Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
hätte, das hätte mich kaltgelassen.«
Wie zu Beginn jeder Gerichtsverhandlung wird auch in diesem Fall durch den Staatsanwalt die Anklageschrift verlesen. Nun erfährt Manfred Mohn auch, wie die Morde an den beiden anderen Jungen passiert sind.
Patrick Jürgens: »Für die Zeit von Samstag, den 22. Juli, bis zum Samstag, den 29. Juli 1995, mietete der Angeklagte ein Ferienhaus im dänischen Spottrup. In der Nacht zum 24. Juli fuhr er mit seinem Pkw zu einem Ferienzeltlager am Selker Noor, das ihm schon von zwei vorangegangen Besuchen bekannt war. Auf dem Zeltplatz schlief der 8-jährige Patrick Jürgens. Der Angeklagte begab sich in dessen Zelt und weckte Patrick durch Anfassen. Er sagte ihm, er sei aus Dänemark, und veranlasste das Kind, sich Straßenkleidung anzuziehen und mit ihm zu seinem Auto zu kommen.
Dann fuhr er mit ihm, ohne von einem Grenzbeamten kontrolliert zu werden, über die Grenze nach Dänemark in das Ferienhaus, wo beide mehrere Tage gemeinsam verbrachten. Als die Mietzeit des Ferienhauses zu Ende ging, kam dem Angeklagten der Gedanke, dass es nach dem vorangegangenen Geschehen nicht mehr möglich war, Patrick wieder nach Deutschland zurückzubringen. Deswegen ging er in einem Moment, in dem Patrick am Boden lag und mit etwas spielte, von hinten auf ihn zu, legte ihm die Hände um den Hals und erwürgte ihn. Danach fuhr er mit seinem Auto in der Umgebung umher, um nach einem geeigneten Ort zum Vergraben der Leiche zu suchen. Nachdem er in den Dünen einen geeigneten Ort gefunden hatte, fuhr er zurück zu dem Ferienhaus, lud den Leichnam und eine Spielzeugschaufel in den Wagen und fuhr nach Einbruch der Dunkelheit wieder in den Bereich der Dünen, wo er den Leichnam vergrub. Die Kleidung warf er am Wegesrand in einen Mülleimer. Danach fuhr er zurück in das Ferienhaus und von dort aus nach Deutschland.«
Kevin Golombek: »In der Nacht zum 5. September 2001 fuhr der Angeklagte mit seinem Auto zum Schullandheim im Landkreis Cuxhaven. Er setzte sich eine Sturmhaube auf und begab sich in das Gebäude. In dem Heim schliefen zu diesem Zeitpunkt die Kinder einer 4. Grundschulklasse, die dorthin eine Klassenfahrt gemacht hatten, unter ihnen auch der 9-jährige Kevin Golombek. Der Angeklagte begab sich in das Zimmer, in dem Kevin mit vier anderen Jungen schlief, hob das noch schlafende Kind aus dem oberen Stockwerkbett heraus und ging mit ihm in den Aufenthaltsraum. Dort wurde Kevin richtig wach, wollte wieder zurück in sein Zimmer und sagte, dass er seiner Lehrerin Bescheid sagen werde.
Als der Angeklagte ihn festhielt, sprach Kevin lauter, weswegen der Angeklagte in Sorge, dass andere Personen wach werden und ihn entdecken könnten, Kevin in diesem Aufenthaltsraum erwürgte. Die Leiche nahm er mit in sein Auto und fuhr davon, entkleidete ihn bis auf die Unterhose, warf den Schlafanzug und die bei der Tat getragene Maske in einen Mülleimer an einem Parkplatz und fuhr zu einem Weg bei Kirchtimke. Dort legte er Kevin in ein Gebüsch und fuhr davon.«
An den folgenden Verhandlungstagen werden Zeugen aus dem sozialen und beruflichen Umfeld des Angeklagten gehört. Spurengutachten und Protokolle der Obduktionen werden verlesen, und Kriminalbeamte sagen aus und berichten über ihre Feststellungen an den Tatorten oder über die Vernehmungen. Es geht dem Gericht darum, das Geständnis auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen und die Lebensumstände des Serienmörders herauszuarbeiten. Matthias Bruns selbst zeigt sich während der Verhandlung gänzlich unbeeindruckt, als wäre er nur einer der vielen Prozessbeobachter.
Selbst an dem für ihn so bedeutsamen Tag, als der psychiatrische Sachverständige sein Gutachten vorträgt, verzieht Matthias Bruns keine Miene. Die Einschätzung des Experten wird mit großer Spannung erwartet, man erhofft sich endlich Aufklärung über das sphinxhafte Wesen des Angeklagten und die Ursachen für seine unfassbaren Verbrechen.
Der Gutachter berichtet zunächst über den Werdegang des mutmaßlichen Serienmörders: Als Kind und Jugendlicher war Matthias Bruns unter anderem wegen seiner Schüchternheit und seiner Unfähigkeit, sich vor anderen zu artikulieren, durchweg eher ein Mitläufer, eine Randfigur, mitunter überangepasst. Auch während seiner Berufstätigkeit blieb er kontaktscheu und verbrachte seine Zeit am liebsten allein. Engere Beziehungen unterhielt er im Wesentlichen nur zu Familienangehörigen.
Vor diesem Hintergrund kommt der Gutachter zu folgender
Weitere Kostenlose Bücher