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Kill Order

Kill Order

Titel: Kill Order Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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die Glasscheiben konnte Rafiq ihren Rücken sehen. „Was machen wir jetzt?“
    Katzenbaum presste die Finger gegen die Schläfen. „Wir warten.“

13
     
    D
    as Hotelzimmer in Beirut war größer als das in Tripoli und geschmackvoll eingerichtet. Auf dem Tisch stand eine Vase mit Freesien, deren Duft sich mit einem schwachen Geruch nach Möbelpolitur vermischte. Die Vorhänge waren zugezogen, und als Nikolaj sie zur Seite schob, entdeckte er dahinter hölzerne Schiebetüren, die das einfallende Licht filterten.
    Er hatte einen Zwischenhalt in Byblos gemacht und war ein paar Stunden zwischen den Ausgrabungen umher gelaufen. Wieder hatte er überprüft, ob jemand ihm folgte. Auf der Autobahn hatte er einen Wagen beobachtet, der eine Zeitlang hinter ihm gefahren war. Aber auch das hatte sich als falscher Verdacht herausgestellt. Irgendwann kurz vor Beirut war der Fahrer abgebogen.
    Angekleidet ließ Nikolaj sich aufs Bett fallen und schloss die Augen. Er war müde, die Erschöpfung durchdrang Körper und Geist. Fast wünschte er sich inzwischen, etwas zu finden. Jemanden, der ihn beschattete. Eine Wanze im Telefon. Einfach einen Beweis, dass er sich das alles nicht einbildete.
    Und nun war er in Beirut. Dem neuen Beirut, einer Großbaustelle, Phönix aus der Asche. Die Lager waren nicht verschwunden. Shatila, Dbayeh, Burj-el Barkijneh, immer noch Brandherde, heute vielleicht mehr denn je. Hier offenbarte sich die dunkle Seite der Stadt, aber es war kein Phänomen, das sich auf Beirut beschränkte. Nahezu jede große Stadt im Nahen Osten hatte ihren Elendsgürtel aus palästinensischen Flüchtlingslagern, die zugleich als Schlupfwinkel und Rekrutierungsfeld für die verschiedenen Guerilla-Organisationen dienten. Er öffnete die Augen. Vergessene Momente erwachten zum Leben, Erinnerungen gewannen ihre Farben zurück. Das war der Fluch dieser Stadt. Ihre Bilder, Klänge und Gerüche beschworen die Vergangenheit herauf. So viele Erinnerungen, die an einem Stein hafteten, einer Straße, einem Kastanienbaum.
    Er setzte sich auf. Vom Korridor hörte er Stimmen, eine Unterhaltung, das Lachen einer Frau. Schritte verklangen, irgendwo fiel eine Tür ins Schloss.
     
    *
     
    „Er ist im Monroe Hotel abgestiegen“, sagte Katzenbaum.
    Ihr Aufbruch erfolgte in aller Eile. Nur Sofia blieb in der Wohnung zurück. Alex buchte sich ebenfalls im Monroe ein. Er gab sich als Bauingenieur aus, der bei der deutschen Firma HTB angestellt war. Laut seiner Legende reiste er regelmäßig nach Beirut, um die Baustellen zu begutachten und sich mit den örtlichen Repräsentanten von HTB, so auch Carmen, abzustimmen. Das gab ihnen einen Vorwand, Carmen direkt im Hotel zu positionieren.
    Sami mischte sich unter die Passanten. Er sollte den Eingangsbereich des Hotels im Auge behalten und melden, wenn Fabio auftauchte und welche Richtung er einschlug. Es gab drei Restaurants in Gehweite vom Hotel. Die Chancen standen nicht schlecht, dass er in einem davon zu Abend essen würde.
    Katzenbaum fuhr mit Carmen und Rafiq in die Dar-es Mreisse Straße, die zwei Blocks vor dem Monroe Hotel von der Corniche abzweigte. Rafiq saß auf dem Rücksitz. Er konnte an diesem Abend nichts weiter tun, als zu warten.
    Carmen trug einen eleganten Hosenanzug aus hellgrauer Seide und hochhackige Schuhe. Sie hatte sich die Haare auf Kinnlänge kürzen und in einem hellen Blond-Ton färben lassen, ganz wie früher. Auf die pinkfarbene Strähne im Pony hatte sie verzichtet, aber auch so war das Ergebnis überwältigend. Katzenbaum war selbst überrascht gewesen, wie ähnlich sie der Studentin von vor fünfzehn Jahren sah.
    Direkt an der Corniche ließen sie Tal aus dem Wagen. Der Plan sah vor, dass Carmen sich mit Tal und Alex zu einem Geschäftsessen traf. Tal spielte einen einheimischen Investor, der sich für die Wohnungen interessierte, die die Firma HTB errichtete. Carmen hatte den Abend arrangiert, um Tal ihrem Kollegen Alex aus Deutschland vorzustellen. HTB war eine Tarnfirma, eine von tausenden, die in den Kellern des Mossad schlummerten. Die Legende war nicht perfekt, aber für Katzenbaums Zwecke mehr als hinreichend.
    Katzenbaum parkte in einer Seitengasse. „Alles okay?“, fragte er.
    Carmen nickte.
    „Sobald du einen Hinweis findest, der ihn mit der Fabio-Identität in Verbindung bringst, ziehst du dich zurück. Versuch nicht, tiefer zu graben. Du tust nichts, was ihn Verdacht schöpfen lässt.“
    „Klar.“ Sie öffnete den Wagenschlag. Ein paar Häuser

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