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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Brückengeländer. Der Strom der Passanten bildete eine Blase und floss um sie herum wie um ein natürliches Hindernis. „Ich muss auf die Straße achten“, sagte er, „und mich um Viktor kümmern. Ich hätte gern, dass du in die Nationalgalerie gehst. Jetzt gleich. Du kaufst eine Eintrittskarte und steigst hoch in den ersten Stock. Von den Fenstern kannst du das Gelände überblicken.“ Er drückte sich die Muschel des Handy-Freisprechkabels ins Ohr. „Sag mir, wenn du jemanden siehst, der da nicht hingehört.“
    Sie biss sich auf die Unterlippe. „Wie sieht dein Rückzugsplan aus?“
    „Ganz simpel.“ Er lächelte. „Die einfachsten Ideen sind immer die besten.“
    Sie rieb sich über die Nase, eine kleine nervöse Geste. Eine Windböe trieb ihr das Haar ins Gesicht. Er hob die Hand und strich sie beiseite, ohne nachzudenken. Sie duldete seine Berührung. Seine Finger glitten über ihr Kinn, dann ließ er den Arm sinken. „Dir passiert nichts. Du bist eine Touristin, du schaust dir alte Bilder an. Wenn etwas schief geht, bleibst du einfach in der Ausstellung, bis sich die Lage beruhigt hat.“
    „Darum geht es aber nicht.“ Der auffrischende Wind riss ihr die Worte von den Lippen.
    „Worum dann?“ Seine Stimme vibrierte.
    Sie antwortete nicht, doch in ihrem Gesicht arbeitete es. Seine Kehle wurde eng. Schließlich berührte er sie an der Schulter. „Dann los. Sonst sind wir zu spät.“
     
    Er blickte ihr nach, wie sie zwischen anderen Passanten den Kiesweg zu den großen Doppeltreppen herunterlief. Wind zerrte an ihren Haaren, ihre Schritte wirkten schnell und zielstrebig. Sie bog um die Ecke und verschwand.
    Sein Blick streifte zwei Teenager, die auf der Rasenfläche saßen. Der ganzen Szene haftete friedlicher Alltag an. Nichts deutete auf eine bevorstehende Eruption von Gewalt hin. Tief holte er Atem und tastete nach der Beretta, die er in einem Schulterholster unter der Jacke trug. In der Jackentasche befanden sich die zwei Ersatzmagazine. Über seinem rechten Fußknöchel hatte er ein Messer befestigt, eine kleine Waffe mit einer schmalen, sehr stabilen Klinge, die er in Innsbruck gekauft hatte. Er hatte nicht die Absicht, das Zusammentreffen mit Kusowjenko in einem Kampf eskalieren zu lassen, war aber dennoch für Krieg gerüstet. Eine Vorausdeutung der kommenden Ereignisse? Obwohl er Carmen etwas anderes suggeriert hatte, war er keinesfalls sicher, dass er die Waffen nicht doch brauchen würde. Tatsächlich hatte er ein schlechtes Bauchgefühl, und seine Anspannung steigerte sich, je näher das Treffen rückte. Seine Entscheidung, den Plan in letzter Minute zu ändern, war nicht rationaler Überlegung entsprungen, sondern dem dringenden Bedürfnis, Carmen zu schützen.
    Er drückte sich durch eine schmale Lücke im Bauzaun, der das Gelände des Neuen Museums absperrte. Durch die Risse und Spalten zwischen den Sperrholzplatten konnte er den Vorplatz überblicken, ohne selbst von außen gesehen zu werden. Die Zeiger seiner Uhr standen auf kurz vor drei. Noch sieben Minuten. Das Treffen stand unmittelbar bevor.
     
    *
     
    Tal parkte den Wagen in einer Halteverbotszone am Spreeufer, stellte den Motor ab und riss die Fahrertür auf.
    „Viel Glück“, sagte Katzenbaum.
    Rafiq wechselte einen Blick mit Tal, dann liefen sie los. Grob drängten sie sich durch die Menschenmenge. Grolaniks Überwachungsteam war bereits an Ort und Stelle, doch keiner von ihnen hatte Fedorow bisher entdecken können. Die ganze Operation war ein einziges Chaos. Sie tappten im Nebel wie Blinde. Rafiq fragte sich nicht zum ersten Mal, wie der Mossad es geschafft hatte, sich diesen legendären Ruf anzueignen, von dem sie bis heute zehrten. Gewiss nicht durch das Talent, Operationen sorgfältig vorzubereiten und dann geplant durchzuführen.
    Jemand stieß gegen seine Schulter. Er murmelte eine Entschuldigung und stürmte weiter. Hinter der Brücke wurden sie langsamer, um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Rafiq ließ seinen Blick über die Gesichter fliegen, glaubte immer wieder bekannte Züge zu erkennen, nur um Sekunden später festzustellen, dass er sich getäuscht hatte.
    Seine Unruhe wuchs mit jeder Sekunde. Sie liefen fünfzig Meter am Bauzaun entlang, der das Neue Museum abschirmte. Ein Stück voraus stand eine Gruppe Touristen und lauschte einem Stadtführer. Sie schlossen zu ihnen auf und blieben am Rand der Ansammlung stehen. Von hier aus konnte Rafiq die Kolonnaden und dahinter die Bronzestatue

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