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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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sehen.
    Aber weder Fedorow noch Carmen stachen aus der Menge. Glockenschläge dröhnten vom Berliner Dom und mischten sich mit dem Verkehrslärm und der lauten Stimme der Fremdenführerin, die über die Schäden berichtete, die die Museumsinsel im Zweiten Weltkrieg genommen hatte.
     
    *
     
    Nikolaj lauschte den Schlägen der Turmuhr. Irgendwo hinter ihm ratterte ein Presslufthammer. Er hörte Schritte in seinem Rücken und drehte den Kopf. Ein Bauarbeiter in einem blauen Overall kam auf ihn zu. „Hey“, rief der Mann, „hier können Sie nicht bleiben. Das ist Baustelle, Betreten verboten, können Sie nicht lesen?“
    Scheiße. Es war Samstag, was zur Hölle hatte der Kerl hier verloren? Nikolaj warf einen Blick durch die Lücke im Zaun. Der Platz vor der Nationalgalerie war leer bis auf ein paar japanische Touristen.
    „Sind Sie taub?“, fragte der Bauarbeiter angriffslustig. Er war jetzt bis auf wenige Meter heran. Nikolaj musterte den Hofbereich hinter dem Mann. Niemand sonst war zu sehen.
    „Kein Problem“, sagte er, während seine Gedanken sich überschlugen. „Tut mir leid. Ich bin nicht von hier. Ich dachte, ich kann hier quer laufen.“ Der andere stand jetzt auf Armeslänge vor ihm. „Ach wissen Sie was?“, murmelte er, während er in einer glatten Bewegung die Pistole zog. „Ist ja auch egal.“
    Ein Ausdruck barer Überraschung gefror auf dem Gesicht des Bauarbeiters, als Nikolaj ihn mit einem Hieb gegen das Kinn außer Gefecht setzte. Er zerrte den schweren Körper hinter eine mobile Toilette und spähte abermals nach draußen.
    Ein Mann in einer dunkelbraunen Jacke kam in sein Blickfeld, blieb mit dem Rücken zum Zaun stehen und zündete sich eine Zigarette an. Der Geruch von parfümiertem Tabak wehte herüber. Vanille und Sandelholz, eine exotische Mischung, mit der sich Nikolaj nie hatte anfreunden können. Er entsicherte die Beretta und glitt hinaus ins Freie. „Du kannst das Ding wegstecken“, sagte der Mann, ohne sich umzudrehen. „Du wirst das nicht brauchen.“
    „Hallo Viktor.“ Nikolaj spürte, wie Adrenalin in seine Adern schoss. Gleichzeitig senkte sich Ruhe auf ihn herab. Er hatte den Eindruck, jedes Detail mit maximaler Schärfe wahrzunehmen. Der Geruch feuchter Erde, die Spatzen, die sich zwischen den Sandsteinsäulen um Brotkrümel balgten. Ein einzelnes Laubblatt, das an seinem Schuh klebte.
    Kusowjenko nahm noch einen Zug von der Zigarette, dann drehte er sich um. Er hatte sich kaum verändert. Viktor besaß die Statur eines Preisboxers und das Gesicht eines Gelehrten. Eine eigentümliche Mischung, die viele Menschen dazu verleitete, ihn falsch einzuschätzen. Auffällig war sein weißblondes Haar, das wie Kinderflaum die Kopfhaut durchscheinen ließ. Er schob seine Brille ein kleines Stück hoch und streckte er eine Hand aus. „ Sdrastwuj “, sagte er. „Gut, dich zu sehen.“
    Nikolaj wünschte sich plötzlich, dass es keine Lüge war. Er versuchte seine Empfindungen auszuloten, während er Viktor die Hand schüttelte. Zu seiner eigenen Überraschung fand er keinen Groll. Es war erschreckend, aber er konnte Viktors Motive sogar verstehen. „Lass uns ein Stück gehen.“
    „Willst du nicht endlich die Waffe wegtun?“ Kusowjenko ließ die Zigarette fallen und drehte die Handflächen nach oben. „Siehst du einen einzigen von meinen Männern hier? Nein“, beantwortete er sich selbst die Frage. „Ich habe gesagt, ich will reden. Also reden wir. Brauchst du eine Pistole zum Reden?“
    Nikolaj musste lächeln.
    „Wenn du noch länger damit herumfuchtelst“, sagte Kusowjenko in liebenswürdigem Tonfall, „dann ruft am Ende einer der Touristen die Polizei. Und das muss ja nicht sein.“
    Nikolaj sicherte die Beretta und steckte sie seitlich hinter seinen Hosenbund, so dass sie von seiner Jacke verdeckt wurde. Nebeneinander betraten sie den Laubengang.
    „Das ist ein sehr erbaulicher Ort.“ Viktor hielt ihm die Zigaretten hin.
    Nikolaj schüttelte den Kopf. „Danke. Ich hasse die parfümierten Dinger. Wie kannst du so was rauchen?“
    „Kaufst du immer noch die filterlosen? Das wird irgendwann dein Tod sein.“
    „Wo stecken deine Gorillas?“
    „Vielleicht habe ich sie ja zu Hause gelassen?“
    „Du bist vielleicht redselig, aber nicht verrückt.“
    „Hm.“ Kusowjenko zuckte mit den Schultern, dann machte er eine lapidare Handbewegung in Richtung der Straße. „Sie sind irgendwo da drüben, zwischen den Leuten und machen sich schreckliche Sorgen.“ Er

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