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Kill Whitey

Kill Whitey

Titel: Kill Whitey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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die Schritte näherten. Whitey durchsuchte das Hinterzimmer und betrat danach den Flur. Kurz hielten seine Schritte inne. Ich stellte mir vor, wie er grinsend in der Dunkelheit stand. Konnte er uns, das Blut an unseren Kleidern riechen? Oder unsere Angst? Ich erinnerte mich daran, was er zu Sondra gesagt hatte, als wir uns mit Yul in dem Lagerhaus versteckten – dass er wusste, wo sie sich versteckte, weil er ihr Baby spüren konnte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich das als blanken Unfug abgeschrieben. Ich hielt es für einen Trick, um uns hervorzulocken und unseren Aufenthaltsort preiszugeben. Nun jedoch, mit meinen neuen Erkenntnissen, war ich da nicht mehr so sicher.
    Ich hatte nie an Übernatürliches geglaubt. Na ja, jedenfalls nicht richtig. Die Volksmagie in Pennsylvania und die traditionelle Heilkunde in den Appalachen waren eine Sache – Dämonen, Monster und übersinnliche Kräfte eine völlig andere. Bei näherer Betrachtung lief Volksmagie auf Kräuter und Alternativmedizin hinaus, vermischt mit etwas guter, alter Religion. Einige der Zutaten eines durchschnittlichen Volksmagiezaubers bekam man auch im örtlichen Reformhaus oder im Gang für Bioprodukte im Supermarkt. Monster und Schreckgespenster ließen sich weder so einfach erklären noch so einfach beziehen. Sie waren nicht in der Realität verwurzelt. Sie begegneten mir nicht tagtäglich, und deshalb existierten sie für mich nicht. Doch trotz meiner Gefühle und Ungläubigkeit, wandelte ein Monster unter uns. Eine von Hass, Besessenheit oder etwas anderem angetriebene Leiche, die nicht aufhören würde, ehe wir tot waren. Den Beweis hatte ich mit eigenen Augen gesehen. Ob man ihn als Zombie, als besessen oder sonst irgendwie bezeichnete, es blieb die Tatsache, dass Whitey Putin uns immer noch verfolgte, obwohl sämtliche Gesetze der Medizin, der Wissenschaft und der simplen Logik besagten, dass er längst mausetot sein sollte.
    Wenn Whitey die übernatürlichen Fähigkeiten besaß, am Leben zu bleiben, obwohl ihm der halbe Kopf weggeschossen worden war, Polizisten abzuschlachten, während sie ihn voll Blei pumpten, und trotz Blutverlust, Verstümmelungen und schweren Organschädigungen weiterzuatmen – warum sollte er dann nicht in der Lage sein, das Baby zu spüren? Wieso sollte er uns nicht durch den Samen finden können, den er in Sondras Bauch gepflanzt hatte? Es ergab durchaus Sinn. Angeblich brauchte er diese Stammzellen. Vielleicht riefen sie ihn, zogen ihn auf dieselbe Weise an, wie Sondra es in all den langen, einsamen Nächten bei mir getan hatte, in denen ich sie auf der Bühne beobachtet hatte.
    Langsam kamen die Schritte den Flur herab. Die Tür zum Männerwaschraum öffnete sich knarrend. Wir hörten, wie sie auf rostigen Angeln auf und zu schwang. Ein Widerhall begleitete die Schritte, als Whitey den Raum durchsuchte. Dann betrat er wieder den Korridor und wiederholte den Vorgang im Damenwaschraum. Als er fertig war, kam er abermals zurück in den Gang. Seine Schritte verstummten vor der Pausenraumtür.
    Angst ist etwas Erstaunliches. Sie durchströmte mich zu dem Zeitpunkt, aber all meine Schmerzen waren verflogen. Ich fühlte mich vollkommen lebendig – und sei es nur, weil ich dem Tod so nahe war.
    »Ich habe eine Pistole«, sagte Whitey. »Ich habe sie einem der Polizisten draußen abgenommen. Es wird ihn wohl nicht weiter stören, zumal er gerade brennt. Eigentlich bin ich sicher, dass er inzwischen nur noch Asche ist. Wie sagt man doch so schön? Asche zu Asche, Staub zu Staub. Irgendwie passend, oder?«
    Ich schauderte. Der Schweiß auf meinen Armen und an meinem Kopf fühlte sich eiskalt an. Sondra zitterte neben mir. Sie ließ meine Finger los und legte die Hände auf den Bauch.
    »Jedenfalls«, fuhr Whitey fort, »braucht er sie nicht mehr. Es ist eine sehr schöne Waffe. Mit ausgesprochen hoher Durchschlagskraft. Natürlich könnte sie mir nicht viel anhaben, aber ich denke, bei euch beiden wird sie recht spektakuläre Ergebnisse erzielen.«
    Er betrat den Pausenraum. Ich spähte durch die Lücke zwischen den Verkaufsautomaten. Zwar konnte ich ihn nicht vollständig erkennen, aber was ich von ihm sah, war kein schöner Anblick. Seine blutverschmierten Kleider waren verbrannt und zerfetzt. An seinem Rumpf, seinen Gliedern und seinem Gesicht fehlten Fleischbrocken. Seine Nasenspitze war verschwunden, einer seiner Finger abgetrennt worden. Wahrscheinlich lagen beide irgendwo draußen auf dem Parkplatz und warteten darauf, dass

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