Kill your friends
grinsend und schweißüberströmt heraus. Im Arm hat er eine sauertöpfische Stabschrecken-Kuh mit nichts weiter bekleidet als einem Stringtanga und zwei Streifen Klebeband über den Nippeln.
»Alles in Butter, Steven?«, sagt er. »Hammer-Ohrwurm, oder?«
»Allerdings, heftig.«
»Da hat Graham ganz schön schnell geschaltet, was?«
»Wie?«
»Graham von der Sony. Er hat die Platte heute Abend gesignt.«
»Tatsächlich?« Ich schlucke.
»Klar, er hat im Barracuda ordentlich Schampus mit Rudi Gertschi …«
»Entschuldige mich.« Und ich bin raus.
***
Mit Singles ins Schwarze zu treffen, ist ein beschissenes Stück Arbeit. Du musst die Volltreffer am Fließband liefern. Wenn du mit Hitsingles deinen Schnitt machen willst, brauchst du viele davon; vier, fünf, sechs, und zwar jedes Jahr.
Deshalb muss ich dringend einen Act finden, der Alben verkauft. Prügel ein Album in die Top Ten, sodass es sich dort ein oder zwei Jahre hält, dann beginnst du ernsthaft, Umsatz zu machen. Fährst richtig Geld ein. Erst dann kannst du es endlich ruhiger angehen lassen. (Ihr habt es ja mitbekommen; ihr wisst, dass ich überarbeitet bin.)
Deshalb ist ein kleiner Pisser wie Parker-Hall nach A&R-Maßstäben hoch angesehen. Er hat einen astreinen Platin-Act unter Vertrag, der cool und glaubwürdig genug ist, um durchzustarten. Den absoluten Hauptgewinn. Sicher, das kleine Scheißerchen von einem Glückspilz war schlicht und einfach zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, aber wen interessiert das jetzt noch. Er wird als »Music Guy« respektiert. Und damit hat er den ultimativen A&R-Ritterschlag erhalten.
Ich nicht. Deshalb quäle ich mich auch um zehn Uhr in der Früh aus dem Bett, halte kurz inne, um mich zu übergeben, und wähle mit zitternden Fingern die Nummer des Majestic. Eine krude, nervtötende französische Warteschleifenbastelei dudelt einige Minuten vor sich hin, bis sich die Rezeptionistin wieder meldet: »Ich bedaure, mein Herr, aber der Anschluss ist besetzt.« Ich bedeute ihr – einigermaßen erregt –, es sei eine Sache von Leben und Tod, dass Herr Gertschlinger mich zurückriefe, sobald er sein Gespräch beendet habe.
Ich krieche durch den Raum und fabriziere innerhalb von vierzig Sekunden eine Zwölf-Pfund-Rechnung, indem ich drei Mini-Cola aus der Minibar runterkippe. Alles ist mini, bis auf meinen Kater, der ist definitiv verflucht maxi. Angestrengt bemühe ich mich, den Kater auf meiner persönlichen Richterskala einzuordnen. Acht? Neun? Ich versuche, mir ins Gedächtnis zu rufen, wie die letzte Nacht zu Ende ging, aber es ist, als wäre ich beim Fernsehen eingeschlafen und würde nun überlegen, bis wohin ich den Film gesehen habe. Dann muss ich mich erneut übergeben.
Schwer atmend reibe ich mir die pochenden Schläfen und schaue mich um. Eine Kotzlache ziert den Boden, rostrote Blutschlieren das weiße Laken, und überall liegen Glassplitter von einer zerbrochenen Champagnerflasche. Vom Bett aus starrt mich eine Frau an, vermutlich eine Nutte. Davon abgesehen wirkt der Raum komplett normal.
Die Nutte, die schwarz und fett ist, beginnt auf Französisch auf mich einzureden. Ich verstehe zwar nicht alles, aber im Wesentlichen geht es wohl darum, dass ich ihr noch Geld für die Nacht schulde. Ihr Lohn für einige unaussprechliche Sonderwünsche, die sie wohl zu erfüllen hatte. Ich ignoriere sie – voll und ganz auf die Frage konzentriert, wie ich Darren die Schuld dafür geben könnte, dass ich Rudis Track nicht lizenziert habe. Das Telefon klingelt, und ich schnappe nach dem Hörer.
»Hallo?«
»Schteeven? Rudi hier.« Er klingt förmlich, beinahe ernst, und ich realisiere sofort, dass das nicht gut ist.
»Rudi, hör zu, ich …«
»Ich weiß. Ich habe deine Nachricht heute Morgen erhalten. Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen, aber ich habe den Deal mit Sony gemacht.«
Verficktes Stück Scheiße. »Aber Rudi, ich habe dir doch gesagt …«
»Ach komm, Schteeven, wir sind beide große Jungs. So etwas passiert.«
Ich schließe die Augen und frage ihn: »Hast du den Vertrag schon unterzeichnet?«
»So gut wie. Wir haben eine mündliche Abmachung.«
Gott. Sei. Dank. »Wie viel?«
»Schteeven, das spielt jetzt keine Rolle mehr. Ich habe Graham gestern Nacht meine Hand darauf gegeben. Und wie du weißt, bin ich ein Gentleman. Ein Mann, der zu seinem Wort steht.«
»Nun sag schon Rudi, wie viel?«
»Es wird noch andere Platten geben, mein Freund.«
»Wie viel?!«
»Sechzig«,
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