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Kill your friends

Kill your friends

Titel: Kill your friends Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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Spaghetti vorzieht –, dass ich, wäre ich gezwungen, zwischen Leamingtons Leben und meinem beruflichen Erfolg zu wählen, ihm ohne mit der Wimper zu zucken beim Sterben zusehen würde. Mich überkommen Halluzinationen. Geräusche. Ich höre Feedbacks und das Rattern von Hubschrauberrotoren. Könnt ihr es auch hören? Ich würde ihn eigenhändig töten. Und dabei mag ich Leamington ganz gerne. »Sie klingen wie die Scheiß-Police«, sagt Darren über irgendeine Band. The Police. Die Polizei. Woodham. Scheiße. Geld. Waters. Ich glaube, ich werde krank. Ein Helikopter schrappt haarscharf an meinem Kopf vorbei. Ich zucke zusammen und flüstere etwas.
    »Was?«, sagt Leamington und dreht sich um.
    »Was?«, erwidere ich.
    »Hast du gerade gesagt«, er zieht die Sonnenbrille ein Stück herunter, »›bring sie alle um‹?«
    »Nein.«
    Ich spüre, wie die Lautstärke zunimmt, wie sie hinter mir anschwillt. Das Geräusch der Rotorblätter und das Feedback breiten sich im Wagen aus, und ich glaube den Verstand zu verlieren. Dann bemerke ich, wie Darren vorne die Lautstärke an der Stereoanlage hochregelt. Leamingtons Hände schießen in die Luft, er schnippt mit den Fingern, Manchester-Style, und beide lachen. Ich beuge mich vor, blinzele durch die mich blendende Windschutzscheibe und sehe ein Schild aus der Abenddämmerung auftauchen: Auf dem beruhigenden forstgrünen Hintergrund steht in weißen Buchstaben NOTTING HILL. Schon öffnet sich der Westway vor uns, der Fahrer biegt ab, und die Hubschrauber lösen sich in Gitarren und Schlagzeug auf.
    »Mach es lauter!«, brülle ich Darren an. Er dreht die Anlage voll auf, und wir singen und schreien alle miteinander: »All my people right here right now …« Ich habe es durchgestanden, und alles ist wieder gut.
    Verdammt, ich liebe das neue Oasis-Album. Ein Meisterwerk. 360000 Einheiten, die am Erstverkaufstag über die Theke gehen. Dagegen kann niemand was sagen, oder?
    ***
     
    Wir schieben uns über den Bürgersteig. Du spürst die Hitze des Gehwegs förmlich durch die Sohlen der Birkenstocks. Du kannst nur noch deinen Kopf bewegen, die Arme sind an deinen Hüften eingeklemmt, deine Beine scheuern aneinander, während alle von einer Seite zur anderen kippen und wie Kreisel um die eigene Achse rotieren. Den Hügel aufwärts, die ganze Strecke bis zur Kensington Park Road, sieht man nichts als auf und ab hüpfende Köpfe. Ich versuche, meine Hand in meiner rechten Tasche zu behalten – der Tasche mit dem ganzen Geld und den Drogen –, denn wir sind von gierigen und verschlagen aussehenden Schwarzen umzingelt. Wenn Bewegung in die Menge kommt, wenn der Wind sich dreht, erschlagen einen die unterschiedlichen Gerüche: Dope, Bier, Erbrochenes, Grillhähnchen. Das schrille Rakka-ta-takka-ta-tak der Calypso-Trommeln vermengt sich mit dem Wumms Dutzender, die Massen mit Dancehall, Drum ’n’ Bass, Two-Step und Ragga beschallender Soundsystems zu einem undurchdringlichen Brei aus Lärm. Um uns herum hüpfen grinsende, vom Sonnenbrand gezeichnete Mittelklasse-Loser herum – Rorys und Camillas – und trillern mit ihren beschissenen Pfeifen, während sie den nachsichtig lächelnden Homies mit Red-Stripe-Dosen zuprosten. (Die wiederum fragen sich, ob es ihnen wohl gelingen würde, Millie die Handtasche zu klauen, ohne dabei erwischt zu werden.)
    Wessen brillanter Einfall ist dieses Spektakel gewesen? Ich versuche, mir eine Bande alter Rastas vorzustellen, die an einem Augustnachmittag vor langer Zeit auf einer Eingangstreppe in Ladbroke Grove herumlungerten. »Leroy«, sagt Winston, während er den dackelgroßen Joint weiterreicht, »wenn wir hier ’nen Carnival aufziehen, one love und so, kommen dann die ganzen Weißbrote, um ihre Kohle bei uns auf den Kopf zu hauen?«
    »Respekt Bruder, ein rechtschaffener Plan, Iah zum Wohlgefallen und unseren Brüdern ein Segen«, sagt Leroy, während er unter der kraftlosen Londoner Sonne schlotternd einen tiefen, jamaikanischen Zug nimmt. Ein halbes Jahrhundert später verschwindet ein Student hinter der nächsten Straßenecke, um sich ausrauben zu lassen, nachdem er gerade auf der Portobello Road einen Zehner für ein angebranntes Stück Kochbanane und zwei warme Bier abgedrückt hat. Das muss man ihnen lassen: Der Carnival ist ein klares Eins zu Null für die Dachpappen.
    Ich bin ganz aufgekratzt und aggressiv vom Koks. Kurz vorm Durchdrehen haue ich irgendjemandem meinen Ellbogen in die Fresse. Ich warte verzweifelt auf die

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