Killashandra
verzweifelten Situation erfuhr, und darum bitten, daß er die Informationen an den FSP-Rat weitergibt. Ein Sänger hat ja Zugang zum Rat, wie du weißt.«
»Fahr fort, Lars ...« In Killashandras Kopf begann sich ein häßlicher Gedanke zu formen, denn sie erinnerte sich an Ampris' böse Bemerkungen über die Inselbewohner.
Er holte tief Luft, schloß für einen Moment die Augen, als unangenehme Erinnerungen kamen. »Die Kristallsängerin kam am Tag nach meiner Abschlußprüfung mit der Athena. Aber die Ältesten waren nicht sicher, ob sie die richtige war.«
»Die Identität eines Kristallsängers kann man leicht überprüfen, Lars.«
Er schnaubte verächtlich. »Ich weiß das, du weißt das, aber du weißt auch, wie vernagelt unsere Ältesten sind.«
Wieder entlockten ihr seine Worte ein verständnisvolles Nicken. »Oh, man machte mir sehr nachdrücklich klar, wie dringend man diesen Gefallen von mir erwartete. Es ist bekannt, daß Kristallsänger gewaltige regenerative Kräfte besitzen. Ein kleiner Kratzer wäre für einen Kristallsänger nicht weiter tragisch, sondern würde ohne Folgen rasch wieder abheilen. Und da die Inselbewohner«, —
seine Stimme triefte vor Sarkasmus —, »als primitive und gewalttätige Menschen bekannt sind und bekanntermaßen gefährliche Waffen besitzen, hielt man mich für außeror-dentlich geeignet, den Meistern diesen kleinen Dienst zu erweisen, worauf sie angeblich meine Komposition noch einmal begutachten würden.«
»Und sie versprachen dir auch Immunität vor einer Anklage?«
»Ganz so dumm bin ich nicht, Carrigana. Sie haben nicht von mir verlangt, offen vorzugehen. Deshalb habe ich mir ein Fenster im oberen Stockwerk ausgesucht, von dem aus ich die Ankunft der Kristallsängerin beobachten konnte. Seit mein Vater mir einen Wurfstern in die Hand drückte, habe ich damit alle Wettbewerbe gewonnen. Eine rasche Handbewegung, und die Klingen fliegen im richtigen Winkel los. Ich erwischte sie am Arm. Ich glaube, etwas höher, als ich beabsichtigt hatte, denn als der Wurfstern schon flog, bewegte sie sich plötzlich.« Er verzog etwas traurig das Gesicht und sah Killashandra halb entschuldigend an. »Oh, es ist ihr nichts weiter passiert, Carrigana. Ich bin hinten herum zur Krankenstation gelaufen, und da kam sie schon wieder ohne Verband heraus.« Er streichelte ihr beruhigend den Arm. »Bei Kristallsängern heilen alle Wunden mit unglaublicher Geschwindigkeit ab. Sie schien eher gereizt über ihre Begleitung als über den Zwischenfall.
Am nächsten Morgen erfuhr ich natürlich, daß die Meister bei ihrer ursprünglichen Entscheidung bleiben würden. Die allmächtigen, allwissenden Meister, die auf der Grundlage ihres gewaltigen umfassenden Wissens über alle Formen der Musik ihr Urteil sprachen, auf der Grundlage ihres absoluten Verständnisses des Universums und der empfindlichen Beziehung zwischen Mensch und natürlicher Welt, sie waren nicht der Ansicht, daß die durch meine Musik repräsentierte Facette des optherianischen Lebens zu irgendeiner Zeit gewür-digt werden müsse, und schon gar nicht während des Sommerfestivals, wenn Menschen von anderen Welten möglicherweise etwas zu hören bekamen, was an eine optherianische Subkultur denken ließ und origineller war als Varianten immer derselben wiedergekäuten Ein-heitspampe, die von den >etablierten< Komponisten ab-gesondert wird.«
»Dumme, beschränkte, phantasielose, aufgeblasene Idioten!« In Killashandras Empörung kam auch ihre Wut über die Hintergründe des >unerhörten< Angriffs zum Ausdruck, und sie sagte sich, daß ihre Ahnungen über Ampris' Scheinheiligkeit richtig gewesen waren. »Die sind so alt, daß sie jede Energie und Begeiste-rungsfähigkeit verloren haben; die wissen überhaupt nicht mehr, was Phantasie bedeutet.«
Lars lächelte über ihre Heftigkeit. »So bekam ich trotz ihrer Versprechungen und Versicherungen als Belohnung für meinen kleinen Dienst die Rückfahrkarte nach Angel Island. Ich mußte mit der Nachtfähre die Stadt verlassen. Wächter sorgten dafür, daß ich auch wirklich an Bord ging. Aber vorher hatte ich noch unglaubliches Glück.«
Er drehte sich ganz zu ihr um, die Lippen leicht zu-sammengepreßt, als müßte er ein Lachen unterdrücken.
Seine funkelnden Augen verrieten, daß er sie ganz ins Vertrauen ziehen wollte. Und sie war nicht sicher, ob sie sein Vertrauen wollte. Denn seine Aufrichtigkeit verlangte die gleiche Ehrlichkeit von ihr.
»Lars, ich will dir nicht den
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