Kill Whitey
oder Beziehungen, die sich gerade mal über ein Wochenende erstreckten. Aber nichts Dauerhaftes, Bedeutungsvolles oder Ernstes. Die Barszene hatte ich aufgegeben. Die Frauen, die ich dort kennenlernte, entpuppten sich in der Regel als völlig durchgeknallt. Zumeist fand ich das erst heraus, nachdem ich einige Wochen mit ihnen gegangen war. Alle waren entweder hysterische Tussis, süchtig nach Aufmerksamkeit oder allgemein gestört – und eine war sogar verheiratet gewesen ... was sie mir bei unserer vierten Verabredung offenbarte, als ihr Mann früher von der Arbeit nach Hause kam.
Natürlich gab es auch bei GPS Frauen, aber nicht in meinem Ladebereich, und während der Arbeit gestaltete es sich schwierig, ihnen zu begegnen. Schließlich konnte ich nicht einfach in einen anderen Ladebereich spazieren und sagen: ›Hi, ich bin Larry Gibson. Ich kenne dich zwar nicht, aber hättest du Lust, mal mit mir auszugehen?‹
Zum einen konnte ich mich nicht so lange von meinen Lastern entfernen, sonst würde ich den gesamten Betrieb aufhalten.
Zum anderen wollte ich nicht wie ein Stalker wirken, der auf wildfremde Frauen zuging und sie zu Verabredungen einlud. Meine Mom hatte mir mal vorgeschlagen, zur Kirche zu gehen, um dort ein nettes Mädchen kennenzulernen, aber ich hatte es nicht so mit der Kirche, und ich bezweifelte, dass ich viel mit einer Frau gemeinsam haben könnte, die ich dort anträfe.
Einmal hatte ich einen Single-Abend in der örtlichen Filiale von Borders Books besucht, und es war eine Katastrophe. Wie sich herausstellte, konnten Frauen dem Bereich mit Jagdbüchern wenig abgewinnen, und mich interessierten weder Frauenliteratur noch Gedichte oder Zeitgeschehen.
Bars. Kirchen. Buchläden. In York gab es schlicht und ergreifend nicht allzu viele Orte, an denen man Frauen kennenlernen konnte.
Aber nun konnte ich meiner Liste das Odessa hinzufügen.
Während ich abermals an Sondra dachte, aß ich zwei Müsliriegel, die ich mit einem Bier hinunterspülte. Ein Frühstück für wahre Männer. Webster steckte den Kopf in seinen Fressnapf und schnupperte an seinem Futter, dann kehrte er mir den Schwanz zu und stakste von dannen.
»Du mich auch, Kumpel.«
Meine Wohnung war nichts Besonderes. Schlafzimmer, Wohnzimmer, Bad und Küche – eingerichtet mit Krempel, den ich von Garagenverkäufen, aus Gebrauchtwarenläden und von Wal Mart hatte.
Die einzigen schönen Dinge, die ich besaß, waren mein Plasma-Großflächenfernseher und meine Stereoanlage, die beide dem neuesten Stand der Technik entsprachen. Ich hatte dafür mehr Geld ausgegeben als für meinen Jeep Cherokee. Ergänzend kam eine recht teure DVD- und CD-Sammlung hinzu. Bei meinem Satelliten-TV-Betreiber hatte ich die Spiele der NFL und die Rennserie der NASCAR abonniert, und ich nannte sowohl eine Xbox als auch eine Playstation mein Eigen. Zu guter Letzt war da noch ein Computer, den ich kaum einschaltete. Mein E-Mail-Posteingang blieb so leer wie mein Anrufbeantworter, und für Pornos und Spiele konnte ich auch den Fernseher benutzen.
Damit waren meine Habseligkeiten so ziemlich zusammengefasst. Alles andere waren Nebensächlichkeiten, das Notwendigste. Eine Junggesellenbude par excellence . Der Kühlschrank war nie voll und beherbergte bestenfalls Reste vom Vortag, Pizza und Bier. Die meisten Schränke im Badezimmer waren leer, enthielten nur einige Rollen Klopapier und Zahnpasta. Eigentlich hatte ich auch wenige Möbel. Die meisten Räume wirkten größer, als sie tatsächlich waren, weil sich recht wenig in ihnen befand.
Es war mein Zuhause, zugleich jedoch der einsamste Ort der Welt.
Mein Heim. Mein Kerker.
Ich trank mein Bier aus und begab mich auf die Suche nach Webster. Ich fand ihn eingerollt auf meinem Bett, wo er sich ein Nickerchen gönnte. Er öffnete ein Auge und sah mich geringschätzig an. Seufzend legte ich mich neben ihn und schloss die Lider. Webster regte sich, schmiegte sich an mich und tat es mir gleich. Sein Fell kitzelte meine Nase, sein Schnurren vibrierte durch meine Brust.
Ich erinnere mich noch, dass mir vor dem Einschlafen durch den Kopf ging, wo Sondra wohnen mochte und ob sie sich ebenso einsam fühlte wie ich, wenn sie sich dorthin begab.
6
Zwei Nächte später kehrte ich ins Odessa zurück, einige Stunden, bevor meine Schicht anfing. Ich erzählte weder Yul noch Darryl davon, und Jesse traf ich nicht. Ich hatte gedacht, er würde vielleicht dort sein, zumal es sich um eines seiner Stammlokale handelte. Aber er
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