Kill Whitey
hatte, verkörperte ich seine Mitfahrgelegenheit zur Arbeit. Er würde mich unter keinen Umständen aus der Pflicht entlassen, und ich würde ihm unter keinen Umständen den Cherokee anvertrauen. Darryl hatte in den vergangenen zweieinhalb Jahren drei Unfälle mit Totalschaden gebaut.
Es war kurz nach zehn. Wir riefen Yul an und lachten über ihn. Er befand sich gerade auf dem Nachhauseweg von einer Blumenausstellung auf dem Messegelände von York. Kim hatte ihn gezwungen, sie zu begleiten. Dabei musste der arme Kerl um drei Uhr aufstehen und zur Arbeit.
Wir tranken Bier, sahen den Tänzerinnen dabei zu, wie sie die Tangas abstreiften, und vergnügten uns. Zunächst schien alles normal zu sein, aber nach der ersten Stunde fiel uns auf, dass etwas nicht stimmte.
Das erste Anzeichen darauf war, dass Sondra ihren Auftritt verpasste. Der DJ kündigte sie an und legte ihren Song auf – wieder Gwen Stefani. Die Lichter wurden gedämpft. Der rote Spot schwenkte auf die Bühne – doch die blieb leer. Keine Sondra. Der DJ rief erneut ihren Namen, aber sie tauchte nicht auf. Aus dem Publikum ertönten einige Buhrufe und etwas Jubel. Die Rausschmeißer schauten verärgert drein. Ich setzte mich aufrecht hin und sah mich verwirrt um. Der DJ rief Sondra ein drittes Mal, und als sie die Bühne immer noch nicht betrat, improvisierte er rasch.
»Planänderung, Leute. Sondra kommt etwas später zu uns. Bestimmt wollt ihr sie nicht verpassen. In der Zwischenzeit bitte Applaus für die liebreizende, sinnliche Lakita! Lasst sie uns nach Odessa -Manier begrüßen. Klatscht alle tüchtig in die Hände!«
Eine junge Schwarze eilte auf die Bühne. Im Gegensatz zu den anderen Tänzerinnen war sie vollständig bekleidet, als wäre sie hinter der Bühne überrascht worden. Sie wirkte verwirrt, und es war offensichtlich, dass sie nicht daran gewöhnt war, zu diesem Lied zu tanzen. Aber sie fing sich rasch, begann, sich zu rekeln, und streifte mit jeder Strophe mehr Kleidung ab.
Tonya ging auf dem Weg zu einem Lapdance für einen Gast zwei Tische weiter an uns vorbei. Ich hielt sie an.
»Wie geht’s euch, Jungs?«
»Gut«, antwortete ich. »Aber was ist mit Sondra? Ist sie krank oder so?«
»Oooh«, zog mich Jesse auf. »Larry vermisst seine Freundin. Ist das nicht süß?«
Er und Darryl rempelten einander kichernd mit den Ellbogen.
Tonya ignorierte sie. »Keine Ahnung. Sie war früher hier. Aber ich bin die ganze Nacht noch nicht hinten gewesen. Vielleicht ist sie auf der Toilette.«
Ich nickte. Es hörte sich einleuchtend an.
»Ich muss weiter«, sagte Tonya und eilte von dannen. Die Gäste an dem anderen Tisch stießen Pfiffe aus, als sie sich ihnen näherte. Ich wandte mich an Darryl und Jesse.
»Vielleicht hat sie die Regel«, meinte Jesse. »Wenn sie ihre Blutung hat, kann sie nicht tanzen.«
Ich erwiderte nichts. Stattdessen stand ich auf und wollte mich in Bewegung setzen. Darryl hielt mich am Ellbogen zurück.
»Wo willst du denn hin?«
»Pinkeln. Bin gleich zurück. Hebt mir ein Bier auf.«
Nickend richtete er die Aufmerksamkeit wieder auf Lakita, der es mittlerweile gelungen war, das Publikum für sich zu gewinnen. Ich steuerte auf die Toiletten zu.
Das Herrenklo im Odessa war dreckig, und ich hasste es. Nachdem ich es zum ersten Mal benutzt hatte, fiel es mir leicht zu verstehen, warum wir Leute auf dem Parkplatz pinkeln gesehen hatten – dort war es nicht nur angenehmer, sondern auch sauberer.
Die Toilette verfügte über zwei Pissoirs, drei Kabinen und zwei Waschbecken. Alle waren mit Dreck und Flecken übersät. Die Toilettensitze waren rissig und lose. Sie wackelten, wenn man sich daraufsetzte. Bei einem der Pissoirs hatte ein Rohr ein Leck, weshalb sich für gewöhnlich auf dem Boden darunter eine Lache befand. An der Wand hingen neben einem gesprungenen Spiegel ein Papierhandtuchspender und ein Kondomautomat. Der Linoleumboden war erbsengrün, und meine Schuhe blieben daran kleben. Die Kabinen und die Wände wiesen dieselbe kränkliche Farbe wie der Boden auf.
Das Pissoir zur Linken benutzte ein alter Bursche. Er stützte sich mit einer Hand an der Wand ab und schwankte betrunken hin und her. Etwa jeder vierte Tropfen seines Pinkelstrahls traf den Boden statt des beabsichtigten Ziels. Er pfiff durch die Nase, als er atmete. Ich schenkte ihm keine Beachtung, ließ ein Pissoir Abstand zwischen uns und stellte mich vor jenes rechts, wo ich mich eilig daran machte, mein Geschäft zu erledigen. Dabei
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