Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
Umfeld in Mitleidenschaft ziehen werde, sagt Matthias Bruns. Die Beamten zeigen Verständnis für diese Bedenken und fragen schließlich, ob man mit ihm jetzt über die Fälle sprechen könne. »Ja«, antwortet der Mann heftig nickend und beginnt zu weinen. Dann stellt man ihm die alles entscheidende Frage: »Sind Sie der ›Maskenmann‹?«
Es vergehen einige Sekunden, bevor die Antwort kommt: »Ja!« Matthias Bruns hockt nach vorne gebeugt auf seinem Stuhl und weint hemmungslos, ein Beamter sitzt neben ihm, Schulter an Schulter. Und irgendwann beginnt der Mann sich alles von der Seele zu reden, bruchstückhaft, leise murmelnd, er verschluckt Sätze oder schleudert sie geradezu heraus, er wird von Weinkrämpfen geschüttelt, während er sich offenbar mehr und mehr seiner ungeheuren Schuld bewusst wird.
Er habe bei seinen Taten eine Sturmhaube getragen, gesteht Matthias Bruns, nur zwei der Mordopfer habe er missbraucht. Die Jungen seien von ihm getötet worden, weil er befürchtet habe, die Kinder könnten ihn später identifizieren und sein Doppelleben auffliegen lassen: Er habe nicht gewollt, dass die Menschen, die er liebe, erführen, dass er pädophil sei.
Immer dann, wenn er unruhig geworden sei, habe er sich ins Auto gesetzt und sei losgefahren, ohne ein bestimmtes Ziel zu haben. Der Wunsch, einen Jungen sexuell zu berühren, sei während der Fahrt entweder abgeklungen oder habe sich verstärkt. In den meisten Fällen sei er von den Autofahrten zurückgekehrt, ohne dass etwas passiert sei. Wenn er sein pathologisches Verlangen jedoch nicht habe zurückdrängen können, sei er in die Nähe von Zeltlagern, Jugendherbergen oder Schullandheimen gefahren, von denen er gewusst habe, dass dort Jungen schlafen würden.
Matthias Bruns erklärt den Ermittlern in diesem Zusammenhang, er sei überhaupt in unregelmäßigen Abständen auf die Suche nach Opfern gegangen. Manchmal seien auch mehrere Wochen vergangen, in denen er nicht versucht habe, sich eines Jungen zu bemächtigen. Die Taten seien meist gleichartig abgelaufen, er habe sich neben das Bett gekniet und die Opfer gestreichelt, so lange bis er befriedigt gewesen sei.
Er sei bei der Opfersuche nicht geplant vorgegangen, sagt Matthias Bruns den Beamten, er habe oft nur günstige Gelegenheiten ausgenutzt, mal sei ein Fenster offen gewesen, mal habe eine Tür offen gestanden, mal habe ein Schlüssel von außen in der Haustür gesteckt. Er sei selbst überrascht gewesen, wie leicht man es ihm gemacht hat.
Matthias Bruns schildert die Morde an Tobias Mohn, Patrick Jürgens und Kevin Golombek sehr detailreich und gibt dabei Wissen preis, über das nur ein einziger Mensch verfügen kann: der Täter. Die Morde an Marc Overmas und Adrien Mouton streitet er jedoch ab. Die Ermittler fragen auch, warum es nach dem Mord an Kevin Golombek nicht zu weiteren Taten kam. Matthias Bruns erklärt daraufhin, ihm sei das Unrecht seiner Taten und die daraus resultierenden Folgen bewusster geworden. Er habe schließlich andere Wege gefunden, um seinem Bedürfnis abzuhelfen. Nach dem glaubhaften Geständnis des Serienmörders werden die Angehörigen der Opfer über die Verhaftung benachrichtigt und darauf hingewiesen, dass in den nächsten Stunden eine Pressekonferenz stattfinden wird. Allerdings sollen die Eltern in Kürze auch persönlich über den Stand der Dinge informiert werden.
»Im ersten Moment wussten meine Frau und ich nicht, wie wir das bewerten sollten. Als die Nachricht dann ein wenig gesackt war, blieb doch eine ganz gehörige Portion Skepsis, ob es wirklich der Täter ist. Von Euphorie war da zunächst mal nichts zu spüren. Wir waren ungläubig und wollten erst mal abwarten. Dann kam die Pressekonferenz, aber auch danach waren längst nicht alle Zweifel ausgeräumt. Natürlich war auch von Täterwissen die Rede, aber davon wollte ich mich dann lieber selbst überzeugen.«
Manfred Mohn nimmt Kontakt mit seinem Anwalt auf, der Akteneinsicht beantragen kann, da sein Mandant bei der Gerichtsverhandlung als Nebenkläger auftreten will und wird. Für Manfred Mohn und seine Frau ist es eine Zeit zwischen Hoffen und Bangen, die Ereignisse der vergangenen neunzehn Jahre kehren zurück, vor allem jene Nacht des 31. März 1992, an dem ihr Sohn Tobias den Tod fand. Sie hoffen inständig, nun endlich zu erfahren, was ihrem Sohn zugestoßen ist.
Am 27. Mai 2011 schreibt Manfred Mohns Anwalt und übermittelt Kopien von Teilen der kriminalpolizeilichen Verfahrensakte. Der
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