Kill Order
was er hörte.
„Er sagte uns, dass wir einen guten Fang machen würden. Dass wir dort Rafiq Abou-Khalil fassen würden, einen Prinzipal von Georg Habbash. Er sagte, dass Sie einer der Männer sind, mit denen Habbash seine Pläne diskutiert. Das war uns die Bezahlung wert.“
Rafiq schloss die Augen. Ihm war schwindlig. Er wollte Wut spüren, aber alle Kraft war von ihm gewichen. Er fand nur Leere.
„Ich denke jetzt, dass Fedorow uns einfach eine Geschichte erzählt hat. Ich glaube, er hat das erfunden, um den Preis hochzutreiben.“
„Habt ihr ihn gehen lassen?“ Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab.
Katzenbaum zuckte mit den Schultern. „Warum hätten wir ihn festhalten sollen? Er wollte einen Deal machen, das tun viele.“
„Und Carmen? Lebt sie?“
„Die Deutsche?“ Katzenbaum drückte die Zigarette auf dem Boden aus. „Ja, sie lebt. Aber es geht ihr nicht gut.“
19
Wadi Qadisha | Libanon , Gegenwart
N
ikolaj erwachte schweißgebadet. Durch den Höhleneingang fielen Sonnenstrahlen. Er fuhr hoch, tastete nach der Pistole und entspannte sich, als er die Waffe neben seinem Kopf fand, zusammen mit der Taschenlampe.
Carmen lehnte mit verdrehtem Oberkörper an der Wand, die Arme nach oben gezogen, wo er sie an den Eisenring gefesselt hatte. Ihren Kopf hatte sie nach vorn auf die Brust sinken lassen, ihr Haar verdeckte halb das Gesicht. Irgendwann in der Nacht war die Decke von ihren Schultern gerutscht. Scham stieg in ihm hoch wie ein schnell wirkendes Gift.
Mühsam richtete er sich auf. Er fühlte sich fiebrig, die Lippen trocken, seine Augen brannten. Sein Verband war unversehrt, doch er ahnte, dass die Wunde sich entzündet hatte. Wenigstens war der Schmerz zu einem dumpfen Pochen verklungen.
Er hob die Glock auf und ließ das Magazin heraus gleiten. Eine Patrone steckte noch darin, plus der in der Kammer – blieben zwei Schuss.
Carmen regte sich. Das Geräusch hatte sie geweckt. Sie hob ihren Kopf und offenbarte Kratzer und geschwollenen Blutergüsse, die ihr Gesicht entstellten. Das Gefühl der Scham in ihm loderte stärker.
Er wandte sich ab. Das hier würde nicht ewig andauern. Er musste sich um ein paar Dinge kümmern, danach würde es leichter werden. Zuerst brauchte er frische Kleidung, Medikamente und Geld. Danach ein anderes Fahrzeug. Und eine Waffe. Die hier konnte er nicht behalten. Abgesehen davon, dass er kaum noch Munition besaß, wusste er nicht, auf wen aus der Glock mit dem aufgeschraubten Schalldämpfer bereits geschossen worden war. Es war nicht ratsam, eine Kanone mit sich herumzutragen, deren Geschichte man nicht kannte.
Er stand auf und schob die Pistole hinten in seinen Hosenbund. Steifbeinig ging er nach draußen, um sich zu erleichtern. Tau durchweichte seine Schuhe und die Hosenbeine, als er ein paar Schritte den Hügel hinab machte. Das Tal lag schweigend im Morgenlicht. Sie waren weit und breit die einzigen Menschen.
Als er in die Höhle zurückkehrte, zog Carmen sich an dem Eisenring nach oben. Er blieb stehen und sah sie an. „Ich muss pinkeln“, stieß sie hervor. In ihrem Mundwinkel haftete getrocknetes Blut. „Außerdem spüre ich meine Hände nicht. Ich wusste immer, dass du ein Arschloch bist, Nik. Aber dass du einen sadistischen Zug hast, weiß ich erst seit gestern.“
„Tut mir leid.“ Er brachte kaum die Stärke auf, ihrem Blick standzuhalten. Die Schuld brannte wie Säure in seiner Kehle. Die Ereignisse der letzten Nacht schienen weit entfernt, ein böser Traum, zu Schemen verblasst. Die Art, wie er sie behandelt hatte, kam ihm plötzlich unangemessen brutal vor. Er hob das Taschenmesser auf und durchtrennte das Klebeband, das ihre Hände an der Krampe fixierte. Mit einem Schmerzenslaut ließ sie die Arme sinken. Er bückte sich und löste ihre Fußfesseln, dann legte er einen Arm um ihre Hüften und half ihr auf. „Kannst du laufen?“
Sie antwortete nicht. Stattdessen machte sie ein paar vorsichtige Schritte in Richtung des Ausgangs. „Es tut weh“, murmelte sie.
„Das geht vorbei.“ Er fühlte sich hilflos und flüchtete sich in kühle Sachlichkeit. „Geh voran, und versuch bitte keine Dummheiten.“
Sie drängte sich durchs Gebüsch ins Freie. Er folgte ihr dichtauf. Nach ein paar Metern blieb sie stehen und drehte sich um. „Was ist?“, fuhr sie ihn an. „Willst du mir beim Pinkeln zusehen oder was?“
Er machte eine Kopfbewegung zur Seite. „Geh nicht zu weit, sonst hole ich dich zurück.“
Sie maß ihn mit
Weitere Kostenlose Bücher