Killeralgen
Männer als Begleitung mitgeben.«
Sie stiegen aus dem Wagen. Inspektor Dubois rief den Polizisten zu sich, mit dem Skye zuerst gesprochen hatte, und instruierte ihn, sie durch den Polizeikordon zu schleusen. Jeder Polizist in Paris schien sich am Tatort eingefunden zu haben.
Renaud war ein Mistkerl, aber er war eine prominente Persönlichkeit an der Universität, und seine Ermordung war eine Sensation.
Weitere Polizeibeamte und Techniker arbeiteten im Gebäude.
Die Leute von der Spurensicherung suchten nach Fingerabdrücken, Fotografen eilten umher und schossen ihre Bilder. Skye ging voraus zu ihrem Büro im zweiten Stock, den Polizisten im Schlepptau, trat ein und schaute sich um. Obgleich ihre Möbel und ihre Papiere sich an Ort und Stelle zu befinden schienen, hatte sie das seltsame Gefühl, dass irgendetwas fehlte.
Skyes Augen suchten den Raum ab, und dann ging sie zu ihrem Schreibtisch. Was ihren Papierkram betraf, achtete sie auf makellose Ordnung. Ehe sie das Büro verließ, hatte sie ihre Nachschlagewerke, Papiere und Akten mit absoluter Präzision aufgestapelt. Nun sah es jedoch so aus, als ob jemand sich an den Stapeln hastig zu schaffen gemacht hätte.
Jemand war an ihrem Schreibtisch gewesen!
»Mademoiselle?«
Der Polizeibeamte sah sie ein wenig komisch an, und sie wurde sich bewusst, dass sie einige Sekunden lang ins Leere gestarrt hatte. Sie nickte, öffnete eine Schreibtischschublade und holte einen Schnellhefter heraus. Sie klemmte sich den Ordner unter den Arm, ohne nachzusehen, was er enthielt.
»Ich bin fertig«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
Skye widerstand dem Impuls, aus dem Büro hinauszustürzen, und versuchte, mit ganz normalem Tempo zu gehen, doch ihre Beine fühlten sich an, als wären sie plötzlich aus Holz. Ihr ruhiges Äußeres verriet nichts von ihrem rasenden Puls, und ihr Herzschlag schien wie Donner in ihren Ohren widerzuhallen.
Sie dachte, dass dieselbe Hand, die zwischen ihren Papieren herumgewühlt hatte, vielleicht die Pistole gehalten hatte, die Renaud getötet hatte.
Der Polizist eskortierte sie aus dem Gebäude und durch die Sperre. Sie bedankte sich bei ihm und ging wie benommen nach Hause. Dabei überquerte sie Straßen, ohne nach rechts oder links zu schauen, was für Paris geradezu selbstmörderisch war.
Sie achtete nicht auf die kreischenden Bremsen, die Kakophonie blökender Hupen und die Flüche, die man ihr nachschrie.
Als sie in die enge Straße einbog, in der sich ihre Wohnung befand, hatte ihre Panikattacke nachgelassen. Sie fragte sich, ob es richtig gewesen war, Inspektor Dubois nicht darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass jemand ihr Büro durchsucht hatte. Im Geiste konnte sie sehen, wie der Inspektor zu dem Schluss kam, dass diese verrückte paranoide Frau zu den Verdächtigen gehörte.
Skye wohnte in einem im neunzehnten Jahrhundert erbauten Haus mit Mansardendach in der Rue Mouffetard am Rand des Quartier Latin. Sie liebte die betriebsame Gegend mit ihren Läden und Restaurants und Straßenmusikern. Das alte Haus war umgebaut und in drei Apartments aufgeteilt worden. Skyes Wohnung befand sich im dritten Stock, und der mit einem gusseisernen Gitter gesicherte Balkon gestattete ihr einen Blick auf das geschäftige Treiben auf der Straße und die allgegenwärtigen Pariser Schornsteine. Sie spurtete die Treppe hinauf. Erleichterung ließ sie aufatmen, als sie die Tür öffnete.
Sie fühlte sich sicher in ihrem Apartment, doch dieses Gefühl der Sicherheit dauerte nur so lange, bis sie ihr Wohnzimmer betrat. Sie konnte nicht fassen, was sie erblickte.
Der Raum sah aus, als sei eine Bombe darin explodiert.
Sesselpolster und Sofakissen waren auf dem Fußboden verstreut. Sämtliche Magazine waren von ihrem Couchtisch heruntergefegt worden. Bücher waren aus dem Regal gerissen und achtlos zu Boden geworfen worden. In der Küche sah es noch schlimmer aus. Die Schränke standen weit offen, und der Fußboden war mit Glas- und Porzellanscherben bedeckt. Wie eine Schlafwandlerin ging sie ins Schlafzimmer. Schubladen waren aus den Kommoden gezogen und ihr Inhalt wahllos im Zimmer verstreut worden. Die Laken hatte man von ihrem Bett gefetzt, und die Matratze war aufgeschlitzt worden, sodass die Füllung herausquoll.
Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück und starrte auf das Durcheinander. Sie zitterte vor Wut über diese Verletzung ihrer Privatsphäre. Sie fühlte sich, als sei sie vergewaltigt worden.
Die Wut wurde von der Angst abgelöst,
Weitere Kostenlose Bücher