Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
durchgegangen bin, was die Kripo denn nun alles gefunden hatte, da kam dann raus: Tobias’ kleiner Rucksack war noch auf seinem Zimmer, ebenfalls seine Getränkeflaschen. Auf dem Tisch haben noch Müsliriegel gelegen. Und seine Jacke hing noch an der Tür, da waren zwölf Mark drin. Wenn er weggelaufen wäre, dann hätte er das doch alles mitgenommen! Das war der Punkt, wo ich mir gesagt habe, da stimmt was nicht. Tobias ist nicht weggelaufen.«
Nach einer weiteren Vernehmung der Internatslehrer steht für die Ermittler fest, dass Tobias das Haus nach 1 Uhr verlassen haben muss. Zu dieser Zeit ist ein Lehrer durch den Aufenthaltsraum gegangen, der vor Beamten ausgesagt hat: »Da stand mit Sicherheit kein Fenster offen, und Tobias’ Schlafanzug hat da auch noch nicht gelegen. Ich habe sogar noch das Licht eingeschaltet, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist.«
Bei den Befragungen von Tobias’ Klassenkameraden kommt schließlich heraus, dass er nach einer Mathearbeit sehr deprimiert war. »Die habe ich wohl verhauen«, hat er einem Mitschüler gesagt. Nach Auskunft des Mathematiklehrers ist die Arbeit tatsächlich mangelhaft. Die Ermittler halten es deswegen für wahrscheinlich, dass der Junge sich vor der drastischen Reaktion seiner Eltern gefürchtet hat und deshalb abgehauen ist.
»Das war für mich überhaupt kein Grund. Er hätte ja nicht zum ersten Mal eine schlechte Zensur nach Hause gebracht. Und er wusste, dass wir ihm dafür nicht den Kopf abreißen würden. Außerdem hätte er die Mathearbeit erst nach den Ferien wiederbekommen, und er war schon eher der Typ, der sich sagt: Bis dahin ist es noch lange hin, da mache ich mir jetzt keinen Kopf.«
Manfred Mohn ist ein nüchterner Analytiker, seine Gedanken kreisen unablässig um die Vorkommnisse in Haus G. Weil er sich nicht auf das nervenzerrüttende Warten beschränken möchte, stellt er eigene Ermittlungen an. Als Erstes spricht er mit Jochen Maurer, dem Zimmergenossen seines Sohnes. Und der berichtet ihm, Tobias habe das Zimmer nicht nur am Montagabend abgeschlossen, sondern in der Woche zuvor auch.
»Da kam mir die Idee, da könnte irgendwas gewesen sein. Dass er sich vielleicht vor irgendjemandem gefürchtet hat. Was jetzt wiederum darauf hindeutete, dass es eine Begegnung gegeben haben könnte, die so verlaufen sein muss, dass er sich bedroht gefühlt und deshalb abends abgeschlossen hat. Andererseits kann er sich aber auch nicht so sehr bedroht gefühlt haben, da er sich niemandem anvertraut hat. Er hat nämlich zu seinen Mitschülern absolut nichts gesagt. Ich habe auch beim Jochen noch mal nachgefragt, ob denn da irgendwas gewesen ist. Nee, hat er gesagt, er weiß nichts, sie haben auch nicht darüber gesprochen. Er hat einfach hingenommen, dass Tobias abschließt, und sich keine Gedanken darüber gemacht.«
Und noch ein Aspekt gibt Manfred Mohn zu denken. Die Kripo glaubt, Tobias habe das Internat aus freien Stücken erst nach 1 Uhr verlassen. Doch Manfred Mohn hat Zweifel. Denn er kennt seinen Sohn, auch dessen Schlafgewohnheiten.
»Das konnte so eigentlich auch nicht stimmen. Tobias hatte nie Schlafschwierigkeiten. Wenn der mal schlief, dann schlief der durch. Da konnte auch neben ihm ein bisschen Krach sein, das hätte er nicht mitbekommen. Und dass er sich bis weit nach Mitternacht hätte wach halten können, das haben meine Frau und ich ausgeschlossen. Also musste an dem Abend noch etwas anderes passiert sein. Meine Vermutung war, dass sich jemand in das Haus reingeschlichen und Tobias rausgeholt hat.«
Charlotte und Manfred Mohn werden bei der Kripo vorstellig und konfrontieren die Ermittler mit ihren Überlegungen zur Tatzeit und zum Tathergang. Die Kommissare hören den Eltern interessiert und geduldig zu, doch sie vertrauen auf die Aussage des Lehrers und interpretieren das Geschehen anders.
Weil gegen 1 Uhr ein Lehrer durch den Gemeinschaftsraum gegangen sei und Tobias’ Schlafanzug noch nicht auf der Tischreihe vor dem erst später geöffneten Fenster gelegen habe, hat der Junge nach ihrer Einschätzung das Internat zwischen 1 Uhr und 5.30 Uhr verlassen, und zwar freiwillig, da einerseits Spuren eines gewaltsamen Eindringens nicht festzustellen gewesen seien und andererseits Tobias frische Kleidung getragen habe.
Die Polizei lässt nichts unversucht, um das Schicksal des Jungen aufzuklären. Immer wieder wird die Bevölkerung über die Medien um Mithilfe gebeten, Suchtrupps durchkämmen die Waldgebiete der Region, Taucher
Weitere Kostenlose Bücher