Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
Vom Netzwerk:
In meinen Ohren summte es beständig, und mein gesamter Schädel pochte. Es fühlte sich an, als ramme mir unablässig jemand einen Eispickel in den Gehörgang, und meine Kopfhaut schmerzte ebenfalls. Ich spähte in die Schatten und zuckte vor Pein zusammen. Sondra war während der Rangelei nicht an uns vorbeigelaufen, demnach musste sie sich irgendwo hier aufhalten.
    Ich fegte einige herabhängende Spinnweben beiseite, trat in die Schatten und wartete, bis sich meine Augen an die Düsternis gewöhnten. Wasser tropfte mir auf den Kopf. Ich schaute auf und erblickte ein rostiges Rohr, das ein Leck aufwies. Ich wischte mir die Nässe vom Kopf und wand mich, als meine Haut mit meinen versengten Haaren in Berührung kam. Sie fühlten sich wie Stahlwolle an – spitz und spröde. Als ich die Finger zurückzog, waren sie rot. Wenn ich diese Geschichte überlebte, würde ich mir eine Weile den Kopf rasieren müssen, bis meine Haare nachwuchsen – sofern sie es denn täten.
    »Sondra? Bist du hier? Du kannst jetzt rauskommen. Whitey kann dir nichts mehr anhaben. Ich habe ihn getötet.«
    Stille. Sofern sich Sondra irgendwo in der Düsternis versteckte, war sie zu verängstigt, um mir zu antworten.
    Ich versteckte Whiteys leere Pistole unter einem schimmelnden Haufen alter, schmieriger Werkstattlappen. Sie sahen aus, als hätte sie seit Jahren niemand mehr angefasst. Mit etwas Glück würde es so bleiben. Hätte ich klarer gedacht, ich hätte die Waffe wohl an einem besseren Ort versteckt, aber in meiner damaligen Verfassung war dies das Beste, was ich zustande brachte.
    »Sondra? Wir sollten uns unterhalten, findest du nicht? Whitey hat mir etwas erzählt, das ... na ja, etwas, das ziemlich scheiße klingt. Eigentlich sogar mehrere Dinge. Ich muss wissen, ob er die Wahrheit gesagt hat.«
    Keine Antwort. Allmählich beschlich mich wieder Wut auf sie. Whitey hatte nicht gelogen. Davon war ich überzeugt. Ich hatte seinen Gesichtsausdruck gesehen, seine Stimme gehört. Das Baby stammte von ihm, und er hatte versucht, Sondra davon abzuhalten, es umzubringen. Hätte er dabei nicht drei meiner Freunde getötet, wäre es ein fast nobles Verhalten gewesen. Für das Leben. Für die Wahlmöglichkeit. Spielte keine Rolle, denn diesmal endete beides mit dem Tod. Sondra hatte mich belogen. Und obendrein war da noch der Umstand, dass Geld fehlte. Hatte sie vorgehabt, mich auch dafür zu benutzen? Waren meine Freunde dafür gestorben? War das verfluchte Geld die Zerstörung meines Lebens wert?
    Als ich die ferne Wand erreichte, fiel mir eine graue Metalltür auf, die versteckt in den Schatten hinter einem Geröllhaufen lag. Langsam näherte ich mich ihr. Der Staub auf dem Boden ringsum war unlängst aufgewirbelt worden. Fußabdrücke und eine große Spur, wo sich die Tür geöffnet und wieder geschlossen hatte, prangten darin. Ich zog am Griff. Es war nicht abgeschlossen. Die Angeln knarrten so laut, dass sogar ich sie hören konnte. Tageslicht strömte durch die offene Tür und blendete mich kurzzeitig. Der Ausgang führte auf ein leer stehendes Grundstück hinter dem Lagerhaus. Hohes Unkraut wogte in der Brise. Ringsum standen weitere verwahrloste Lagerhäuser und Gebäude. Die Polizei sah ich weit und breit nicht. Auch hörte ich weder Sirenen noch Helikopter, allerdings war ich nicht überzeugt davon, dass ich meinem Gehör vertrauen konnte. Ich trat hinaus in die Sonne, kauerte mich hinter ein leeres Ölfass und sah mich gründlich um. Kein Zeichen von Sondra – oder sonst jemandem. Ich war ziemlich sicher, dass die Luft rein war. Fragte sich nur: Wie lange würde es so bleiben?
    »Sondra!«, rief ich. »Wo bist du?«
    Immer noch keine Antwort.
    Unschlüssig, was ich als Nächstes tun sollte, saß ich eine Weile da, verschnaufte und versuchte, nicht zu schaudern. Ich war erschöpft. Meine Hände zitterten, und trotz der Wärme des Tages klapperten meine Zähne. Meine blutbefleckten Kleider waren steif und klebrig und schabten an einigen Stellen an der Haut. Ich brauchte eine Dusche, eine Packung Aspirin, ein eiskaltes Bier und vierundzwanzig Stunden Schlaf. Danach würde ich ausgiebig weinen. Und die Dinge mit der Polizei klären, sofern das möglich war. Und meine toten Freunde begraben. Und wieder weinen. Und nach meiner Katze sehen. Und zu einem normalen Leben zurückkehren – einem Leben, das mir mit jedem verstreichenden Augenblick weiter zu entgleiten schien.
    Nach einigen Minuten verblasste das Summen in meinen Ohren zu

Weitere Kostenlose Bücher