garnisonen», um Eindringlinge schon an der Grenze des Territoriums zu bekämpfen. Wenn ein Feind auftauchte, riefen Arbeiterinnen Verstärkung aus diesen Forts herbei, und selbst wenn der Eindringling tausendmal so groß war wie eine einzelne Weberameise, wurde er innerhalb von Minuten umstellt, immobilisiert, zerrissen und anschließend gefressen. Noch interessanter aber waren die Präventivkriege gegen Artgenossen. Das war ein Verhalten, das nur die hochkomplexen Gesellschaften der Menschen und der Ameisen zeigten.
    War das kollektive Processing einzelner Ameisengehirne ein Quantensprung – eine kollektive Intelligenz, die immer dann entstand, wenn Informationsverarbeitung eine kritische Masse erreichte? Diese und ähnliche Fragen faszinierten McKinney – und mit dem Myrmidon-Computermodell war sie auf dem Weg, etwas zu ihrer Beantwortung beizutragen.
    Es klopfte an ihre Labortür.
    «Bin beschäftigt. Was ist?»
    Die Tür wurde geöffnet, und sie hörte die Alltagsgeräusche der Forschungsstation. Eine vertraute Männerstimme sagte hinter ihr: «Hey, ich weiß ja, es geht mich nichts an, aber wollten Sie heute nicht mit Adwele auf E-39 steigen?»
    McKinney erstarrte an ihrer Tastatur. «O Gott …» Sie sah auf die Uhr.
    «Keine Panik. Sie haben gesagt, um eins, und es ist erst fünf vor.»
    McKinney drehte sich zu dem gutaussehenden jungen Entomologen im fleckigen Bowlingshirt um. «Verflixt, ich habe vollkommen die Zeit vergessen.» Sie stand auf und begann, aus einem Metallregal Seilsäcke, Rucksäcke, Helme und anderes Kletterzubehör zusammenzusuchen.
    «Gern geschehen.»
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu. «Sorry, Haloren. Danke für die Erinnerung.»
    «Hab’s nicht für Sie getan, sondern für den Jungen.» Er deutete auf die Monitore. «Ich weiß doch, wie Ihre brutalen kleinen Freunde Sie vereinnahmen

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