killer country: thriller (German Edition)
Mund eines Seraphen. Obed Chocho hatte eine Schwäche für Statuen. Kleine Nachbildungen antiker Skulpturen waren im ganzen Garten verteilt: eine Venus, eine Siegesgöttin, einige Jungfrauen, ein Diskuswerfer.
Spitz und Manga hielten sich seit dem Mittagessen hier auf. Ihre leeren Teller waren von einer jungen Frau weggeräumt worden, die den ganzen Morgen über mit Staubsauger und Staubtuch durchs Haus gehuscht war. Manga hatte sich an das Mädchen herangemacht, war ihr überallhin gefolgt und hatte ein oder zwei Dinge vorgeschlagen, die sie zum Kichern brachten – bis ihm Obed Chocho erklärt hatte, jetzt sei es genug, sonst müsse er seinen Schwanz abschneiden. Das Mädchen sei eine Nichte aus irgendeinem staubigen Dorf und nicht dazu da, wie eine Frucht gepflückt zu werden.
Nach dem Mittagessen ging Obed Chocho weg und befahl Spitz und Manga dazubleiben. Sie könnten so viel Bier trinken, wie sie wollten, aber das Grundstück dürften sie nicht verlassen. Und Manga solle sich im Griff behalten. Falls jemand läutete, sollten sie alles tun, damit derjenige nicht wiederkomme.
»Und mein Geld?«, hatte Spitz gefragt.
»Das kriegen Sie schon noch«, hatte Obed Chocho erwidert und die Tür ins Schloss geworfen.
Spitz war alles andere als begeistert. Es gefiel ihm ganz und gar nicht, dass man ihm sagte, was er tun solle. Auch dass er seine Musik nicht mehr hatte, ärgerte ihn. Vielleicht sah er auf der Sonnenliege mit seiner langen Menthol zwischen den Fingern und einer Sonnenbrille auf der Nase verdammt cool aus, aber so fühlte er sich nicht. Innerlich brodelte er. Er hätte Obed Chocho Galle ins Gesicht spucken können. Oder Schlimmeres.
»Glück gehabt, Brother, großes Glück«, hatte Obed Chocho auf die Nachricht hin geantwortet, dass Rudi Klett tot war.
Woraufhin Spitz zurückgefeuert hatte: »Eine Kugel, die seinen Kopf trifft, während er sich in einem fahrenden Auto befindet und ich in einem anderen fahrenden Auto sitze, ist keine Frage des Glücks.«
Obed Chocho hatte grimmig dreingeblickt, aber nicht mehr geantwortet.
Während Spitz an diese Szene zurückdachte, beobachtete er Manga dabei, wie er sich den Joint anzündete, tief inhalierte und einen Moment lang den Rauch in seiner Lunge hielt. Langsam stieß er ihn aus. »Yeah, Bru .« Er bot Spitz den Joint an. »Was zum Chillen gefällig, Captain?«
Spitz schüttelte den Kopf.
Manga zuckte mit den Schultern und sog erneut an dem Joint. Danach klopfte er die Asche auf die Terrassenplatten und sah Spitz aus schmalen Augen an.
»Gestern im Krankenhaus«, sagte er, »hatten Sie die Waffe gar nicht dabei, oder?«
Spitz lächelte. »Ich bin doch nicht verrückt.«
Manga lachte. »Sie sind eine coole Sau, Captain.«
»Das war nicht cool«, entgegnete Spitz. »Da ging es um Wahrscheinlichkeiten. Das war logisch.«
Was nicht logisch war und was er Manga verschwieg, war, dass er die Melodien aus dem iPod wiedererkannte, den der Security-Typ vor der Intensivstation gehabt hatte. Das ergab keinen Sinn. Doch Spitz wusste, dass nur wenig Sinn ergab, wenn es um Polizei und Tatortuntersuchungen ging.
Am Abend saß er hinter dem Steuer eines grünen VW und folgte Manga in dem BMW, den sie seit fast einer Woche benutzt hatten. Sie waren zum Flughafen unterwegs, um das Auto loszuwerden. Als sie dort eintrafen, bog Manga auf den überdachten Parkplatz ein und fand einen Stellplatz ganz in der Nähe jenes Stellplatzes, auf dem er zwei Tage vorher gewartet hatte. Er hielt es für einen netten Abschluss der Geschichte, den BMW dort abzustellen. Sogar für einen recht witzigen. Also verriegelte er den Wagen und warf die Schlüssel auf das Dach eines Verbindungsgangs.
Spitz drehte eine Runde und holte ihn dann draußen vor der Abflughalle ab, wo man nur kurz halten durfte. Sie tauschten Plätze. Manga wieder hinter dem Steuer, Spitz auf dem Beifahrersitz.
Manga konnte es sich nicht verkneifen, er musste Spitz verraten, wo er den Wagen zurückgelassen hatte. »So als Witz, Captain«, sagte er.
»Wo soll da der Witz sein?«, fragte Spitz. »Wenn nur Sie ihn verstehen.«
»Sie doch auch«, entgegnete Manga.
»Nein, für mich ist das nicht lustig«, erwiderte Spitz.
Nach dem Flughafen fuhren sie zum V&A an der Waterfront auf ein Weißbier. Inzwischen war es dunkel geworden und zu windig, um draußen zu sitzen. Während Manga bestellte, ging Spitz auf die Drehbrücke und wartete, bis er allein war. Dann ließ er die Ruger in den Kanal fallen. Danach rief er
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