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Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)

Titel: Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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Ich gehe offener mit diesen Dingen um, so offen war ich vorher nicht. Das ist auch eine Geschichte, die ich im Knast gelernt habe. Man hat mir dort meine Grenzen aufgezeigt und mich eben an den Punkt gebracht, über Dinge zu reden, über die ich vorher nicht reden konnte. Ich denke zwar immer wieder an diese schreckliche Zeit, natürlich, aber ich will auch diesen Schleier, diesen Vorhang loswerden. Aber es gibt inzwischen schon Zeiten, wo ich nicht dran denken muss, wo ich einfach nur lebe.«
    An diesem Punkt beende ich das Gespräch. Man darf Menschen wie Thomas Bracht nicht überstrapazieren, es gibt Grenzen der seelischen Belastbarkeit. Dieser Grundsatz gilt aber auch für mich selbst. Wir vereinbaren deshalb, uns in nächster Zeit wieder zu treffen und unseren Diskurs fortzusetzen.
    Thomas Bracht bringt mich nach einer herzlichen Verabschiedung schließlich zur Tür. Vor knapp sieben Jahren wurde er aus der Haft entlassen, inzwischen hat er einen neuen Beruf ergriffen, eine Partnerin gefunden und sich einen Freundeskreis aufgebaut. Er steht mitten im Leben.
    Während der Heimfahrt will mir ein Gedanke nicht aus dem Kopf, der mir Sorge bereitet:
    Ist es überhaupt richtig und angemessen, Thomas Bracht in regelmäßigen Abständen mit seinen Taten zu konfrontieren und zu versuchen, das Motiv für seine Taten herauszuarbeiten? Schließlich hat er eine Strafe bekommen und verbüßt, damit könnte man die Sache auch auf sich beruhen lassen. Ist die Verweigerung, sich den eigenen Beweggründen zu stellen, vielleicht nur ein Schutzreflex, um mit der eigenen Schuld überhaupt umgehen zu können? Was wäre die Konsequenz, würde es uns tatsächlich gelingen, den Abgrund in ihm freizulegen? Kann ich das verantworten?
    Letztlich berufe ich mich aber auf das, was er mir noch kurz vor Verlassen der Wohnung gesagt hat: »Diese Gespräche tun mir gut.« Wir haben also nicht das letzte Mal zusammengesessen.
    Im Übrigen lässt mich diese Begegnung ein Stück weit unbefriedigt zurück. Denn: Das Hauptziel, die Beweggründe für Thomas Brachts Tötungen freizulegen, habe ich wieder verfehlt. Meine Strategie, ihn auf eine bestimmte Weise gedanklich mit den motivrelevanten Ereignissen zu konfrontieren, hat zwar funktioniert, doch entscheidend weitergekommen bin ich dadurch nicht. Die Tatsache, dass dies bisher auch sonst niemandem gelungen ist, bleibt ein schwacher Trost und bestätigt meine bisherigen Erfahrungen: Den Tätern bereitet es wenig Probleme, ihre Tathandlungen zu beschreiben, doch wenn es darum geht, die Bedürfnisse zu benennen, die sie mit ihren Taten befriedigen wollten, schrecken sie davor zurück – wie ein Pferd, dem beim Springreiten ein Hindernis unüberwindbar erscheint. Als fürchteten sie sich davor, der eigenen Abnormität oder gar Perversion ins Gesicht zu blicken. Bei Thomas Bracht hingegen bin ich mir ziemlich sicher, auf dem richtigen Weg zu sein, um zusammen mit ihm diese Barriere irgendwann zu durchbrechen. Wenigstens das.

Ein Vater sucht einen Mörder
    Ich sitze auf einer Holzbank im öffentlichen Stadtpark in Rheine, der sich östlich der Altstadt über etwa acht Hektar erstreckt. Das Panorama wird geprägt von ruhigen Spazierwegen mit Skulpturen und anderen Kunstwerken, bunten Zierbeeten, einem Rosengarten und einem japanischen Garten. Viele Besucher zieht es auf die Terrassen des Parkrestaurants, andere tummeln sich am Konzertpavillon.
    Es ist früher Nachmittag. Die Sonne scheint vom wolkenlosen Himmel herab, es herrschen angenehme Temperaturen. Herrliches Spätsommerwetter. Neben den genannten Sehenswürdigkeiten gibt es in diesem Park auch mehrere Themengärten, »Aue« zum Beispiel. Mich beschäftigt an diesem Tag allerdings ein Thema, das ganz und gar nicht zu dieser Idylle passt: Mord. Denn neben mir sitzt Manfred Mohn, dessen Sohn Tobias vor Jahren getötet worden ist. Der 63-jährige Computerfachmann aus Pinneberg bei Hamburg sucht nach wie vor den Mörder. Und ich bin ihm nun dabei behilflich.
    Die Mappen und Aktenordner, die das Grauen dokumentieren, liegen zwischen uns auf der Bank. Manfred Mohn kennt die Ermittlungsakten der Kripo Verden sehr genau. Er hat die vielen Hundert Seiten unzählige Male studiert, analysiert, förmlich seziert – alles in der Hoffnung, die Spur des Täters aufzunehmen und ihn zur Strecke zu bringen. Denn mit der Ermittlungsarbeit von Kripo und Staatsanwaltschaft mag Manfred Mohn sich nicht anfreunden, zu haarsträubend erscheinen ihm die Versäumnisse und

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