Kill your friends
müsste umgehend wissen, wer das Management für sie macht, ich bräuchte deren Telefonnummer und einen kompakten Abriss ihrer Bandgeschichte. Dann beauftragte ich ihn, in Austin einen Laden ausfindig zu machen, der die Platten der Band führt. Er solle die Platten dort telefonisch ordern, mit seiner Kreditkarte bezahlen und sie mit dem Taxi in mein Hotel bringen lassen.
Dann schlief ich ein.
Ich erwachte fünf Stunden später. Das Fax mit den Informationen war in einem Briefumschlag unter meiner Tür durchgeschoben worden. Ein Päckchen mit dem mageren Output der Band – eine Single und eine EP – erwartete mich an der Rezeption.
Ich rief den Manager an, Jimmy, den Jungen, der mir gerade gegenübersitzt. Ich habe der Musik zuvor einen flüchtigen Durchlauf gegönnt: Sie ist in Ordnung. Glaube ich zumindest. Oder nicht? Immerhin scheinen genug Leute interessiert zu sein. Wir nehmen unseren Lunch im Restaurant des Hotels. Es ist gute PR für mich, beim Lunch mit dem Manager einer heißen Band gesehen zu werden.
»Welcher Track der EP hat dir am besten gefallen?«, fragt er.
Scheiße. »Track drei«, sage ich, »definitiv.«
»Ja, wirklich? Das ist interessant.« Ist es das?
»Werdet ihr demnächst mal in England spielen?«, frage ich.
»Ähm … oh ja. Etwa in einem Monat. Glastonbury. Wir spielen vorher noch ein paar Warm-up-Gigs. Im … ähm … ist es das Borderline?«
»Ja, klar. Guter Laden.« Beschissenes, stinkendes Klosett.
Er hat seinen Obstsalat aufgegessen und überrascht mich, indem er sich eine Zigarette anzündet. »Also, Mann«, sagt er, lehnt sich zurück und wischt sich das lange, ungepflegte Haar aus dem Gesicht, »was ist deine ewige Lieblingsplatte?«
Voll auf den verfickten Nerv. Ich gebe vor, einen kurzen Moment nachzudenken, dann sage ich: »Marquee Moon.«
Der Affe nickt und sagt: »Cool.«
Er beginnt davon zu erzählen, wie hart die Band arbeitet, wie wenig sie gewillt sind, Kompromisse einzugehen, und wie großartig ihr Debütalbum wird. Die ganze abgeschmackte Soße, die ich schon eine Million Mal gehört habe. Ich nicke zustimmend und bemühe mich den Eindruck zu erwecken, als würde ich zuhören. Ich versuche, überzeugend das Bild eines völlig normalen menschlichen Wesens zu vermitteln.
Ich sehe Parker-Hall und Tench durch das Restaurant auf uns zukommen. »Alles frisch, Jungs?«, sage ich großmütig, während ich auf einem Zahnstocher kaue, »das ist J …«
»Wie läuft’s, Jimmy?«, sagt Parker-Hall. Jimmy ist bereits aufgesprungen, und die beiden umarmen sich herzlich. »Hey, Tony! Bruder! Was geht?«
»Sie und ich wollen ein bisschen bummeln gehen, ’n paar Ray-Bans abgreifen.« Jimmy nimmt Parker-Hall seine Dick-Van-Dyke-Masche voll ab. Ich kann nicht fassen, dass er damit durchkommt. »Alter, sehen wir uns später?«, fragt ihn Parker-Hall.
»Aber sicher. Ich muss nur noch eben dieses Meeting zu Ende bringen, mit …« Der Manager hat meinen Namen vergessen. »… äh … mit Steve hier. Danach bin ich wieder in meinem Hotel.«
Ich bin mir sicher, Tench im Hintergrund feixen zu sehen, als sie sich verabschieden und verschwinden.
»Du kennst Tony?«, frage ich.
»Ja, wir telefonieren häufiger miteinander. Er ist ein großer Fan der ersten Single.«
»Okay.« Sackgesicht. Dummer Wichser.
»Hey, Steve. Ich muss wirklich los. Wir spielen heute Nacht noch mal in diesem Laden, ist ein wenig außerhalb …« Er schreibt die Adresse auf eine Serviette.
»Alles klar, großartig. Wie weit seid ihr denn eigentlich? Du weißt schon, andere Plattenfirmen betreffend.«
»Also«, sagt er grinsend und schüttelt den Kopf, »ich sollte dir wohl sagen, dass wir schon einige höchst interessante Angebote auf dem Tisch haben. Ich möchte nicht, dass du dir zu viele Hoffnungen machst.«
Ich lache. »Ein weiteres Angebot dürfte kaum schaden, oder?«
Ich werde Darren feuern. Warum sind wir an dieser beschissenen Band nicht früher dran gewesen?
»Natürlich nicht. Nein, absolut nicht. Danke für das Essen.«
Wir geben uns die Hände, und ich schaue ihm nach, wie er sich durch das Restaurant davonmacht und auf halber Strecke noch mal kurz stoppt, um einem Mädchen die Hand zu geben.
Eine Kellnerin kommt an meinen Tisch. Sie ist süß, hat große Titten.
»Sind Sie fertig?«, fragt sie.
Nein, denke ich. Noch nicht ganz. Jetzt noch nicht.
***
Eins darf man bei diesen Indie-Kids nicht vergessen: Sie glauben wirklich, dass das, was sie tun, von Bedeutung wäre. Sie
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