Kill your friends
oder was?«
»Aber hallo«, sage ich und folge ihm auf die Toilette, die Hände auf seinen Schultern und hüpfend wie ein Flummi, während wir beide »I love the cocaine, I love the cocaine« singen. Dass die Mädchen an der Rezeption jedes Wort hören, geht uns am Arsch vorbei. Als wir in die Toilette stürzen, kommen Brett Anderson von Suede und Justine Frischmann von Elastica herausgewankt. Beide sehen völlig fertig aus. Sie gibt Leamington einen flüchtigen Kuss und folgt Anderson in Richtung Aufzug.
Die Welt ist deutlich heller – klarer und heller –, als wir aus dem Taxi springen und uns krachend unseren Weg zur Backstage-Bar durch das Ödland aus Plastikbechern bahnen. Es ist die reinste Freakshow da drinnen. Wir grüßen in die Runde, entern die Bar und ziehen uns dann für ein weiteres Näschen zurück. Darren und ich teilen uns eine E. Dann bummeln wir übers Gelände zur Radio-1-Evening-Session-Bühne, wo einige von uns sich aus irgendeinem schwachsinnigen Grund schon wieder Ultrasound ansehen wollen. Warum bloß? Sie haben gerade bei Nude unterschrieben.
»Hey«, sage ich, während wir uns einen Weg durch die krakeelenden Idioten bahnen, »ich hätte da eine Idee …«
Wir klappern ein paar Stände ab, an denen die Leute T-Shirts, Haschpfeifen, Blättchen, Softdrinks und ähnlichen Scheiß verkaufen. Bei einem etwa fünfzigjährigen Hippie, in dessen flohverseuchtem Merchandise sich ein armseliges Tablett versteckt, bleiben wir stehen: wenige Reihen mit kleinen Fläschchen, auf denen Etikette kleben mit Aufschriften wie »Bolt« oder »TNT«. (Amerikanische Poppers haben wesentlich bessere Namen. Vermutlich bedingt durch die immense Nachfrage der Schwuchteln nach dem quasi legalen Herzstimulans. Sie heißen »Locker Room«, »Cruising« oder »Rectal Trauma«.) Als ich ihm das Geld gebe, fällt mir ein kleines Schild auf, mit dem der Typ sein Amylnitrat bewirbt. »Raumspray« steht darauf.
»Hey, du Arsch«, sage ich, als er mir zwei Flaschen seines flüssigen Goldes reicht, »kennst du tatsächlich jemanden, dessen Zimmer dermaßen stinkt, dass es besser riechen würde, wenn man es mit Amylnitrat einnebelt?«
Es ist früher Abend, immer noch heiß, klar und sonnig. Ich habe es mir mit Leamington auf der Rückbank einer Firmenlimousine bequem gemacht. Darren sitzt vorne beim Fahrer, wir haben das Fenster heruntergelassen, und draußen rauscht die M4 vorbei. Das einzige andere Geräusch ist das leise Zischeln des Radios. Wir sind alle völlig am Ende. Ich lasse mich in die ledernen Polster sinken und betrachte durch das Fenster die untergehende Sonne, während wir Richtung London rasen. Die Sonne sieht riesig aus, scheiße noch mal, wie ein gigantischer, scharlachroter Ball, der kurz davor ist, den Boden zu berühren. Es sieht aus, als würde Armageddon über Bristol, über Reading hereinbrechen. Erfrischt von einer Fingerspitze Koks – vom Fahrer geflissentlich ignoriert –, lassen wir eine Flasche Maker’s Mark kreisen und tauschen beiläufigen Businessklatsch aus: Wer wird den Mercury-Prize gewinnen? Beth Orton? The Chemical Brothers? Oder werden Nude ihn mit Ultrasound abstauben? Wird das neue Indie-Zeug von Kylie ankommen? Werden The Prodigy in Amerika Platten verkaufen? Geld. Werden London Records mit den All Saints, dieser neuen Girlband, die sie gerade gesignt haben, einen Hit landen? Und wenn, verringert das die Erfolgschancen für die Songbirds? (Unwahrscheinlich. Ihr wisst ja, dieses Fass Scheiße hat keinen Boden.) Es sieht ganz danach aus, als würde Ray Cooper von der Virgin diese neue Band namens Catch signen, die von Hall Or Nothing gemanagt werden. In meinem Kopf beginnt es zu schwimmen, die letzte Pille haut rein. »Martin Hall meint ja, ihr Sänger, Toby, wäre ein Star …«, sagt Darren. »Ach wirklich?«, sage ich. Oder vielleicht sage ich auch: »Ach, wirklich.« Ich weiß es nicht. Ich fühle mich komisch. Leamington labert weiter, er erzählt so eine Geschichte, die ich bereits kenne. Irgendetwas, das vorletzte Woche auf Tracy Benetts Hochzeit passiert ist. (Leamingtons Subtext lautet: Ich war auf Tracy Benetts Hochzeit.) Ich nicke und starre einfach durch meine Aviators – wir tragen alle Sonnenbrillen – auf den Hinterkopf des Fahrers, auf seinen spröden, rissigen Nacken. Ich muss mehr Geld machen. Mir fällt auf – und diese Einsicht ist keine göttliche Eingebung, es dämmert mir einfach so, wie einem auch ohne eigenes Dazutun klar wird, dass man Linguine
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