Kill your friends
Leute beginnen zu johlen und zu schreien.
»Wie ist sie so?«, fragt mich Ross.
Versuchst du etwa, mich anzubaggern? »Eine geile Sau«, antworte ich unwillkürlich.
Marcy greift das Mikro vom Ständer. »Hey, Glastonbury!«, brüllt sie über das ohrenbetäubende Kreischen der Gitarre und zwei, den Brustkorb eindrückende, Schläge auf der Bass-drum, »are you motherfuckers ready to fucking rock?«
»NEIN!«, brüllt Ross.
»VERPISST EUCH, IHR AMI-FOTZEN!«, brüllt irgendein Witzbold. Dann schlägt der Drummer die Sticks aneinander, schnell – ein-, zwei-, drei-, viermal hallt das hölzerne Klicken durch die gewaltige Lautsprecherwand vor uns –, und die Band steigt in den ersten Song ein. Die Menge dreht auf der Stelle kollektiv durch.
Nach nur zwei Songs werden die ersten Kids bewusstlos aus der Menge gezogen. Die Leute entern die Bühne und hechten ins Publikum. Für eine Band, die gerade mal zwei Singles alt ist, eine durchaus erstaunliche Reaktion.
Ross: »Das wird ein ganz, ganz dickes Ding.«
Trellick: »Wir müssen diesen Deal an Land ziehen. Wir sollten das Angebot erhöhen.«
Ich: »Ich hab alles im Griff.«
Später am Abend stelle ich fest, dass ich mich an weite Strecken ihres Auftritts nicht mehr erinnern kann. So sehr hat mich traumatisiert, was gegen Ende geschah.
Es passierte Folgendes: Als das letzte Stück seinem Höhepunkt entgegenschmirgelte und -rumpelte, schlug das Ecstasy an, sodass ich – kaum zu glauben, aber wahr – die Musik tatsächlich in vollen Zügen genoss. Ich hatte die Augen geschlossen, wog mich im Rhythmus, als Trellick mir auf die Schulter tippte und irgendwohin zeigte. Konsterniert folgte ich seinem Finger wie dem Lauf einer Knarre und blickte zur Bühne, wo die Band herumstolzierte, winkte und Handküsse in die ekstatische, begeistert johlende Menge warf. Ich beobachtete, wie Marcy von der Bühne tänzelte und erfreut jemandem entgegensprang, der am Bühnenrand wartete. Jemand mit einem AAA-Laminat um den Hals, dem einzigen Pass, der unsere noch in den Schatten stellte.
Mit einem plötzlichen, stechenden, seine Fäuste um meine Eier krallenden Schmerz erkannte ich den rasierten Schädel und die grinsende Visage von Parker-Hall, den Marcy dort umarmte.
***
Außerhalb des Zeltes hatte es wieder aufgehört zu regnen, und die untergehende Sonne färbte den Himmel hinter den Feldern violett. Zeit, den Sommerabend zu genießen und sich den zahllosen Vergnügungen hinzugeben, die das größte und kurzweiligste Festival der Welt zu bieten hat. Wir stampften beleidigt zurück in den Backstagebereich, stiegen in irgendein Wohnmobil, ließen die Jalousien herunter und verbrachten die nächsten fünf Stunden wütend damit, Brandy zu saufen und Koks zu schniefen.
Von hier an sind meine Erinnerungen allesamt lückenhafte, unscharfe Schnappschüsse. Wir sind in der Backstage-Bar, wir laufen über das Festivalgelände, durch schlammige Pfützen und über klappernde Metallstege, wir kaufen Pilze (Pilze?) und literweise Cider (Cider?). Und wir laufen, laufen, laufen, und dann gehe ich auf Trip völlig ab, inmitten einer riesigen Menschenmenge versuchst du etwa mich anzugraben und der Regen fällt sanft auf uns herab, während wir uns angestrengt bemühen, in der Ferne etwas zu erkennen, etwas weit entfernt in der Dunkelheit. Es leuchtet rot und blau und grün und golden, und dort ist Musik und verfickter Parker-Hall es wird lauter, und die Leute dort singen etwas, was ich nicht begreife, und um uns herum umarmen sie sich alle, und 120 Riesen in den Miesen die Musik wird lauter und lauter, und plötzlich wird alles scharf crossover und blendend weißes Licht strahlt über die Menge hinweg, und man sieht die Regentropfen – Milliarden davon – über uns im Licht schweben, und ich realisiere, dass wir uns Radiohead ansehen, und der Typ singt »Rain down …«, alle singen »Rain down …«, und ich kann Radiohead nicht leiden, weil ich nicht verstehe, was sie Marketing-Ausgaben eigentlich wollen, aber es ist wirklich wunderschön, und Darren dreht sich zu mir um, und ich denke, er weint, und vielleicht bist du gar nicht allein im Universum das Geräusch des Aufschlags, und für einen Moment verliere ich mich völlig …
Aber dann sind wir wieder weg. Wir tanzen in irgendeinem überfüllten, dampfenden Rave-Zelt, und ich küsse irgendeine Rave-Schlampe, öffne ihren Reißverschluss, befreie ihre Brüste und versuche direkt hier, auf dem wogenden Dancefloor, ihre Nippel zu
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