Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
eingefallen, das er seinerzeit bei der Vernehmung durch die Kripo nicht gesagt habe. Erst durch die jüngste Medienberichterstattung seien ihm diese Zusammenhänge bewusst geworden:
Wochen bevor er im Haus der Eltern missbraucht wurde, hatte er im Sommer an einer Ferienfreizeit teilgenommen. Einer der Betreuer fragte ihn damals, wo und wie er denn wohne, wo die Eltern schlafen würden und wo sein Schlafzimmer sei. Er musste sogar eine Zeichnung anfertigen. Mittlerweile hat er den Verdacht, es könnte genau dieser Betreuer sein, von dem er Wochen später überfallen wurde. Den Nachnamen des Mannes kennt er nicht, aber an den Vornamen erinnert er sich noch: Matthias.
Die Ermittler glauben, jetzt die richtige Spur zu verfolgen. ENDLICH! Es bereitet ihnen keine Mühe, den Betreuer zu identifizieren. Es ist Matthias Bruns, ein 38-jähriger Psychologe, der auch pädagogisch tätig ist und in Hamburg wohnt. Eine Datenbankrecherche fördert weitere Erkenntnisse zutage, die den Verdacht erhärten: Der Mann ist ein Hüne von 1,90 Meter. Und es gab gegen ihn zwei Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs an Knaben, 1992 in Bremerhaven und 2006 in Norderstedt bei Hamburg, die beide wegen geringer Schuld eingestellt wurden, letzteres nach Zahlung einer Geldstrafe. 2008 wurde der Verdächtige sogar zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, nachdem er einem Computerfachmann gedroht hatte, belastendes kinderpornographisches Material der Kripo zu überlassen, sollten an ihn nicht 25 000 Euro Schweigegeld gezahlt werden. Bei der Wohnungsdurchsuchung fanden die Ermittler Matthias Bruns nur mit einer Unterhose bekleidet im Bett liegend, neben sich einen 16-Jährigen. Später wurden auf seinem Computer Tausende Bilder von Jungen im Alter von 6 bis 14 Jahren entdeckt, überwiegend nackt oder in obszönen Posen.
Plötzlich ist alles ganz einfach, plötzlich verbinden sich lose Enden zu einem Strick für den Täter, plötzlich ergibt sich ein Bild. Denn auch die Fahnder im Fall Patrick Jürgens können einen Erfolg vermelden, als sie herausfinden, dass Matthias Bruns im Juli 1995 in Dänemark ein Ferienhaus gemietet hat, gerade dreizehn Kilometer vom Fundort der Leiche entfernt. Niemand zweifelt mehr daran, den »Maskenmann« bald demaskieren zu können.
Bei internen Recherchen stellen die Fahnder allerdings überraschend fest, dass Matthias Bruns bereits vor vier Jahren von Beamten der Soko »Kevin« vernommen wurde. Damals überprüfte man aktenkundige Sexualstraftäter aus dem norddeutschen Raum. Und Matthias Bruns spielte bei seiner Vernehmung die Rolle des Harmlosen, der seinerzeit zu Unrecht verdächtigt worden sei, so überzeugend, dass man seine Angaben nicht konsequent genug hinterfragte und ihn unbehelligt gehen ließ.
Der große Wurf muss jetzt gut vorbereitet werden. Deshalb wird der Verdächtige in den nächsten Wochen zunächst observiert, ein Bewegungsbild erstellt, sein Telefon abgehört und sein Lebensweg nachvollzogen. Am Ende dieser Recherchen ergibt sich folgendes Bild: Matthias Bruns wurde 1972 in Oldenburg geboren und wuchs dort auch auf. Als Matthias 7 Jahre alt war, verließ der Vater die Familie. Matthias Bruns machte auf dem zweiten Bildungsweg Abitur und absolvierte ein Psychologie- und Lehramtsstudium. Er wurde Honorarkraft in einem Kinderheim, dann wechselte er zu einer gemeinnützigen Einrichtung und betreute Jungen und Mädchen in einer Kindertagesstätte und einem Tagesheim. Seit dem Jahr 2004 arbeitete Matthias Bruns in einem Vorort von Hamburg für den sozialpsychologischen Dienst.
Nachdem die Vorermittlungen abgeschlossen sind, erfolgt am 13. April 2011 gegen 6.30 Uhr der Zugriff: Die Männer des Spezialeinsatzkommandos warteten so lange, bis der Verdächtige das Haus verlässt und zum Kiosk gegenüber geht. Als er zurückkommt und die Straße überqueren will, bremst neben ihm ein Wagen, drei vermummte Polizisten springen mit gezogener Waffe heraus und überwältigen Matthias Bruns, der völlig verdutzt ist und keinen Widerstand leistet. Auf der Fahrt ins Präsidium übergibt er sich aus dem offenen Fenster.
Der Leiter der Soko »Kevin« und ein Fallanalytiker erklären Matthias Bruns eine halbe Stunde später, er stehe im Verdacht, der »Maskenmann« zu sein. Der Beschuldigte schüttelt nur mit dem Kopf und verweigert die Aussage: »Ich sage nichts.«
Erst am nächsten Morgen signalisiert der Mann Aussagebereitschaft. Er habe große Angst vor der Berichterstattung in den Medien, die Personen aus seinem
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