Kill your friends
Scheiße. Unverkäuflich.«
»Nehmen wir das mal an.«
»Was hätte das für Schneiders Stellung zu bedeuten?«
»Am Arsch. Game over.«
»Also für den Fall, dass Schneider geht …«
»Wer käme dann als Head of A&R infrage?«
»Richtig.«
»Na ja, dafür muss man kein Einstein sein. Entweder du oder Waters. Oder sie suchen sich jemanden von außerhalb.«
»Und wie schätzt du Waters’ Chancen ein?«
»Pro: Er ist ein paar Jahre älter als du, etwas erfahrener darin, Alben zu machen, das Fußvolk hält ihn für einen netten Kerl. Kontra: Er ist ein stinkfauler, gehirnamputierter Kokainjunkie mit der Auffassungsgabe einer Stechmücke, der seit Jahren keinen Hit mehr gelandet hat.«
»Also könnte er den Job kriegen?«
»Definitiv«
In meiner Vorstellung gehe ich ein paar Waters-als-mein-Boss-Szenarien durch: Waters, der mich anschnauzt, weil wir einen Deal verpatzt haben; Waters, der mich in Meetings ruft; Waters, der mich aus Meetings mit wichtigen Managern und Abteilungsleitern ausschließt; Waters, der mich zu wem auch immer an einem Samstagabend ins verfickte Stoke-On-Trent schickt, damit ich mir eine Band anschaue. Aber ich komme nicht wirklich weiter damit, mir irgendetwas davon vorzustellen. Ein purpurroter Nebel legt sich über alles, eine Schädelladung Blut trübt meine Vision. Mir wird schwindelig. Mir wird übel.
Trellick sieht mich an und durchschaut sofort, was in mir vorgeht. »Du weißt doch, mein junger Freund, bei uns im Geschäft heißt es nicht ›jeder gegen jeden‹ …« Er putzt seine Brille.
»Ich weiß«, sage ich und beende den Aphorismus für ihn, »sondern jeder-vergewaltigt-jeden-und-foltert-ihn-dann-fünf-Tage-lang-bevor-er-ihn-lebendig-begräbt-um-an-schließend-ausnahmslos-all-die-Motherfucker-umzulegen-die-jemals-mit-ihm-Kontakt-hatten.«
»Noch jemand was für die Leber?«, sagt Trellick, deutet auf mein Glas und gibt mittels einer Trinkbewegung Darren und Leamington hinter mir zu verstehen, dass er eine Runde schmeißt.
»Wifebeater«, sage ich.
»Rockschool«, sagen die beiden anderen.
Trellick reicht das Stella und die zwei Jack-Cola rüber.
***
Drei Uhr früh, und der Scheiß-Laden ist in unserer Hand.
Wir sind in einem großen, geschmacklosen Club, irgendwo am Stadtrand von Cannes. Es sind gut fünfzig Grad hier drin. Direkt vor der DJ-Kanzel haben wir unser eigenes Plätzchen auf der brechend vollen Tanzfläche eingenommen und flippen völlig aus. Underworlds »Born Slippy« dröhnt in Festivallautstärke aus der gigantischen Lautsprecheranlage. Mit Anhang sind wir etwa fünfzehn Leute. Ich hopse mit einem Eiskübel auf dem Kopf herum, Trellick kniet auf der Tanzfläche und spielt Luftgitarre, Darren saut alles mit Champagner voll, und Ladbroke lehnt halb besinnungslos an einem Pfeiler.
Schneider und ich teilen uns eine weitere Pille, und alle grölen »Born Slippy« mit, bis der DJ es in etwas anderes mixt, was er wiederum in etwas anderes mixt, das mir vage bekannt vorkommt – Tribal Drums, ein hoppelnder Bass –, und wir gehen alle gut eine Minute darauf ab, bis – bumm – der Refrain einsetzt: »WHY DON’T YOU SUCK MY FUCKING DICK!« Der komplette Club dreht kollektiv durch. Beim zweiten Refrain brüllt bereits jeder mit. Gott. Verdammte. Scheiße.
Ich taumele von der Tanzfläche, bahne mir einen Weg durch die tanzenden, grölenden Idioten und versuche einen Ausgang zu finden, während ich in meiner Hosentasche nach dem Nokia fische. Jemand legt mir den Arm um die Schulter und schreit: »Hey, Steven, ist das das Stück, das du heute gesignt hast?«
»Ja, den Deal hab ich im Sack.« Die Lüge ist ein Reflex.
»Glückwunsch, Alter. Hammersong!«
Darren sieht aus, als wüsste er nicht, ob er lachen oder heulen soll. Ich ziehe ihn zu mir heran und brülle, immer noch lächelnd, in sein Ohr: »Wir haben den Deal heute mündlich bestätigt. OKAY?«
Er nickt, und ich stolpere in Richtung eines Ausgangs davon, während ich Rudis Nummer wähle. Es klingelt ein paarmal, bevor sich der Anrufbeantworter meldet. »RUDI!«, versuche ich tausend Leute zu übertönen, die ›Why Don’t You suck My Fucking Dick?‹ kreischen, »HIER IST STEVEN. ICH WOLLTE ES NUR NOCH MAL BESTÄTIGEN. WIR WOLLEN DIE PLATTE. ›SUCK MY DICK‹. WIR WOLLEN ES! RUF MICH ZURÜCK, WENN DU DAS HIER HÖRST!«
Ich lege auf, lehne mich gegen die Wand und versuche zu Atem zu kommen. Die Tür zum Hauptraum öffnet sich, und ein Jungspund, den ich von der EMI kenne, kommt debil
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