Killerinstinkt: Serienmördern auf der Spur (German Edition)
nichts anfangen.«
Nach dem Abitur habe er eine Banklehre begonnen, aber schon bald abgebrochen, plaudert der angeblich Zurückgelassene weiter, später habe er zwei Jahre gejobbt, um sich das Geld für ein Elektrotechnikstudium an der Volkshochschule in Hamburg zu verdienen. Sein Vater sei früh gestorben, mit seiner Mutter habe er sich nicht verstanden, deshalb sei er bereits als 18-Jähriger darauf bedacht gewesen, für sich selbst sorgen zu können. Nach dem Studium sei er bei einem Software-Unternehmen untergekommen, anderthalb Jahre später habe man seinen Arbeitsvertrag jedoch nicht verlängert. Deshalb sei er auf die Idee gekommen, in Hamburg Wirtschaft zu studieren, auch weil er in dieser Zeit eine Erbschaft gemacht und genügend Geld zur Verfügung gehabt habe, nachdem seine vermögende Mutter gestorben sei.
»Was ich der Frau über mich erzählt habe, stimmte. Ich musste die Frau gar nicht anlügen. Für mich war klar, dass die stirbt. Für mich war die schon tot.«
Thomas Graber achtet während der Fahrt nicht auf den Verkehr, sondern redet und redet. Heidi Jäger bemerkt gar nicht, dass der nette Beifahrer nicht nach seiner Frau Ausschau hält, auch nicht, als sie an einer Tankstelle halten und einen Kaffee trinken. Und es kommt ihr auch nicht seltsam vor, dass Thomas Graber einen eher fröhlichen Eindruck macht, obwohl er doch erst kurz vorher von seiner Frau so im Stich gelassen wurde.
»Während wir gefahren sind, habe ich mir vorgestellt, was ich mit ihr machen werde: anhalten, bedrohen, ausziehen, vergewaltigen, erwürgen, das Messer nehmen und ihr die Brüste abschneiden. Vielleicht auch den Bauch aufschlitzen.«
Die beiden sind jetzt etwa eine Stunde unterwegs, als Heidi Jäger von sich zu erzählen beginnt. Dass sie im Urlaub einen 36 Jahre alten Hotelmanager kennengelernt hat, der in Köln wohnt. Gut aussehend, gut situiert, eigentlich eine gute Partie. Doch will sie sich noch Zeit lassen, bevor sie eine neue Beziehung beginnt.
»Ich habe ihr gar nicht richtig zugehört, immer nur mit einem Ohr. Ich habe mir überlegt, wie ich weiter vorgehen wollte. Auf der Autobahn konnte ich nichts machen, dafür waren da zu viele Leute. Es war auch noch zu hell. Von der Autobahn runterfahren wäre eine Möglichkeit gewesen, aber dafür gab es keinen Grund. Mir ist dazu auch nichts eingefallen.«
Heidi Jäger schlägt vor, nicht im Auto zu übernachten, sondern in einem Hotel, am besten erst hinter der jugoslawischen Grenze, vielleicht in der Nähe von Graz, die Strecke könne man bis 22 Uhr oder 23 Uhr durchaus schaffen. Thomas Graber ist einverstanden.
»Das war mir ganz recht. Ein Hotelzimmer erschien mir für meine Zwecke besser geeignet. Ich wollte mich an ihr richtig austoben. In ihr Zimmer zu kommen, wäre sicher kein Problem, habe ich gedacht. Ich hatte schon das Gefühl, dass sie mir vertraut.«
Thomas Graber bietet seinem Opfer in spe an, sie für eine Zeitlang als Fahrer abzulösen. Heidi Jäger geht auf das Angebot gerne ein, sie sitzt jetzt seit mehr als neun Stunden bei brütender Hitze hinter dem Steuer und spürt die Müdigkeit. Am nächsten Rastplatz halten sie aber erst einmal, um etwas zu essen, für die Weiterfahrt tauschen sie dann die Plätze. Heidi Jäger macht es sich auf dem Beifahrersitz gemütlich, unterhält sich noch eine Weile mit ihrem Begleiter, doch schon bald übermannt sie der Schlaf.
»Als sie eingenickt war, konnte ich sie mir mal in Ruhe ansehen. Eine wirklich hübsche Frau. Ich konnte mich gar nicht richtig auf den Verkehr konzentrieren, am liebsten hätte ich irgendwo angehalten und wäre gleich über sie hergefallen. Aber das war mir nicht sicher genug. Ich hätte die Situation nicht unter Kontrolle gehabt. Das war mir wichtig.«
Als Heidi Jäger wieder aufwacht, ist etwa eine Stunde vergangen, sie befinden sich jetzt ungefähr fünfzig Kilometer vor Zagreb, bis zur österreichischen Grenze sind es noch anderthalb Stunden Fahrt. Ob sie sich denn in Deutschland mal treffen können, fragt Thomas Graber irgendwann. Heidi Jäger ist nicht abgeneigt, sagt aber nur, dass sie es sich überlegen will. Sie könnten gern am Ende der Reise die Telefonnummern austauschen und dann weitersehen. Abgemacht.
»Ich habe versucht, die Frau über die Gespräche unter Kontrolle zu kriegen. Sie sollte das Gefühl bekommen, dass ich ein netter Typ bin, harmlos.«
Heidi Jäger ist mittlerweile froh, so einen netten und gescheiten Mann kennengelernt zu haben, mit dem sie sich
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