Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
hat noch das Oberteil seines Jogginganzugs gelegen. Da war mir klar, dass jemand in Tobias’ Zimmer gewesen sein muss, der das Sweatshirt aus dem Schrank genommen hat. Also für mich gab es schon deshalb keinen Zweifel, dass unser Sohn entführt worden ist.«
Über den Mord an Tobias wird in den folgenden Tagen mehrfach in den regionalen Medien ausführlich berichtet, die Bezirksregierung Lüneburg setzt eine Belohnung von 10 000 Mark aus, Manfred Mohn will demjenigen, der maßgeblich zur Aufklärung des Verbrechens beiträgt, sogar 15 000 Mark bezahlen. Trotzdem gehen nur wenige Hinweise bei der Mordkommission ein.
Die Kriminalisten werten ihre bisherigen Erkenntnisse aus und legen sich auf folgende Täterhypothese fest: Der Gesuchte ist männlich, mindestens 18 Jahre oder älter, hat homosexuelle Neigungen mit einer Vorliebe für Knaben, er verfügt über Beziehungen nach Scheeßel und Verden, kennt sich am Tatort und am Leichenfundort aus und muss zum Zeitpunkt des Verschwindens des Jungen über einen Pkw verfügt haben.
Sollte es sich um ein Beziehungsdelikt handeln, müsste der Täter Tobias schon vorher gekannt und Einfluss auf ihn gehabt haben; nur so konnte er ihn veranlassen, nachts nach 1 Uhr heimlich das Internat zu verlassen, um sich mit ihm zu treffen. Unter Berücksichtigung des angenommenen Tätertypus bleiben jedoch nur sehr wenige Männer übrig, die auch nur in Teile des Rasters hineinpassen. Von homosexuellen Neigungen von Männern im unmittelbaren Beziehungsgeflecht zu Tobias Mohn ist bislang nämlich nichts bekannt geworden.
Es wäre auch möglich, dass die Tötung ein Zufallsdelikt war, schlussfolgern die Fahnder. Tobias könnte wegen der schlechten Mathearbeit und des sich abzeichnenden Konflikts mit seinen Eltern wach gelegen und das Internat spontan verlassen haben. Danach müsste er schon bald auf seinen Mörder getroffen sein, zum Beispiel beim Trampen.
Doch diese Überlegungen bringen die Fahnder auch nicht weiter. Die Ermittlungen werden zusätzlich dadurch erschwert, dass der Täter sehr vorsichtig und umsichtig vorgegangen ist und keine Spuren hinterlassen hat. Diese Annahme bestätigt auch ein rechtsmedizinischer Befund, der inzwischen vorliegt. Demnach konnte keine opferfremde DNA nachgewiesen werden. Man wird den Mörder also nicht anhand seines genetischen Codes überführen können.
Manfred Mohn kann sich mit den Schlussfolgerungen der Kripo nicht anfreunden. Für ihn liegt auf der Hand, dass Tobias seinen Mörder gekannt haben muss und aus dem Internat entführt wurde. Manfred Mohn befürchtet nun, die Ermittlungen könnten in eine falsche Richtung laufen, mit der Folge, dass der Mord an seinem Sohn nicht aufgeklärt wird. Darum beschließt er, auch weiterhin eigene Nachforschungen anzustellen.
Und nach einer Vielzahl von Gesprächen, die Manfred Mohn geführt hat, gerät ein Lehrer des Internats in Verdacht, der zum Zeitpunkt des Mordes in Urlaub gewesen sein will – nur hat seine Frau eine andere Reiseroute beschrieben als er. Da stimmt etwas nicht, schlussfolgert Manfred Mohn und bittet die Kripo, entsprechende Nachforschungen anzustellen, insbesondere den Reisepass des Lehrers einzusehen. Denn dort müsste vermerkt worden sein, wann der Mann wo eingereist ist.
»Der Lehrer hatte in seiner Befragung angegeben, zur Tatzeit in Neuseeland gewesen zu sein. Das Alibi wurde von der Kripo aber nicht überprüft. Da stellte sich für mich natürlich die Frage, ob das denn überhaupt stimmte. Erst nachdem ich mich heftig beschwert hatte, wurde der Sache schließlich doch nachgegangen.«
Manfred Mohns Verdacht gegen den Lehrer bestätigt sich letztlich nicht, der Mann war zur Tatzeit tatsächlich in Neuseeland, seine Frau hatte sich beim Beschreiben der Reiseroute nur missverständlich ausgedrückt.
Als es auch sieben Monate nach dem Mord an Tobias keine heiße Spur gibt, werden die Ermittlungen eingestellt. Der Leiter der Mordkommission teilt dies Charlotte und Manfred Mohn in einem persönlichen Gespräch mit und erklärt, der Täter sei wohl bereits vernommen worden, sein Name würde sich auch in den Akten befinden, nur könne man ihn nicht identifizieren, die Beweislage sei eben zu dünn. Der Chefermittler verkündet aber auch ausdrücklich, der Fall sei keineswegs endgültig abgeschlossen, nur habe man derzeit keine erfolgversprechenden Ermittlungsansätze. Sollte sich dies ändern, würde die Mordkommission ihre Arbeit fortsetzen.
»Man hat uns geraten, den Mord an
Weitere Kostenlose Bücher