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Kill Decision

Kill Decision

Titel: Kill Decision Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Suarez
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positionieren. «Geht’s?»
    «Alles klar.»
    Sie und Akida, der Amani-Ranger, der das Schlusslicht bildete, grinsten sich an. Sie sahen beide etwas von Babu in dem Jungen.
    Als sie weitergingen, sagte Adwele hinter ihr: «Meine Mutter meint, Sie sind zu hübsch, um Ihr Haar kurz zu tragen. Sie sollten es wachsen lassen, damit Sie einen Mann finden.»
    «Oh, danke für den Rat, aber ich bin hierhergekommen, um zu forschen. Und da, wo ich herkomme, brauchen Frauen keinen Mann, der sie ernährt.» Sie zeigte auf Treiberameisen, die in einem breiten Strom den Wegrand entlangkrabbelten. «Schau, da.»
    Adwele blieb stehen, um den Schwarm zu betrachten. «Siafu.»
    «Ja.» McKinney zeigte wieder hin. «Weißt du, dass fast alle Ameisen, die du siehst, weiblich sind?»
    «Auch die Siafu-Soldaten?»
    McKinney nickte. «Auch sie. Die Arbeiterinnen, die Soldaten und die Königin – alles Weibchen. Die Brutpflegerinnen bestimmen die Kaste, der die fertigen Ameisen angehören werden, dadurch, wie sie die Brut füttern. Aber Ameisenjungs produzieren sie nur, wenn sie eine neue Kolonie gründen wollen.»
    «Manchmal braucht man eben doch Jungs, stimmt’s?»
    McKinney lachte. Adwele entging nichts. «Stimmt wohl. Komm, kluges Kerlchen …» Sie machte eine auffordernde Armbewegung. Dabei fiel ihr Blick zufällig auf einen großen Raben, der sie von einem Ast aus beobachtete. Sie war kurz verdutzt, sagte sich dann aber, dass es im Amani-Naturschutzgebiet bestimmt nicht wenige Raben gab. Vielleicht fielen sie ihr ja nur jetzt erst auf.

[zur Inhaltsübersicht]
    6
    Weckruf
    Das Dunkel war heiß und stickig. Wieder so eine Brutofennacht in der Forschungsstation. Es war erst Anfang Dezember, aber die heiße Trockenzeit hatte früh begonnen. McKinney lag in einem Cornell-T-Shirt und Gym-Shorts auf ihrem Bett, unter einem Moskitonetz, und konnte nicht schlafen. Sie hatte das Shirt aufgerollt und fächelte sich den entblößten Bauch mit einem Harvard-Report über Sozialalgorithmen. Schweißnass lauschte sie den Geräuschen des Dschungels um sie herum, Tierrufen und dem unablässigen Zirpen von Grillen.
    Hier draußen gab es keine Klimaanlagen. Nicht dass es unmöglich gewesen wäre, welche zu bekommen, aber über so etwas rümpften hartgesottene Feldforscher (und Bewilligungsausschüsse) die Nase. Was es an Technik in den Busch hinaus schaffte und was nicht, war immer wieder verblüffend. So hatte sie zum Beispiel in den Amanibergen perfekten Handyempfang, aber adäquate medizinische Einrichtungen waren eine Seltenheit.
    Gott, ist das heiß.
    Ihre Fenster waren zwar offen, saßen aber hoch oben in der Wand und ließen so gut wie keine Luft herein, weil sie aus Sicherheitsgründen engmaschig vergittert waren. Auf dem Pelicase neben ihrem Bett lag eine Trillerpfeife, mit der sie im Notfall die Askaris der Station herbeirufen sollte. In der Nacht zuvor hatte es einen Einbruch gegeben. Aber nach dem Vorfall mit der amerikanischen Drohne im Irak hatte die Universität das Sicherheitsteam verdoppelt; wohl, weil ein Drittel der tansanischen Bevölkerung muslimisch war und es ja schon mal einen Anschlag auf die amerikanische Botschaft gegeben hatte.
    Sie wusste, die Kosten für die zusätzlichen Sicherheitsleute würden vom Forschungsbudget abgezogen werden, und fragte sich, ob es wieder so eine Überreaktion war. Daressalam, die alte Hauptstadt, war weit weg, und zu den hiesigen Massai (die größtenteils weder Christen noch Muslime waren, sondern ihren eigenen monotheistischen Gott Enkai anbeteten) hatten die Forscher seit Jahrzehnten ein sehr gutes Verhältnis.
    Apropos Gott: Gott, ist das heiß.
    Sie dachte daran, wie die großen Touristenhotels in Daressalam ihre Zimmer praktisch tiefkühlten, um Malaria übertragende Anopheles gambiae fernzuhalten. Sie hatte sich dort drinnen immer wie ein Eskimo vermummen müssen, selbst wenn es draußen sengend heiß war. Im Moment schien so ein Zimmer ziemlich verlockend. Genauso wie ein kaltes Bier.
    Ihre Gedanken gingen wie so oft in diesen schlaflosen heißen Nächten auf Wanderschaft – und wie immer landeten sie irgendwann bei ihrer Familie. Ihrer Mutter. Ihrem Vater. McKinney war in einer abgelegenen Region von Borneo gewesen, als ihre Mutter krank wurde, und hatte es nicht mehr rechtzeitig nach Hause geschafft. Dieser Schmerz war in solchen Nächten immer präsent.
    Sie drehte sich auf die Seite und betrachtete im schwachen Schein ihres ladenden Handys die gerahmten Fotos. Eins von ihrem

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