killer country: thriller (German Edition)
der einen anderen grundlos erschießt, indem er aus der Deckung eines Felsbrockens auf ihn eine Kugel abfeuert. Und ihn tötet. Er flieht, wird erwischt und befindet sich nun auf dem Weg zum elektrischen Stuhl. Killer-Country-Musik.
Christa sagte: »Papa, hast du schon mal jemanden umgebracht?«
Johnny Cash sang: I hung my head, I hung my head . Mace wandte den Blick von der Straße und sah seine Tochter an. Sie hielt die Augen geradeaus gerichtet und machte keine Anstalten, ihn anzuschauen.
»Ich musste«, sagte er. »Damals, als wir einen Krieg geführt haben.«
Sie dachte nach. »Mit einer Waffe?«
»Klar. Mit einer Waffe.«
»Mit der, die du jetzt hast?«
»Nein, nicht mit der. Mit der habe ich noch niemanden erschossen.« Nicht dass er das nicht gewollt hätte. Die zwei Amis, die Isabella getötet hatten, hätte er ohne Probleme erschossen. Ohne sich dafür zu schämen.
»Warum, Papa?«
»Warum was?«
»Warum hast du gemusst?«
»Weil sie sonst mich erschossen hätten. Ganz einfach. Mich und Pylon. In einem Krieg erschießt man Leute. In diesem Fall hätte es nicht so sein müssen, aber so ist es gelaufen. Wenn sie bezahlt hätten, wäre alles kein Problem gewesen, dann hätten wir ihnen gegeben, was sie wollten. Wir wären zufrieden abgezogen. Aber nein. Sie wurden gierig. Wollten ihr Geld behalten. Und sie dachten, wir sind nur zwei, sie fünf, also können sie uns locker überwältigen. Während ich das Geld zähle und nicht sehe, was da vor sich geht, denkt einer von den fünfen, jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, und schießt auf mich. Peng. Peng. Zweimal. Aus vielleicht vier oder fünf Metern Entfernung. Schießt weit daneben. Dann herrscht einen Moment lang Stille. Diese Art von Stille, wenn man gar nichts hört, absolut nichts. Keine Insekten, keine Vögel. Totale Stille. Ehe er das ganze Magazin verfeuert. Eine verdammte tschechische Scorpion. Aber er schoss wohl zum allerersten Mal damit, denn die Kugeln flogen überall durch die Gegend. Da fangen auch die anderen zu ballern an. Pylon ebenfalls. Ich hab mich auf den Boden geworfen und auch geschossen. Ich weiß nicht, für wie lange. Vielleicht eine halbe oder höchstens eine Minute lang, denn wir waren auf einer Lichtung in einem Wald, wo man nirgendwo Deckung fand. Deshalb wird es nicht lange gewesen sein. Im Grunde ist es egal, wie lange es dauerte, es war jedenfalls ein wahnsinniger Schusswechsel. Kam mir vor wie eine halbe Ewigkeit, kann es aber nicht gewesen sein. Solche Sachen erscheinen einem immer viel länger. Als es aufhörte, waren wir diejenigen, die Glück gehabt hatten. Vielleicht haben wir auch besser als die anderen geschossen. Ich hab keine Ahnung. Nach der Schießerei waren jedenfalls drei von ihnen tot. Die beiden Übrigen rannten zu ihrem Truck und rasten weg.«
Christa sagte nichts. Mace sah zu ihr hinüber, doch sie starrte nur auf das Buschwerk und die Inselberge mit ihren flachen Gipfeln, die sich in der Ferne erhoben. Er bemerkte seine eigenen Augen hinter der Sonnenbrille im Rückspiegel und zog die Augenbrauen hoch, während er sich überlegte, was seine Tochter wohl von seinem Leben hielt.
»Willst du immer noch schießen lernen?«
Sie ließ sich mit der Antwort Zeit. Sagte schließlich: »Ja.«
Zum Mittagessen hielten sie mitten im Nirgendwo bei einer Kneipe, die an eine Tankstelle angeschlossen war. Er parkte den Spider in dem wenigen Schatten, den das Gebäude warf.
Christa runzelte die Stirn. Zögerte. »Wir wollen hier essen?« Sah die großen Lkws und die Ziegen, die zwischen Autowracks auf dem Veld grasten. Ebenso fünf verwahrloste Kinder, im Staub sitzend und Christa beobachtend.
»Klar«, erwiderte Mace. »Sandwiches mit gegrilltem Käse und Tomaten und eine Cola mit Vanilleeis. Mehr Eis als Cola.«
Sie folgte ihm ins Innere des Lokals, wo er sich an einen Tisch am Fenster setzte. Die Kinder beobachteten Christa noch immer.
»Die schauen mich an«, stellte sie fest, nachdem sie bestellt hatten.
Mace rief die Kellnerin zurück und bestellte drei Portionen Pommes, die den Kindern hinausgebracht werden sollten. Die Frau zuckte mit den Achseln. »Dabei essen die besser als ich.«
Mace betrachtete ihren breiten Hintern und dachte: Wohl kaum. Mit einer Hand hielt er seinen Mund bedeckt und flüsterte Christa zu: »Wahrscheinlich sind das ihre Kinder.«
Christa musterte die Gruppe. Die Älteste war etwa in ihrem Alter. Sie stand jetzt auf und ging um das Haus nach hinten. Die anderen folgten ihr.
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