Kill Whitey
war nicht unter den Gästen, und um ehrlich zu sein, ich verspürte Erleichterung darüber. Trotz des Umstands, dass auch er öfter hinging, wäre es mir peinlich gewesen, ihm über den Weg zu laufen. Es hätte den Anschein erweckt, als würde ich herumschnüffeln. Tief in meinem Innersten fühlte ich mich tatsächlich wie eine Art Stalker. Aber das änderte nichts.
Ich musste sie sehen.
Und das tat ich.
Wieder und wieder und wieder. Sondra verkörperte die Droge meiner Wahl, und ja, ich war ihr verfallen. Jesse und Darryl hatten recht gehabt: Es hatte mich schlimm erwischt. Sie machte süchtiger als Methamphetamine. Das Odessa wurde mein neues Stammlokal. Ich ging vor der Arbeit hin, nach der Arbeit, an den Wochenenden – wann immer ich Zeit und Geld hatte. Ich fing sogar an, darüber nachzudenken, mir einen zweiten Teilzeitjob zu suchen, um für all die Lapdances bezahlen zu können. Bei jedem Besuch gönnte ich mir einen. Ich nützte die Zeit, um mich mit den Mädchen zu unterhalten und mich über Sondra zu erkundigen – wie sie war, ob sei einen Freund hatte, wie lange sie schon dort arbeitete, derlei Dinge. Die meisten Tänzerinnen erwiesen sich zunächst als misstrauisch. Eine fragte mich sogar, ob ich ein Bulle sei. Keine von ihnen erzählte mir etwas Nützliches. Trotzdem versuchte ich es weiter. Und außerdem – ein Lapdance ist ein Lapdance.
Schon bald traf ich Jesse dort. Nachdem somit die Katze aus dem Sack war, fingen wir an, die Zeit gemeinsam im Odessa zu verbringen. Manchmal kam auch Darryl mit – Yul hingegen nicht. Er hatte sich schuldig gefühlt und Kim alles gebeichtet. Sie war daraufhin ausgerastet und hatte ihm verboten, uns je wieder dorthin zu begleiten. Meist jedoch zog ich es vor, allein hinzufahren. Allein in seiner Wohnung rumzuhocken, ist eine Sache, allein ein Striplokal zu besuchen, eine völlig andere. Ich konnte mich besser konzentrieren, wenn meine Freunde nicht dabei waren. Es war einfacher, einen Lapdance zu genießen und mit den Mädchen zu reden, ohne gestört oder gefoppt zu werden.
Und ich konnte Sondra ohne Ablenkung beobachten.
Ich schätze, nach einigen Wochen wurde ich als Stammgast betrachtet. Ich kreuzte öfter als Jesse auf, der noch andere Lokale hatte, in denen er sich gern herumtrieb. Sobald ich aufhörte, Fragen über Sondra zu stellen, erwärmten sich die Mädchen ein wenig für mich. Oder zumindest für meine Kohle.
Einige der Tänzerinnen, darunter Tonya, redeten mich mit meinem Namen an, erkundigten sich nach meiner Arbeit, nach Webster und dergleichen. Auch einige der anderen Stammgäste erkannten mich wieder. Ein paar merkten sich sogar meinen Namen oder tranken Bier mit mir. Überwiegend jedoch blieben wir unter uns. Schließlich ging man nicht ins Odessa , um Freundschaften zu schließen. Man kam nur aus einem Grund hin: Frauen.
Dennoch, die Atmosphäre war freundlich. Die Rausschmeißer starrten mich nicht mehr so finster an. Und Otar, der Türsteher, erwiderte doch tatsächlich mein Nicken, wenn ich ging. Seine grauen Augen betrachteten mich zwar nach wie vor, als wäre ich eine Made, doch selbst ein Nicken war eine Anerkennung.
Die einzigen beiden Personen, mit denen ich keinerlei Kontakt hatte, waren Whitey – und Sondra.
Whitey glich einem Rätsel. Ich sah ihn gelegentlich. Entweder lief er durch das Lokal oder stand im hinteren Bereich. Ich erfuhr, dass er dort ein Büro hatte, in dem er viel Zeit verbrachte. Auch ein Obergeschoss gab es im Odessa . Beim ersten Besuch war mir das nicht aufgefallen, weil sich die Treppe hinten neben den Toiletten befand. Ich war zwar noch nicht oben gewesen, aber man hatte mir gesagt, dass dort Separees zur Verfügung standen, in die man sich mit seiner Lieblingsstripperin zurückziehen konnte, um sich von ihr den ›verbotenen Tanz‹ zeigen zu lassen. Wie sich herausstellte, hatte Jesse keinen Müll erzählt – zumindest, was das anging. Ich war zu feige für den ›verbotenen Tanz‹, außerdem bot Sondra ihn nicht an, also hatte es auch keinen Sinn. Für mich drehte sich alles um sie. Sogar jeder Lapdance, den ich von den anderen Mädchen bekam, hatte mit Sondra zu tun.
Was den Rest von dem anging, was Jesse gesagt hatte, sah ich keine Anzeichen darauf, dass Whitey und seine Angestellten Mafiosi waren. Hartgesottene Kerle, keine Frage, aber keine Gangster. Tonya hatte das Thema nicht mehr angeschnitten, und ich erkundigte mich nicht danach. Das Einzige, was ich mit Sicherheit über Whitey wusste,
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