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KillerHure

KillerHure

Titel: KillerHure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nolan
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»Soulstreet«, manchmal mit anderen Musikern in anderen Städten.
    Meine Stimme ist nicht besonders gut. Etwas zu grell, besonders für solche alten Soulstücke, und auch nicht wirklich ausgebildet. Dennoch habe ich Spaß am Singen und an diesen Auftritten. Es ist ein ganz eigenes Gefühl, da oben auf der Bühne zu stehen – falls die Location überhaupt eine solche besitzt – und die vielen Augen auf sich zu spüren, eine Mischung aus kritischer Musterung, Anerkennung, Begeisterung und heimlicher Gier. Ich genieße das und habe keine Scheu, aus mir herauszugehen. Wenn ich so richtig sexy abtanze, dann grölen und pfeifen die Männer, während die weiblichen Zuhörer mir entweder im Rhythmus aufmunternd zunicken oder verklemmt die Nase hochziehen. Vielleicht ist diese Selbstdarstellung eine Art Ausgleich für mein heimliches Leben sonst, ich weiß es nicht genau. Außerdem ist auch dies Teil meiner Tarnung: Ich kann jederzeit eine plausible Begründung liefern, warum ich immer Bargeld habe.
    An diesem Abend ist es jedenfalls sehr ausgeprägt. Mir ist alles scheißegal, ich singe richtig oder falsch, verwechsle manchmal den Text oder lasse mal eine Strophe aus, um mit dem Publikum zu scherzen oder die Leute anzufeuern. Die Studenten, ohnehin ein dankbares Publikum, gehen begeistert mit, und so steigern wir uns gegenseitig ungeachtet der schäbigen Umgebung in eine richtig heiße Live-Atmosphäre hinein.
    »For five long years
    I thought you were my man.
    But I found out
    I’m just a link in your chain.«
    Soul-Klassiker sind nicht unbedingt das, was ich selbst anhöre. Aber die Texte und Melodien sind so simpel, dass man dabei kaum etwas falsch machen kann, und fast jedes Publikum fährt darauf ab. Also bilden sie, neben vielen anderen Klassikern, einen guten Teil meines Repertoires. Mit dem guten alten »Chain of Fools« kann ich sogar inhaltlich etwas anfangen – schließlich nenne ich eine ganz eigene Kette aus lauter toten Narren mein Eigen.
    »You got me where you want me
    I ain’t nothing but your fool.
    You treated me mean,
    oh babe, you treated me cruel!«
    Ich knie inzwischen ganz vorn an der Kante der niedrigen Bühne, werfe den Kopf zurück, sodass mein schlanker Hals gut zu sehen ist und streiche mir die verschwitzten Haare aus der Stirn. Das ganze Programm eben. Schwarze Jeans, ein silbernes Top, das ordentlich Bauch frei lässt, sich ganz eng an meinen Körper schmiegt und die Rundungen meiner Brüste auch in dem Dämmerlicht schön abzeichnet, darüber ein zu knappes schwarzrot gemustertes Jäckchen. Ich fühle mich gut. Sinnlich, begehrenswert, sexy, unerreichbar. Die Blicke, die mich abtasten, bestätigen das.
    Ich bin das Zentrum! Ich bin die letzte Instanz!
    Alex slappt neben mir auf seinem Bass herum wie ein Besessener und ich lege eine kleine Table-Dance-Nummer mit ihm ein. Neues Grölen und Pfeifen. Ich wackle mit dem Hintern und kreische meine reine Lebenslust ungefiltert ins Mikro. Die Leute gehen mit, als sei ich Tina Turner. Im Hintergrund strahlt Mirko, der Besitzer des »Gypsy«, über das ganze breite Gesicht und schafft mehr Bier herbei. Man erzählt sich über ihn, dass er im Bosnienkrieg unvorsichtige Serbenmilizen mit bloßen Händen abgemurkst hat. Er ist seine eigene Security-Truppe und hat keine Angst davor, wenn die Begeisterung einmal etwas höher schlägt. Die Luft ist schwer vor Bierdunst, Schweiß und rauen Hooklines. Der Saal brodelt und wogt wie eine Lavagrube hin und her.
    Ganz links, gleich neben Eingang, gibt es eine Störung. Ein winziger Stein, der die Strudel bricht und in eine andere Richtung lenkt, ein anderes Muster in die Kräuselwellen zeichnet. Ein Besucher bewegt sich anders als alle anderen. Er schwingt langsam mit dem Körper, aber er folgt nicht dem Takt meines Songs, sondern seinem eigenen Metrum.
    Ich kneife die Augen zusammen, kann aber nicht viel erkennen. Zu dunkel hier, dazu das Aufblitzen der altersschwachen Lichtorgel. Ich konzentriere mich wieder auf meinen Text und bringe den Song zu Ende. Der Tausendfüßler zupft vorsichtig an der Innenwand meines Magens.
    »One of these mornings
    that chain is gonna break.
    But up until then,
    I’m gonna take all I can take.
    Chain, chain, chain ...«
    Danach kommt eine etwas ruhigere Nummer von Marvin Gaye und die Lichter bleiben etwas heller. Der Typ am Eingang wirkt auch jetzt wie ein Fremdkörper. Äußerlich ist nicht viel Bemerkenswertes an ihm – unauffällig, mittelgroß, kurze dunkle Haare, Jeans,

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