KillerHure
scheint der kopierte DIN-A4-Zettel zu sein, mit dem der Schlipsträger hektisch herumfuchtelt.
Hm?
Kurz darauf steht mein Plan.
Schritt eins: Ich klaue den wöchentlichen Terminplan, den der Manager achtlos neben der Kasse liegen lässt und setze mich wieder an meinen Platz.
Schritt zwei: Ich halte den Zettel unter der Tischplatte verborgen und versuche, anhand der Leuchtdioden an der Kassenanzeige herauszufinden, welche der Bedienungen wie heißt. Jedes Mal, wenn der persönliche Bedienungsschlüssel in die Kasse eingesteckt wird, begrüßt sie die- oder denjenigen mit »Hello Katrina« oder ähnlich. Sehr praktisch.
Schritt drei: Ich suche mir eine junge Frau aus, eher noch ein Mädchen. Sie ist sicher nicht älter als neunzehn oder zwanzig, mittelgroß und dünn, mit deutlichen Ringen unter den Augen und einem bemühten Lächeln unterwegs. Laut Kasse heißt sie Agneta und hat die Personalnummer siebenundachtzig. Laut Plan hat sie auch morgen Abend und dann bereits wieder am Freitagvormittag Dienst.
Schritt vier: Ich besuche für zehn Minuten den Buchladen und blättere müßig durch einige Bücher im englischsprachigen Regal. Dann gehe ich zurück ins »Kostal« und setze mich an einen anderen Tisch, der im Bedienungsbereich von Agneta liegt. Sie kommt auch gleich und nimmt meine Bestellung auf. Als ich mich über ihr gutes Englisch wundere, lächelt sie überrascht und erklärt mir, dass sie eine Austauschstudentin aus Polen ist, wie fast alle anderen Bedienungen auch. Ihre Dänischkenntnisse beschränken sich im Prinzip auf die Speisekarten und einige Floskeln. Der Inhaber des »Kostal« legt dagegen Wert darauf, dass alle seine – im Übrigen sehr billig eingekauften – studentischen Arbeitskräfte gutes Englisch sprechen, um die vielen Touristen gut zu bedienen.
Perfekt!
Schritt fünf: Ich verbringe noch eine Stunde mit einer Cola dort am Tisch und warte, bis Agnetas Dienst um einundzwanzig Uhr zu Ende ist. Sie macht absolut pünktlich Schluss. Entweder werden Überstunden hier nicht bezahlt, oder – wahrscheinlicher – sie ist am Ende ihrer Kräfte. Laut Plan arbeitet sie seit dreizehn Uhr. Ich kenne die Arbeitsgesetze in Dänemark nicht, aber ich bezweifle, dass dies völlig legal ist.
Schritt sechs: Ich folge ihr, als sie, eine Jacke übergezogen, das »Fisketorvet« verlässt.
Kapitel 15
Freitag, 29.08.08, 10:00 Uhr
»Hi, ich komme als Vertretung für meine Freundin Agneta. Sie war heute Morgen sehr krank, hat sich mehrere Male übergeben. Von daher fragte sie mich, ob ich ihren Job übernehmen könnte, da sie ihn auf keinen Fall verlieren möchte«, sage ich auf Englisch.
Der Manager des »Kostal« starrt mich an, als wäre ich gerade aus einem Ufo gestiegen. Seine Laune ist schon wieder im Keller. Oder immer noch.
»Wer zum Teufel sind Sie?«, beginnt er dann auf Englisch in einem Ton, in dem die Zumutung, mit so einem niedrigen Wesen wie mir sprechen zu müssen, deutlich mitschwingt.
»Ich bin Carol aus London, und ich bin eine fleißige Kellnerin«, antworte ich und fixiere ihn mit meinem berühmten Stahlblick. »Ich habe zwei Jahre im ›Hotel Ritz‹ gearbeitet!«
Das bringt ihn wie geplant zum Schweigen. »Ritz« ist einer dieser magischen Namen, die jeder kennt, und das macht Eindruck. Ich warte gleichmütig und lasse ihn die Lage in seinem Café checken. Zwei Kollegen flitzen die Tischreihen entlang, es ist schon wieder einiges los. Zu viel für die dünne Personaldecke. Er kann es sich einfach nicht leisten, mich wieder wegzuschicken.
»Na schön!«, nickt er mir zu und gibt mir etwas widerstrebend eine Hand. » Ich bin Sven, der Restaurantleiter. Christa kann dir alles zeigen.« Damit hält er eine gerade vorbeieilende Frau am Arm fest, sodass ihr fast zwei leere Tassen vom Tablett gefallen wären, und redet in Dänisch auf sie ein. Sie wirft mir einen bösen Blick zu, ich bin nur eine weitere Komplikation ihres Vormittags. Aber sie nimmt mich dann mit und gibt mir eine Blitzeinführung. Ich trage schon den schwarzen Rock und die weiße Bluse, die ich vor drei Stunden Agneta abgenommen habe, nur noch die Bedienschürze muss ich umbinden und den Wechselgeldbeutel mit dem Kassenschlüssel davor hängen. Dann schaffe ich es sogar, Christa zu einem Tausch des Be-dienfeldes zu bewegen. Ist doch besser, wenn ich mich um die Tische in der Mitte kümmere, da kommen die anderen immer wieder durch und können mir helfen. Die große Tasche mit der Glock und der Munition bleibt vorerst
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